Dokument-Nr. 10020

Reichsregierung: [Kein Betreff], vor dem 13. August 1917

zu 1). Für die Freiheit der Meere einzutreten, hat von jeher zu den leitenden Grundsätzen der deutschen Politik gehört. Die Kaiserliche Regierung ist bereit, auf der Friedenskonferenz an der Festsetzung von Normen mitzuarbeiten, die dies [sic] Ziel durch Schaffung tatsächlicher Sicherheiten verwirklichen.
zu 2). Die Kaiserliche Regierung würde die Beendigung des allgemeinen Wettrüstens als eine Wohltat für die Menschheit betrachten. Sie wird es daher begrüßen, wenn die Friedenskonferenz Mittel und Wege findet, wie die Rüstungen zu Wasser und zu Lande unter Berücksichtigung der besonderen Lage eines jeden Staates eingeschränkt werden können.
zu 3). Die Kaiserliche Regierung ist damit einverstanden, daß die Friedenskonferenz mit der Vereinbarung von Normen betraut wird, die bestimmt sind, die Erledigung internationaler Streitfälle auf schiedsgerichtlichem Wege sicherzustellen.
zu 4). Deutschland verlangt die Rückgabe seiner von England oder dessen Verbündeten besetzten überseeischen Besitzungen. Die Kaiserliche Regierung betrachtet es als unerläßlich, daß dem Deutschen Reich ein der Bedeutung seiner wirtschaftlichen Interessen entsprechender
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Kolonialbesitz gesichert wird.
Deutschland ist bereit, über die Rückgabe der besetzten französischen Gebiete an Frankreich zu verhandeln. Frankreich würde seinerseits die besetzten deutschen Gebiete zu räumen haben. Die damit zusammenhängenden Fragen wären im Wege der Verständigung zwischen der deutschen und französischen Regierung zu regeln.
Deutschland ist ferner bereit, den belgischen Staat wiederherzustellen unter Bürgschaften für die Sicherheit Deutschlands, die ebenso wie die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Fragen durch Verhandlungen der deutschen mit der belgischen Regierung zu regeln wären. Belgien kann jedoch erst geräumt werden, wenn England sich vom Festland zurückzieht.
zu 5). Die Kaiserliche Regierung ist der Meinung, daß nur der Wirtschaftsfriede einem freundschaftlichen Zusammenleben der Völker den Boden bereiten wird.
zu 6). Die Antwort auf Satz 1 wird mit der österreichisch-ungarischen Regierung zu vereinbaren sein, Satz 2 ist unter Nr. 4 Abs. 2 erledigt.
zu 7). Die Kaiserliche Regierung ist bereit, für die Anerkennung des neu geschaffenen polnischen Staates und für das Recht der anderen
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nationalen Einheiten <pro not. Ukraina Finland Ostseeprovinzen Flamen Irland Egypten Persien etc.> auf Freiheit und staatliche Entwicklung sowie auch dafür einzutreten, daß unter Wahrung der Interessen seiner Bundesgenossen das Schicksal Serbiens, Rumäniens und Montenegros in einer dem europäischen Frieden dienlichen Weise entschieden wird.

Das vorstehende Programm hat zur Voraussetzung, daß England und seine Verbündeten das türkische Gebiet räumen und die Abschaffung der Kapitulationen anerkennen.
Empfohlene Zitierweise
Reichsregierung, [Kein Betreff] vom vor dem 13. August 1917, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 10020, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/10020. Letzter Zugriff am: 16.04.2024.
Online seit 24.03.2010.