Dokument-Nr. 10060
Wirth, Joseph an Pacelli, Eugenio
Berlin, 14. Oktober 1921

Euer Exzellenz
beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
In meiner Vaterstadt Freiburg soll zum Besten unserer katholischen studierenden Jugend ein Werk erstehen, das mitten in unserm Elend für einen festüberzeugten katholischen Nachwuchs sorgen wird.
Durch Euer Exzellenz gütige Vermittlung hat Seine Heiligkeit Papst Benedikt XV dazu die schöne Summe von 50.000 Lire beigesteuert und auch Euer Exzellenz haben, wie mir Herr Professor Vogelbacher sagte, das Werk mit einer reichen Gabe bedacht.
Es liegt mir persönlich viel an dem Unternehmen, einmal weil ich von dem Leiter Dr. Vogelbacher stets zu Rate gezogen wurde und von Anfang an daran beteiligt bin, dann aber besonders deshalb, weil ich für unsere katholische Sache darin eine ganz hervorragende Förderung sehe. Nun laufen beinahe täglich Aufnahmegesuche ein, denen infolge Platzmangel nicht entsprochen werden kann. Darunter sind besonders bemerkens-
170v
wert die Gesuche der Eltern aus dem besetzten Gebiet. Die gut katholischen Eltern dieser Teile unseres Vaterlandes wollen ihre Kinder vor dem sittlichen Ruin bewahren und möchten sie deshalb fortgeben in eine andere Umgebung. Um der größten Not abzuhelfen, müssen wir bauen. Dazu fehlen aber leider die Mittel, und es ist keine Hoffnung vorhanden, sie im Vaterlande aufzubringen.
Darum möchte ich Euer Exzellenz unterbreiten, was ich vor einigen Tagen bei meinem kurzen Aufenthalt in meiner Vaterstadt Freiburg mit Herrn Professor Vogelbacher besprochen habe:
In mehreren Briefen aus Amerika ist uns der dringende Rat gegeben worden, uns an den Apostolischen Delegaten in Washington und an den Erzbischof Mundelein von Chicago sowie an die Kolumbusritter zu wenden. Durch deren Vermittlung würden wir bestimmt die zum Bau nötige Summe erhalten. Wir brauchen zum mindesten 5 Millionen Mark; das wären heute 40 bis 50.000 Dollars. Ich möchte nun Euer Exzellenz bitten, bei diesen beiden Hochwürdigsten Herren sowie bei den Kolumbusrittern die Vermittlerrolle für uns übernehmen und ihnen sagen zu wollen, wie wichtig gerade ein solches Werk für uns Katholiken in Deutschland ist. Der Herr Erzbischof von Chicago hat in diesem Jahr durch seine Mehlsendung so viel zur
171r
Linderung unserer Not getan, dass ich nicht an seiner Bereitwilligkeit zweifle, noch einmal in grossem Massstab helfend uns beizuspringen. Er wird es doppelt gern tun wie auch Seine Exzellenz der Apostolische Delegat, wenn er hört, wie auch der Heilige Vater uns unterstützt hat.
Da ich als Reichskanzler vorsichtig sein muss und daher bei den beiden Hochwürdigsten Herren nicht gut vorstellig werden kann, glaubte ich Euer Exzellenz gütige Vermittlung in Anspruch nehmen zu dürfen und zu müssen in einer Sache, die mir so sehr am Herzen liegt.
Für alle Ihre Bermühungen sage ich im voraus ein herzliches "Vergeltsgott" und bin
Euer Exzellenz
ergebenster,
Dr. Wirth
Empfohlene Zitierweise
Wirth, Joseph an Pacelli, Eugenio vom 14. Oktober 1921, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 10060, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/10060. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 10.09.2018.