Dokument-Nr. 11028

[Faulhaber, Michael von]: Entwurf
einer katholischen militärkirchlichen Dienstordnung.
, vor dem 05. Januar 1925

39r
Inhaltsverzeichnis. Nr.
A. Die Militärkirchengemeinden. 1-8
B. Die Militärgeistlichkeit. 9-61.
1. Im allgemeinen. 9
2. Der Feldpropst 10-25
Dienstliche Stellung 10-16
Befähigungsberichte 17
Vertretung 18
Dienstreisen 19-20
Pfarrerversammlungen 21
Urlaub 22
Erkrankungen 23
Vormundschaften, Nebenämter usw. 24
Auszüge aus Militärkirchenbüchern 25
3. Die Pfarrer.
Dienstliche Stellung 26-36
Gesuche 37
Amtsverschwiegenheit 38
Vernehmung als Zeuge oder Sachverständiger 39
Beschwerden 40
Urlaub 41
Erkrankungen 42
Vertretung 43
Dienstreisen, Dienstgänge 44
Nebenämter usw. 45
Vormundschaften 46
Versetzung 47
Bewerbung von Zivilpfarrstellen 48
Freiwilliges Ausscheiden 49
Uebertritt in den Ruhestand 50
Unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand 51
Vorstellung nach Ernennung usw. 53-54
Mitteilung von Todesfällen 52
Amtskleidung 55
Strafverfahren 56-61
C. Ausübung der Militärseelsorge. 62-112
Erlaubnisschein (Dimissoriale) 62-63
Stolgebühren 64
Militärgottesdienste 65-71
Sammlungen (Kollekten) 72-75
Kultuskosten 76
Oster- und Herbstbeichte 77-78
Heilige Kommunion 79
Taufen 80-81
Trauungen 82-88
Beerdigungen 89-92
Vorbereitungsunterricht zur ersten heiligen Kommunion 93-94
Lazarettseelsorge 95-97
Seelsorge in militärischen Strafanstalten 98
Kasernenstunden, Familienabende 99-100
Geschäftsführung 101
Militärkirchenbücher 102-112
D. Militärseelsorger. 113-122

39r

Abkürzungen.
Ang. Angelegenheiten.
B.d.d.E. Beauftragter des deutschen Episkopates.
Bf. Befehlshaber.
Bes.V. Besoldungsvorschriften (Ausführungsbestimmungen des Reichsfinanzministers zum Besoldungsgesetz).
D.A.Mdf. Dienstanweisung zur Beurteilung der Militärdienstfähigkeit usw. vom 9.2.09 D.V.E. Nr. 251.
Erl. Erlass.
F.P. Feldpropst.
F.S.O. Friedenssanitätsordnung.
hl. heilig.
H.V.Bl. Heeresverordnungsblatt
i.d.W. in den Wehrkreisen.
i.e.W. in einem Wehrkreis.
i.W. im Wehrkreis.
kirchl. kirchlich.
K.o.St. Kommandant oder Standortältester.
M.G. Militärgemeinde.
mil. militärisch.
mil.kirchl. militär-kirchlich.
M.S. Militärseelsorger.
Ob. Ortsbischof.
Pf. Pfarrer.
R.B.G. Reichsbeamtengesetz.
St.P.O. Strafprozessordnung.
Rw.M. Reichswehrministerium.
Z.P.O. Zivilprozessordnung.
40r
Katholische militärkirchliche Dienstordnung.
A. Die Militärgemeinden.
1. Der Reichspräsident bestimmt die Zugehörigkeit zu den M.G.
2. Die Mitglieder der M.G. gehören nicht zu den ordentlichen Ortskirchengemeinden und tragen nicht zu deren Lasten bei. Die nach einem Standort Kommandierten gehören dann zu seiner M.G., wenn von vorneherein feststeht, dass das Kommando länger als 6 Monate dauern soll; sonst bleiben sie Mitglieder ihrer bisherigen M.G., werden aber am Kommandoort wie die Angehörigen der örtlichen M.G. versorgt.
3. Die Seelsorge in den M.G. üben lebensländlich angestellte Pf. oder M.S. (mit der Militärseelsorge nebenbei beauftragte Zivilgeistliche Nr. 113) aus (s. aber Nr. 5).
4. In den Standorten ohne Pf., in denen eine M.G. der Marine mit einem Marinepfarrer oder einem Marineseelsorger besteht, wird die M.G. des Heeres dieser angegliedert. Ebenso kann eine M.G. der Marine einer M.G. des Heeres angegliedert werden.
5. Bei mobilen Verbänden üben erforderlichenfalls Feldgeistliche (Pfarrer oder beauftragte Zivilgeistliche) die Militärseelsorge aus. Die mobilen Verbände gelten als die M.G. der ihnen zugeteilten Feldgeistlichen.
6. Das Rw.M. bestimmt die Feldgeistlichen im Benehmen mit dem F.P. (Nr. 15 i); dieser gibt ihnen die Weisung zum Antritt ihrer Stelle.
7. Die Bf. mobiler Verbände ordnen vorbehaltlich der Regelung der innerkirchlichen Verhältnisse durch den F.P. die äusseren mil.kirchl. Verhältnisse und bestimmen das dienstliche Verhalten der Feldgeistlichen (Aufenthalt in der Bewegung, Fürsorge für Kranke, Sterbende usw.).
8. In mil.kirchl. Ang. Ist jede Mitwirkung ausländischer Bischöfe ausgeschlossen.

B. Die Militärgeistlichkeit.
1. Im allgemeinen:
9. Zur Militärgeistlichkeit gehören
1. der Feldpropst (Nr. 10),
2. die Pfarrer in den Wehrkreisen (Nr. 26).1)
2. Der Feldpropst.
Dienstliche Stellung.
10. Der Reichspräsident ernennt den F.P. auf Antrag des Reichwehrministers, der sich hiefür des Einverständnisses des B.d.d.E. versichert. Der Reichswehrminister vereidigt den F.P. vor dem Dienstantritt auf die Reichsverfassung. (Verordnung vom 14.8.19 H.V. Bl. S.79).
11. Der F.P. untersteht in seiner Eigenschaft als Reichsbeamter - Zivilbeamter der Heeresverwaltung - unmittelbar dem Reichswehrminister als oberster Reichsbehörde.
12. Der F.P. untersteht in Ausübung seines Kirchenamts unmittelbar dem B.d.d.E., dessen Weisungen er im Einvernehmen mit dem Reichswehrminister befolgt. Er vertritt den deutschen Episkopat dem Reichswehrminister gegenüber unbeschränkt. Das Rw.M. verkehrt in mil.kirchl. Ang. nur durch ihn mit dem deutschen Episkopat.
13. Die Unterstellung des F.P. unter den B.d.d.E. (Nr. 12) berührt nicht seine disziplinäre Unterstellung unter seinen Heimatsbischof, dem allein er in seinen kirchl. Pflichten untersteht.
14. Der F.P. ist als Reichsbeamter
a) Vorsteher einer höheren, der obersten Reichsbehörde unmittelbar untergeordneten Behörde und damit unmittelbar Dienstvorgesetzter der Pf. sowie des Registrators und des Küsters der Feldpropstei nach dem R.B.G.,
b) Vertreter der allgemeinen mil. kirchl. Interessen,
c) ausführende Stelle des Rw.M. in mil. kirchl. Ang.
15. Kraft seines Reichsamtes ist der F.P. befugt:
a) zu selbständigen Anträgen, Anzeigen und Anregungen in mil. kirchl. Ang. beim Rw.M. im Benehmen mit dem B.d.d.E.,
b) zur Bereisung von Standorten im Auftrage des Rw.M., zur Einsicht in die mil. kirchl. Einrichtungen (Nr. 19),
c) zur Einberufung von Pf.=Versammlungen mit Genehmigung des Rw.M im Benehmen
mit dem B.d.d.E. (Nr. 21),
d) zur Beurlaubung der ihm unterstellten Beamten bis zu 1 1/2 Monaten, bei Pf. im Benehmen mit dem Ob. (Nr. 41),
41r

e) zu Anordnungen über Militär-Kirchenbücher und über das Tagebuch und die Dienstakten der Pf. (Nr. 101, 102).
f) zur Aufbewahrung der Militär-Kirchenbücher aufgehobener Standorte (Nr. 25, 111),
g) zur Genehmigung der Uebernahme von Vormundschaften durch die Pf. und durch den Registrator und den Küster der Feldpropstei (Nr. 46),
h) zur Versetzung von Pf. mit Genehmigung des Rw.M. im Benehmen mit den Bf. i.d.W. und dem Ob. (Nr. 47),
i) zur selbständigen Regelung der Militärseelsorge mit allen Vollmachten (Jurisdiktion) für die mobilen Teile der Wehrmacht (Nr. 5 – 7).
16. Der F.P. holt vor dem Erlass allgemeiner Verfügungen, deren Inhalt militärdienstliche Verhältnisse berühren kann, das Einverständnis des Rw.M. ein.

Befähigungsberichte.
17. Der F.P. reicht dem Rw.M. zu dem von diesem besonders festzusetzenden Zeitpunkte Befähigungsberichte über die Pf., den Registrator und die Küster ein. Die Berichte über die Pf. müssen sich auch über die Befähigung für die Aufgaben des Referenten für mil. kirchl. Ang. (Nr. 35) aussprechen. Der F.P. erhält die nötigen Auskünfte auf Ersuchen von den Bf. i.d.W. und von den Ob.
Vertretung.
18. Der F.P bestimmt im Einverständnis mit dem Rw.M. und dem B.d.d.E. einen Pf., der ihn bei Verhinderung vertritt und das Amt beim Freiwerden der Stelle oder dauernder Verhinderung bis zur Wiederbesetzung verwaltet.
Dienstreisen.
19. Der F.P. berichtet dem Rw.M. und dem B.d.d.E. über die Bereisung von Standorten (Nr. 15 b). Standorte ohne Pf. besucht er in der Regel nur zur erstmaligen Kenntnis.
20. Der F.P. sucht zu Dienstreisen die Genehmigung des Rw.M. nach unter Vorlegung eines Reiseplanes mit einer Berechnung der voraussichtlich erwachsenden Kosten.
Pfarrer-Versammlungen.
21. Pf.-Versammlungen sind auf höchstens 2 Tage zu beschränken. Der F.P. sucht die Genehmigung des Rw.M. dazu nach unter Mitteilung der Stellungnahme des B.d.d.E. und unter Beifügung einer Tagesordnung sowie einer Berechnung der voraussichtlich erwachsenden Kosten. Das Rw.M. benachrichtigt die Bf. i.d.W. Ueber das Ergebnis der Verhandlungen berichtet der F.P. dem Rw.M. und dem B.d.d.E.
Urlaub.
22. Der F.P. beantragt unter Vorlegung der Regelung seiner Vertretung Urlaub beim Rw.M. im Benehmen mit dem B.d.d.E. In dringenden Fällen kann er sich bis zu 1 Woche selbst beurlauben; den Antritt solchen Urlaubs zeigt er sofort dem Rw.M. und dem B.d.d.E an. Für den alljährlichen Erholungsurlaub gelten die besonderen Bestimmungen hierüber.
Erkrankungen.
23. Der F.P. zeigt Erkrankungen, die ein Fernbleiben vom Dienst nötig machen, unverzüglich dem Rw.M. und dem B.d.d.E. an unter Vorlegung der Regelung seiner Vertretung (Nr. 18). Im übrigen siehe H,V,Bl. 1924 S. 29 Nr. 135.
Vormundschaften, Nebenämter usw.
24. Der F.P. bedarf zur Uebernahme von Vormundschaften der Genehmigung des Rw.M. (§19 R.B.G., §1784 G.B.).
Dasselbe gilt für die Uebernahme von Nebenämtern und von solchen Nebenbeschäftigungen, mit denen eine fortlaufende Vergütung verbunden ist sowie für den Betrieb eines Gewerbes. Diese Genehmigung ist jederzeit widerruflich (Vgl. hierzu und zu dem Eintritt in den Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer Erwerbsgesellschaft §16 R.B.G.
42r

Auszüge aus den Militärkirchenbüchern.
25. Der F.P. erteilt aus den von ihm verwalteten Militär-Kirchenbüchern (Nr. 15 f) beglaubigte und mit dem Dienstsiegel versehene Auszüge nach den Bestimmungen für die Pf. (Nr. 102-112.)

3.Die Pfarrer.
Dienstliche Stellung.
26. Der Reichspräsident ernennt die Pf. in ihrer Eigenschaft als Reichsbeamte – Zivilbeamte der Heeresverwaltung -. Der F.P. vereidigt sie vor dem Dienstantritt auf die Reichsverfassung (Verordnung vom 14.8.19 H.V. Bl. S. 79). Kann er das nicht ohne Kosten ausführen, so ersucht er den Bf. i.W. um die Vereidigung.
27. Bewerber um ein Pfarramt wenden sich an den F.P. unter Beifügung eines selbstgeschriebenen und unterschriebenen Lebenslaufes und der Personalpapiere, darunter des Zeugnisses der Pfarrprüfung. Der Lebenslauf soll ausser den Angaben über den äusseren Lebensgang die Gründe für die Bewerbung wiedergeben. Der Bewerber muss felddienstfähig im Sinne der Nr. 254 bis 257 D.A. Mdf. sein; er wird deswegen von Amtswegen militärärztlich untersucht.
28. Der F.P. beantragt nach dem Freiwerden einer Pfarrstelle die Wiederbesetzung beim Rw.M. Mit dessen Zustimmung einigt er sich mit dem B.d.d.E. über die Person des Vorzuschlagenden und sucht dessen Ernennung zum Reichsbeamten beim Rw.M. nach. Dieses bewirkt die Ernennung durch den Reichspräsidenten und gibt sie dem F.P. bekannt, der die Uebertragung der nötigen Vollmachten durch den Ob. veranlasst.
29. Die Pf. unterstehen in ihrer Eigenschaft als Reichsbeamte dem F.P. als höherer und dem Reichswehrminister als oberster Reichsbehörde. Sie werden dem Bf.i.e.W. zugeordnet. Sie sind verpflichtet, in mil. kirchl. Ang. den dienstlichen Anordnungen des Bf.i.W. und des K.o.St. nachzukommen.
30. In der Ausübung ihres Kirchenamtes unterstehen die Pf. unmittelbar dem Ob. Sie sind befugt, in Ausführung der Anweisungen der mil. Bf. (Nr. 29) in mil. kirchl. Ang. ausser mit dem Ob. auch mit den übrigen Bischöfen innerhalb des Wehrkreises unmittelbar zu verkehren, wobei sie grundsätzliche und wichtige Ang. zugleich dem F.P. mitzuteilen haben.
31. Die Unterstellung der Pf. unter den Ob. (Nr. 30) berührt nicht ihre disziplinare Unterstellung unter ihren Heimatsbischof, dem allein sie in ihren kirchl. Pflichten unterstehen.
32. Die geistliche Aufsicht über das Kirchenamt der Pf. steht den Ob. zu. Diese bringen in ihren Bestimmungen und Entscheidungen, abgesehen von solchen rein kirchl. Inhalts, das durch den F.P. nachzusuchende Einverständnis des Rw.M, zum Ausdruck.
33. In ihrer Eigenschaft als Reichsbeamte sind die Pf.:
1. Vertreter der mil.kirchl. Interessen des Wehrkreises und insoweit ausführende Stelle des F.P. und des Bf. i.K. (Referenten),
2. Dienstvorgesetzte des ihnen zugeteilten Küsters (§8[1] Ziffer 3 R.B.GB)
34. Die Pf. sind befugt zu Anzeigen, Anregungen und Anträgen in mil. kirchl. Ang. beim F.P. und beim Bf.i.W. sowie zur Bereisung der Standorte des Wehrkreises zwecks Einsicht in die mil.kirchl. Einrichtungen. (Nr. 44).
35. Die Pf. als Referenten der Wehrkreiskommandos für mil.kirchl. Ang. wirken insbesondere mit:
a) bei der Beauftragung von Zivilgeistlichen mit der Militärseelsorge (M.S. Nr. 3, Abschnitt D),
b) bei der Festsetzung der besonderen Militärgottesdienste in Standorten ohne Pf. durch den Bf.i.W. (Nr. 118),
c) bei der Festsetzung von Vergütungen für kirchl. Dienste an den k.G. (für M.S., Organisten usw. Nr. 119),
d) bei der Aufstellung von Nachweisungen über den Umfang der Militärseelsorge,
e) bei der Vorbereitung von Verträgen über Mitbenützung von Zivilkirchen,
f) bei der Prüfung der Zugehörigkeit zur M.G. und bei kirchensteuerlichen Fragen,
g) bei der Verwaltung reichseigener Kirchen und Kirchengeräte.
43r

36. Dem Pf. liegt ob:
a) die Militärseelsorge (Abschnitt C Nr. 62 bis 98) in ihrem Standort (Militärgottesdienste, Beichte und hl. Kommunion, Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Vorbereitungsunterricht zur 1. hl. Kommunion, Seelsorge in den Familien der M.G., Kindergottesdienste, Jugendpflege, Seelsorge in den Lazaretten und mil. Strafanstalten),
b) die Abhaltung von Kasernenstunden und Familienabenden (Nr. 99, 100),
c) die Führung des Tagebuches und der Dienstakten (Nr. 101),
d) die Führung des Militärkirchenbuches und die Ausstellung von Auszügen daraus (Nr. 102–112).
Gesuche.
37. Die Pf. legen Gesuche, die der Entscheidung des Rw.M. unterliegen, und Vorschläge in allgemeinen Staats- und Verwaltungssachen auf dem Dienstwege vor. Der F.P. nimmt dazu Stellung, bei Gebührnisfragen nach Beteiligung des Wehrkreisverwaltungsamtes.
Amtsverschwiegenheit.
38. Die Pf. haben über den Inhalt von amtlich als geheim oder vertraulich bezeichneten Schriftstücken sowie über sonstige, nach allgemeiner oder besonderer Anordnung geheim zu haltenden Vorgänge Verschwiegenheit zu beobachten. Die Verwertung amtlichen Materials oder amtlicher Vorgänge bei Veröffentlichungen bedarf der Genehmigung des Rw.M. -
Auch bei dienstlichen Wahrnehmungen, die nicht unmittelbar unter das Dienstgeheimnis fallen, ist Zurückhaltung erforderlich.
Vernehmung als Zeuge oder Sachverständiger.
39. Die Pf. bedürfen zur Abgabe von Gutachten als Sachverständiger oder zur Aussage als Zeuge über Tatsachen, auf die sich die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit bezieht (Nr. 38) der Genehmigung des F.P., der hierfür das Einverständnis des Rw.M nachsucht. (§§ 54,76 St.P.O., §§ 376,408 Z.P.O.).
Beschwerden.
40. Beschwerden von Pf. über Disziplinarstrafverfügungen und in sonstigen Verwaltungsangelegenheiten sind bis zum Reichswehrminister zulässig; sie sind an keine Formen oder Fristen gebunden. Inanspruchnahme dienstlicher Vermittlung ist freigestellt; sie empfiehlt sich, solange auf diesem Wege Beilegung der Beschwerde zu erwarten ist. Wird keine Vermittlung versucht, so richtet der Beschwerdeführer die Beschwerde an den nächsten Vorgesetzten des Verklagten.
Soldaten beschweren sich über Pf. bei ihrem nächsten eigenen Disziplinar-Vorgesetzten, der die Beschwerde dem F.P. zuleitet. Dieser legt sie nach Erledigung mit seiner Entschliessung dem Rw.M. vor.
Urlaub.
41. Der F.P. erteilt den Pf. Urlaub bis zu 1 1/2 Monaten nach Anhörung des Bf.i.W. und des Ob., längeren Urlaub erteilt das Rw.M.
Der F.P. meldet Beurlaubungen, die er für mehr als eine Woche erteilt, dem Rw.M. Bei Vorlegung von Urlaubsgesuchen für mehr als 1 1/2 Monate teilt er die Stellungnahme des Bf.i.W. und des Ob. mit.
In dringenden Fällen können sich die Pf. bis zu 3 Tagen selbst beurlauben. Den Antritt solchen Urlaubs zeigen sie dem K.o.St. an. Für den alljährlichen Erholungsurlaub gelten die besonderen Bestimmungen hierüber.
Erkrankungen.
42. Die Pf. zeigen Erkrankungen, die ein Fernbleiben vom Dienst über eine Woche nötig machen, mit Angabe der voraussichtlichen Dauer und Notwendigkeit einer Vertretung dem F.P. und dem Ob. an, sowies durch den K.o.St. dem Bf. i.W. Krankheiten von kürzerer Dauer teilen sie dem K.o.St. mit. Im übrigen siehe H.V.Bl. 1924 S. 39. Nr. 135.
Der F.P. teilt Erkrankungen von Pf. bei längerer als einwöchiger Dauer dem Rw.M. und dem Ob. mit.
44r

Vertretung.
43. Die Pf. werden bei Urlaub, Krankheit usw. im allgemeinen durch Zivilgeistliche des Standortes vertreten, die dafür nötigenfalls wie M.S. entschädigt werden, soweit nicht wechselseitig kostenlose Vertretung möglich ist. Der F.P. regelt die Vertretung – allgemein oder im Einzelfall – im Benehmen mit dem Ob. Erforderlichenfalls macht er den Vertreter dem Bf.i.W. und dem Rw.M namhaft.
Dienstreisen, Dienstgänge.
44. Die Bf.i.W. genehmigen die Dienstreisen der Pf. Sie holen jedoch insoweit zuvor die Entscheidung des Rw.M. ein, als es sich darum handelt, Standorte, in denen weder ein Pf. oder ein M.S. vorhanden ist, zur Abhaltung von Militärgottesdiensten oder zur Feier der hl. Kommunion zu besuchen; das Rw.M. entscheidet nach Anhörung des F.P.
In Standorten, in denen sich überhaupt kein katholischer Geistlicher befindet, kann mit Genehmigung des Bf.i.W. zu Taufen, Trauungen und Beerdigungen der nächste Pf. oder M.S. herangezogen werden; ebenso – unter Umständen mit nachträglicher Genehmigung - wenn die hl. Sterbesakramente erbeten werden. M.S. werden in solchen Fällen wie Pf. entschädigt; weitere Kosten dürfen nicht erwachsen. Auf Kostenersparnis ist Bedacht zu nehmen.
Die Pf. werden bei Dienstgängen – Ausf.Best. 6 (2) zur Reisekostenverordnung M.V.Bl. 1922 S.1 – nach §7 dieser Verordnung sowie nach Ausf.Best.20 und 56 abgefunden. Die Pf. können sich, wenn ihnen bei Dienstreisen oder Dienstgängen keine Ordonnanz zur dienstlichen Hilfeleistung gestellt wird, nötigenfalls des Zivilküsters des Ortes bedienen, oder wenn keiner vorhanden ist, den ihnen zugeteilten Küster mitnehmen.
Nebenämter usw.
45. Die Pf. bedürfen zur Uebernahme von Nebenämtern und solchen Nebenbeschäftigungen, mit denen eine fortlaufende Vergütung verbunden ist, sowie zum Betriebe eines Gewerbes der Genehmigung des Rw.M.; diese ist jederzeit widerruflich (Vgl. hierzu und zu dem Eintritt in den Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer Erwerbsgesellschaft § 15 R.B.G.). Die Pf. richten solche Anträge unter Mitteilung der Stellungnahme des Bf.i.W. und des Ob. an den F.P., der dazu Stellung nimmt.

Vormundschaften.
46. Die Uebernahme von Vormundschaften richtet sich nach den Vorschriften für Landesbeamte in den Standorten (§19 R.B.G., §1784 B.G.B.)
Versetzung.
47. Der F.P. teilt dem Rw.M. bei Vorlegung von Anträgen auf Genehmigung zur Versetzung von Pf. (Nr. 15 h) die Stellungnahme der Bf.i.W. und der beteiligten Ob. mit. Die Pf. melden dem F.P. bei Vorlegung von Versetzungsanträgen die Stellungnahme des Bf.i.W. und des Ob.
Bewerbung um Zivilpfarrstellen.
48. Die Pf. können sich jederzeit um Zivilpfarrstellen bewerben. Sie melden die Bewerbung und die Absicht, aus dem Reichsdienst zu scheiden, dem F.P. Gleiche Anzeige machen sie durch den K.o.St. dem Bf.i.W. sowie dem Ob. Der F.P. leitet die ihm zugegangenen Anzeigen dem Rw.M. zu. Dieses veranlasst auf Antrag Entlassung aus dem Reichsdienst.
Freiwilliges Ausscheiden.
49. Freiwilliges Ausscheiden eines Pf. ohne Ruhegehalt bedarf – auch in Fällen der Nr. 48 – der Genehmigung des Reichspräsidenten. Der F.P. nimmt mit Pf., die so ausscheiden wollen, selbst oder durch Vermittlung des Bf.i.W. eine Verhandlung nach Nr. 106 Bes.V., darüber auf, dass bei Wiederanstellung
45r
Besoldungsdienstalter und Grundgehalt der neuen Stelle ohne Rücksicht auf das Besoldungsdienstalter und das Gehalt der früheren Stelle festgesetzt werden. Er legt diese Verhandlungen mit dem Antrag der PF. unter Mitteilung der Stellungnahme des Bf.i.W. und des Ob. dem Rw.M. vor. Die Entlassung teilt er dem Bf.i.W. und dem Ob. mit.
Uebertritt in den Ruhestand.
50. Das Rw.M. bewirkt die dem Reichspräsidenten vorbehaltene Versetzung eines Pf. in den Ruhestand im Benehmen mit dem F.P. Dieser vermittelt dem Rw.M. die Stellungnahme des Bf.i.W. und des Ob.
Für das Versorgungsverfahren gilt der Erlass vom 22.6.22. H.V.Bl. S.285 über "Versorgung der Beamten".
Unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand.
51. Entsprechend Nr. 50 wird bei der unfreiwilligen Versetzung eines Pf. in den Ruhestand (§61 R.B.G.) verfahren.
Mitteilung von Todesfällen.
52. Der Bf.i.W. teilt den Tod eines Pf. dem F.P. mit; dieser benachrichtigt das Rw.M. und den Ob.
Vorstellung nach Ernennung usw.
53. Nach Ernennung oder Versetzung stellen sich die Pf. dem Bf.i.W. vor; befindet sich sein Standquartier nicht in ihrem Standort, so zeigen sie ihren Dienstantritt schriftlich an. Entsprechendes gilt für die Vorstellung beim Ob.
Der Bf.i.W. teilt dem Rw.M. und dem F.P. den Tag des Dienstantrittes mit.
Amtskleidung.
55. [sic] Bei dienstlichen Verrichtungen, die nicht das Anlegen der liturgischen Gewänder erfordern, tragen die Pf. folgende Amtskleidung:
a) bei festlichen Anlässen eine anliegende, sogenannte römische Soutane mit Schärpe,
b) bei sonstigen dienstlichen Gelegenheiten die Soutanelle, d.i. einen zwei Hände breit unter das Knie herabreichenden Ueberrock von schwarzem Tuch mit stehendem Kragen und einer Reihe Knöpfen, Kollar, schwarze lange Beinkleider, Seidenhut nach Probe, und Handschuhe von schwarzem Glanzleder.
Die Schärpe (a) ist von schwarzer Rips- oder Atlasseide, 15 cm breit; die über der linken Hüfte herabhängenden Doppelschleifen von gleicher Breite enden eine Hand breit über der Rocklänge.
Strafverfahren.
56. Die Pf. unterstehen in ihrer Eigenschaft als Reichsbeamte der Disziplinarstrafgewalt des F.P. und des Reichswehrministers. (§§ 72ff. 81, 84 R.B.G.)
57. Bei gerichtlichen Strafverfahren gegen Pf. teilt der F.P. dem Rw.M. und dem Ob. die Anordnung des Ermittlungsverfahrens, die Einstellung des Verfahrens, die Erhebung der öffentlichen Klage, die Ausserverfolgungssetzung und das Urteil mit unter kurzer Angabe des Sachverhalts oder abschriftlicher Beifügung der betreffenden Schriftstücke, gegebenenfalls mit Aeusserung über eine beabsichtigte Rechtmitteleinlegung. Die Pf. verschaffen ihm dafür die Unterlagen. Nach Rechtskraft des Urteils legt der F.P. im Benehmen mit dem Ob. dem Rw.M. die Strafakten mit seiner Stellungnahme vor zur Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (§78 R.B.G.).
58. Das Rw.M. teilt von ihm verhängte Disziplinarstrafen gegen Pf. dem F.P. mit. Dieser benachrichtigt den Ob.; er teilt durch ihn verhängte Disziplinarstrafen dem Rw.M. und dem Ob mit.
59. Das Rw.M. ist zuständig zur Enthebung eines Pf. vom Dienst, soweit sie nicht kraft Gesetzes eintritt (§ 125 R.B.G.). Es benachrichtigt davon den F.P., der den Ob. in Kenntnis setzt. Bei Gefahr in Verzug kann der F.P. einem Pf. die Ausübung von Amtsverrichtungen vorläufig untersagen; er teilt eine solche Massnahme sofort dem Rw.M. und dem Ob. mit. Die Untersagung bedingt keinen
46r
Gehaltsabzug.
60. Bei Dienstenthebung wird den Pf. vom Ablauf des Monat ab, in dem sie verfügt worden oder kraft Gesetzes eingetreten ist, die Hälfte des Diensteinkommens einbehalten; in Fällen der Not kann das Rw.M die Einbehaltung auf den 4. Teil des Diensteinkommens beschränken (§§ 125, 127, 128, 131 R.B.G.).
61. Während der Verbüssung von Freiheitsstrafen ohne gleichzeitige Dienstenthebung behalten die Pf. den Anspruch auf ihr Diensteinkommen; sie sind jedoch verpflichtet, die Stellvertretungskosten bis zur Hälfte des auf die Strafzeit entfallenden Diensteinkommens zu erstatten.- Erl. vom 8.5.24 H.V.Bl. S. 59 Nr. 203.
C. Ausübung der Militärseelsorge.
Erlaubnisschein (Dimissoriale).
62. Die Amtstätigkeit der Pf. beschränkt sich auf ihre M.G. Ausserhalb ihrer dürfen sie Trauungen, Taufen und Beerdigungen nur mit einem Erlaubnisschein des zuständigen Geistlichen vornehmen. Ebenso haben Geistliche, die innerhalb seiner Zuständigkeit diese Amtshandlungen vornehmen wollen, bei ihm den Erlaubnisschein nachzusuchen.
63. Die Pf. geben den Erlaubnisschein unentgeltlich. Geben sie ihn aus besonderen Gründen nicht, so bescheinigen sie unentgeltlich, dass er nachgesucht worden ist; solche Bescheinigung hat die rechtliche Wirkung des Erlaubnisscheines.
Stolgebühren.
64. Pf. und Küster dürfen von den Mitgliedern der M.G. keine Gebühren für Amtshandlungen (Stolgebühren) erheben. Ortübliche [sic] Opfer bei Trauungen, Taufen, Beerdigungen und Entschädigungen für den Vorbereitungsunterricht zur 1. hl. Kommunion sind freiwillige Gaben.
Militärgottesdienst.
65. Die Pf. halten im allgemeinen an allen Sonn- und Feiertagen unter Berücksichtigung der Wünsche des K.o.St. Militärgottesdienst ab; bei Nichteinigung entscheidet der Bf.i.W. Gelten in einzelnen Landesteilen besondere kirchl. Feiertage, so kann auch an ihnen Militärgottesdienst stattfinden. Der Bf.i.W. bestimmt nach Benehmen mit dem Pf. über Dienstbefreiung dafür.
47r

66. Hat der Standort keine reichseigene Kirche, so schliessen erforderlichenfalls die zuständigen Verwaltungsbehörden (Heeresunterkunftsamt und Wehrkreisverwaltungsamt) unter Mitwirkung des Pf. einen der Genehmigung des Rw.M. bedürfenden Vertrag über Mitbenutzung einer Zivilkirche.
67. Militärgottesdienste finden in der Regel vormittags zur ortsüblichen Stunde statt. Wo das nicht möglich ist, setzt der K.o.St. nach Anhörung des Pf. die Stunde ein für alle Mal fest. Ebenfalls nach Anhörung des Pf. bestimmt er über das Ausfallen eines angesetzt gewesenen Militärgottesdienstes.
68. Der Hauptgottesdienst an Sonn- und Feiertagen soll nicht länger als eine Stunde dauern; bei mehr als 5° Kälte kürzt der Pf. ihn ab, weil die Kirche nicht geheizt ist.
69. Die Bf.i.d.W. unterstützen die Pf. bei der Bildung von Kirchenchören. Kosten dürfen der Heeresverwaltung daraus nicht entstehen.
70. Gottesdienste im Freien können nach Bekenntnissen getrennt abgehalten werden, wenn ein Bedürfnis dafür vorliegt und keine Gründe konfessioneller Art dagegen sprechen. Der örtlich höchste Bf. ist für die Anordnung zuständig.
71. Die Abhaltung von Nebengottesdiensten – Religionsstunden, Kindergottesdienste – bleibt dem Ermessen der Pf. überlassen. Kosten dürfen der Heeresverwaltung daraus nicht erwachsen.
Sammlungen (Kollekten).
72. Freiwillige Beiträge zum Besten der M.G. dürfen nach Schluß des Militärgottesdienstes in Büchsen eingesammelt werden, die der Pf. vorher verschließt und der Küster an der Kirchentüre aufstellt. In Standorten, in denen freiwillige Beiträge durch Herumreichen von Klingelbeuteln gesammelt werden, kann auch bei Militärgottesdiensten so verfahren werden.
73. In Standorten mit reichseigenen Kirchen fließt der Ertrag der Sammlungen zur Kirchenkasse; ihr Rendant vereinnahmt ihn auf Grund von Einnahmebescheinigungen des Pf. Sonst vereinnahmt ihn der Pf; das Kassenbuch darüber legt er jährlich dem K.o.St. zur Prüfung vor.
74. Der Ertrag der Sammlungen wird zum Besten der M.G. verwendet, insbesondere zu wohltätigen Zwecken, zur Ausschmückung der Kirche oder zur Beschaffung ausserplanmässiger Kultuskosten. Die K.o.St. überweisen den Pf. zu wohltätigen Zwecken einen Betrag, über dessen Verwendung diese ihnen ohne besondere Einzelbelege Rechnung legen.
75. Kirchen- und Haussammlungen für allgemeine, nicht der Militärseelsorge dienende Zwecke bedürfen der jedesmaligen vom F.P. zu beantragenden Genehmigung des Rw.M. Der Ertrag solcher Sammlungen wird nicht rechnerisch nachgewiesen.
Kultuskosten.
76. Die Pf. fordern die Kultuskosten mit belegten Forderungsnachweisen bei der vom Wehrkreisverwaltungsamt bestimmten Kasse an (Buchung beim Kap. VIII B 10 Titel 5). Dazu gehören auch die Kosten für die hl. Kommunion (Wein, Hostien, Wachskerzen, Weihrauch, Holzkohlen).
Oster- und Herbstbeichten.
77. Die Pf. vereinbaren erforderlichenfalls den Zeitpunkt für die Oster- und Herbstbeichte mit den K.o.St. Diese geben den Dienststellen die für die bestimmten Tage, die Dienststellen den Pf. die Zahl der zur Beichte gehenden Mannschaften bekannt.
78. Zur Heranziehung von Zivilgeistlichen zwecks Aushilfe bei den Oster- und Herbstbeichten gegen Vergütung holen die Bf.i.d.W. unter Nachweis des dienstlichen Bedürfnisses die Genehmigung des Rw.M. ein.
Heilige Kommunion.
79. Die hl. Kommunion findet im Anschluß an die Beichte statt, sofern diese nicht nachmittags abgehalten wird; in letzterem Falle findet
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die Kommunionfeier am nächsten Morgen statt.
Taufen.
80. Zur Taufe eines Kindes aus einer Mischehe ist der Pf. des Bekenntnisses zuständig, in dem das Kind nach den gesetzlichen Bestimmungen erzogen werden soll.
81. Die Pf. tragen die Taufen in das Militärkirchenbuch ein und erteilen dem Vater (der Mutter des unehelichen Kindes) gebührenfrei eine amtliche Bescheinigung darüber.
Trauungen.
82. Der kirchl. Trauung muß die bürgerliche Eheschließung vorangehen; ihr soll die Trauung unverzüglich folgen. Als Nachweis der Eheschließung dient den Pf. die standesamtliche Bescheinigung.
83. Der Trauung geht in der Regel ein dreimaliges Aufgebot kirchliches Aufgebot voran; zuständig dafür ist der für die Trauung zuständige Pfarrer (Nr. 62). Das Aufgebot ist zu wiederholen, wenn die Trauung nicht innerhalb 6 Monaten nachfolgt.
84. Duldet eine Trauung keinen Aufschub oder liegen sonst besondere Gründe vor, so kann der Ob. vom Aufgebot befreien.
85. In der Adventszeit und in der Zeit vom Aschermittwoch bis Ostern dürfen keine Trauungen stattfinden, ausser bei unmittelbarer Todesgefahr für einen der zu Trauenden. Der Ob. kann in dringenden Fällen hiervon unter der Voraussetzung einer stillen Hochzeitsfeier befreien.
86. Die Beteiligten melden das kirchl. Aufgebot und die kirchl. Trauung beim Pf. an unter Vorlegung der beiderseitigen Taufscheine in Urschrift oder beglaubigter Abschrift.
87. Soweit Mitglieder der M.G. einer Genehmigung zur Verheiratung bedürfen (Heiratsordnung H.V.Bl. 1924 S. 23), teilen die Stellen, an die die Anträge auf Genehmigung zu richten waren (Anlage 1 der Heiratsordnung Spalte 3), jeden Fall der Genehmigung unverzüglich dem Pf. (Nr. 62) mit.
88. Die Pf. tragen die Trauungen in das Militärkirchenbuch ein und erteilen dem getrauten Paar gebührenfrei eine amtliche Bescheinigung darüber.
Beerdigungen.
89. Wo Kirchhofsgebühren bestehen, haben auch die Mitglieder der M.G. sie nach den Begräbnisordnungen zu entrichten.
90. Beträgt die Entfernung vom Leichenhaus (Trauerhaus) bis zum Begräbnisplatz mindestens 2 Km oder ist die Begleitung der Leichen zu Wagen ortsüblich, so kann bei Beerdigungen von Soldaten bis zur Besoldungsgruppe XIII einschliesslich ein Wagen für den Pf. zu ortsüblichen Preisen für die Hin- und Rückfahrt zu Lasten des Kap. VIII B.10 Titel 5 gemietet werden; die Kosten sind bei der vom Wehrkreisverwaltungsamt bestimmten Kasse anzufordern. Das Gleiche gilt für die Beerdigung solcher Soldaten ausserhalb der Besoldungsgruppen I bis XIII und solcher Beamten der Wehrmacht, die auf freie Lazarettbehandlung Anspruch hatten (Erl. vom 12.3.22. H.V.Bl. S. 109 Nr. 165).
91. Die Pf. können auch ausserhalb der Fälle der Nr. 90 von den Angehörigen des Verstorbenen Gestellung eines Wagens beanspruchen, wenn die Begleitung der Leichen zu Wagen ortsüblich ist.
92. Die ml. Bf. teilen ihre Entscheidung, ob ein Selbstmörder mit mil. Ehren zu begraben ist, dem Pf. nach seiner Anhörung mit. Über die Gewährung eines kirchl. Begräbnisses entscheidet der Pf.
Vorbereitungsunterricht zur 1. hl. Kommunion
93. Die Pf. erteilen den Vorbereitungsunterricht zur 1. hl. Kommunion in der Regel 2 Mal in der Woche während eines halben Jahres.
94. Zur Abhaltung des Unterrichts stellt das Heeresunterkunftsamt geeignete Räume in reichseigenen Kirchen oder sonstigen Gebäuden zur Verfügung; ist das nicht möglich, mietet es sie für Rechnung des Unterkunftsfonds. Die Kosten der Heizung sind aus den Einkünften des Kirchenvermögens oder aus der Kirchen- oder Friedhofskasse zu bestreiten; bei
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Unzulänglichkeit oder Fehlen dieser Mittel wird ein Zuschuss aus dem Unterkunftsfonds gewährt.
Lazarettseelsorge.
95. Die Pf. sind zum Besuch der Kranken in den Lazaretten verpflichtet. Die Besuche dürfen jedoch nicht mit ärztlichen Krankenbesuchen zusammentreffen. Bei ihrer Ankunft im Lazarett teilen die Pf. dem Chefarzt, in seiner Abwesenheit dem dem [sic] wachthabenden Sanitätsoffizier, ihr Vorhaben mit und einigen sich mit ihm. Die Sanitätsoffiziere unterstützen die Pf. in ihren Bemühungen um die Krankenseelsorge.
96. Lazarettgottesdienste halten die Pf. im allgemeinen nur ab, wenn dazu besondere Räume bereitgestellt werden können (grössere, verfügbare Zimmer unter Umständen ein Krankensaal vergl. § 25 Ziffer 2 der Beilage 11 F.S.O.). Der Chefarzt vereinbart die Zeit mit dem Pf. und meldet darüber dem K.o.St.
97. Das Lazarett benachrichtigt den Pf. unverzüglich, wenn ein Kranker den Wunsch nach geistlichem Zuspruch äussert, wenn ein Schwerkranker eingeliefert wird, sowie wenn das Leiden eines Kranken ein [sic] bedrohliche Wendung nimmt und anzunehmen ist, dass die Anwesenheit des Pf. nicht gegen den Wunsch des Kranken verstösst.
Seelsorge in militärischen Strafanstalten.
98. Die Pf. sind zum Besuch der Gefangenen in mil. Strafanstalten verpflichtet; sie können sie ohne Beisein einer Aufsichtsperson seelsorgerlich besuchen. Die Arrestaufseher (Wachthabenden) unterstützen sie in ihren Bemühungen um die Gefangenenseelsorge. Die Gefangenen können freiwillig die Kirche besuchen, wenn es sich mit dem Aufsichtsdienst vereinbaren lässt.
Kasernenstunden, Familienabende.
99. Die Bf.i.d.W. halten den Pf. mindestens monatlich 1 Stunde frei für die Abhaltung von Kasernenstunden zur Behandlung religiöser und allgemein sittlicher (ethischer) Fragen. Sie erleichtern ihnen zu gleichem Zweck auch die Abhaltung von Familienabenden. Kosten dürfen der Heeresverwaltung daraus nicht entstehen. Daher sind Räume zu benutzen, für die tarifgemäß Verbrauchsmittel für Feuerung und Beleuchtung zustehen.
100. Die K.o.St. setzen sich wegen der Kasernenstunden mit den Pf. in Verbindung. Die Kasernenstunden sollen den Pf. Gelegenheit geben, mit der Truppe auf Grund freiwilliger Beteiligung regelmässig Besprechungen abzuhalten.
Geschäftsführung.
101. Die Pf. führen nach Anordnung des F.P. für die ein- und ausgehenden Schriftstücke ein Tagebuch und legen für den dienstlichen Schriftverkehr übersichtlich geordnete Akten an. Der F.P. prüft bei Bereisungen Tagebuch und Geschäftsführung.
Militärkirchenbuch.
102. Für jede M.G. wir ein Militär-Kirchenbuch geführt; es besteht aus Trauungs-, Tauf-, Erstkommunikanten- und Toten-Verzeichnis (Register); in grossen M.G. kann jedes Verzeichnis besonders geführt werden. Die Kosten für die Beschaffung der Militär-Kirchenbücher trägt Kap VIII B 10 Titel 5.
103. Der F.P. bestimmt die Muster für die Verzeichnisse mit Genehmigung des Rw.M.
104. Die Pf. tragen die Fälle unter laufenden Nummern ein, die auf Grund eines Erlaubnisscheins (Nr. 62) erledigten jedoch ohne Nummer; letztere Fälle teilen sie unverzüglich den zuständigen Geistlichen amtlich mit.
105. Die Dienststellen teilen den Pf. die bei ihnen vorgekommenen Eheschliessungen, Geburten und Todesfälle am Vierteljahresschluss zur
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Nachprüfung mit, Todesfälle im Lazarett teilt dieses sofort mit. 1
106. Die Pf. erteilen aus den Militär-Kirchenbüchern beglaubigte und mit dem Dienststempel versehene Auszüge.
107. Sofern die Antragsteller nicht vollständige Auszüge aus dem Taufverzeichnis beantragen, erteilen die Pf. abgekürzte Taufscheine, die nur enthalten: Vor- und Zunamen des Kindes, Ort und Tag der Geburt, Tauftag. Für Aufgebot und Trauung erteilen sie vollständige Auszüge aus dem Taufverzeichnis.
108. Für Angehörige der M.G. geschieht die Ausstellung gebührenfrei. Anderen Personen können die Pf. die den Ortsgeistlichen zustehenden Schreibgebühren berechnen; sie bestreiten daraus die Kosten für Papier und Porto. Von den Gebühren stehen 3/4 dem Pf., 1/4 dem Küster zu.
109. Verursachen Ermittelungen oder Auszüge aus Militär-Kirchenbüchern unverhältnismässige Arbeit (z.B. bei Erbschaftssachen, Stammbäumen), so bleibt die Entschädigung der Vereinbarung überlassen.
110. Pfarramtliche Benachrichtigungen über Taufen bei Aufnahme von Kindern in den Schul- oder Kommunikantenunterricht, Kriegstotenscheine, Scheine für Unfall-, Invaliden- oder Altersversorgung sind gebührenfrei.
111. Bei Aufhebung von Standorten nimmt der F.P. die Militärkirchenbücher in Verwahr (Nr. 15 f); bei Neubelegung gibt er sie wieder in Gebrauch.
112. Der F.P. prüft bei Bereisungen auch die Militär-Kirchenbücher.
D. Militärseelsorger.
113. Die Bf.i.d.W beantragen die Beauftragung von Zivilgeistlichen mit der Militärseelsorge erforderlichenfalls beim F.P. Dieser sucht die Genehmigung des Rw.M. nach und veranlasst die – jederzeit widerrufliche – Beauftragung durch den Ob. unter Mitteilung hiervon an den Bf.i.W.
114. Bei der Ablösung eines M.S. wird entsprechend (Nr. 113) verfahren.
115. Für die Ausübung der Seelsorge durch M.S. gelten die Bestimmungen des Abschnittes C entsprechend, soweit nicht Vorschriften für ihr kirchliches Hauptamt entgegenstehen. Der Bf.i.d.W. vereinbart mit ihnen schriftlich die von ihnen zu übernehmenden Verpflichtungen.
116. In disziplinarer Hinsicht unterstehen sie ihrer kirchlichen Aufsichtsbehörde. Sie sind jedoch verpflichtet, in mil. kirchl. Angelegenh. den dienstlichen Anordnungen des Bf.i.W., des K.o.St., des F.P. und des Pf.i.W. zu entsprechen. Soweit im Einzelfall nicht anderes bestimmt ist, gebrauchen sie die Dienststempel ihrer Ortskirchengemeinde.
117. Die M.S. und das von ihnen verwendete Kirchenpersonal werden nach den vom Rw.M. im Benehmen mit dem S.d.d.E. erlassenen Bestimmungen entschädigt.
118. Die Notwendigkeit und die Zahl der besonderen Militärgottesdienste hängen von der Grösse der M.G. und den örtlichen Verhältnissen, insbesondere der Grösse der mitbenutzten Zivilkirche ab. Der Bf.i.W. entscheidet darüber im Benehmen mit dem Ob., erforderlichenfalls mit dem F.P. Besondere Militärgottesdienste sind Gottesdienste mit Predigt, die ausserhalb der ordentlichen Zivilgottesdienste besonders für die Mitglieder der M.G. abgehalten werden, sei es zu anderen Stunden oder an anderen Tagen. In Standorten ohne Pf. dürfen zu Lasten des Reichs nicht mehr als 20 besondere Militärgottesdienste stattfinden.
119. Die Bf.i.d.W. entscheiden über die Gewährung von Vergütungen an M.S. usw. Dafür stehen ihnen die Pf. zur Verfügung.
120. Die Pf. benachrichtigen das Wehrkreisverwaltungsamt zwecks Zahlbarmachung von jeder Bewilligung und Änderung einer Vergütung. Die Vergütungen zahlt die vom Wehrkreisverwaltungsamt bestimmte Kasse gegen Quittung, die der K.o.St. zum Nachweis der Amtshandlungen und der Zeit ihrer Leistung bescheinigt.
121. Beginnt oder endigt eine Dienstleistung nicht gerade mit Anfang oder Ende, sondern im Lauf eines Monats, so wird eine schon begonnene Monatshälfte in voller Höhe vergütet.
122. Die M.S. machen Eingaben und Antwortschreiben an mil. Dienststellen mit Wertzeichen des öffentlichen Verkehrs frei. Sie fordern die Kosten dafür in angemessenen Zeitabschnitten bei der vom Wehrkreisverwaltungsamt bestimmten Kasse an, die sie ihrerseits beim Wehrkreisverwaltungsamt im Abrechnungsweg anfordert (Buchung beim Kap. VIII B 8 Titel 7, vergl. H.V.Bl. 1923 Seite 156 Nr. 11 c.). Schreibgegenstände bestreiten die M.S. aus der Grundgebühr.
1)Wegen der M.S. vgl. Abschnitt D.
1Nr. 105 doppelt, jedoch vom Verfasser unkenntlich gemacht.
Empfohlene Zitierweise
[Faulhaber, Michael von], Entwurf einer katholischen militärkirchlichen Dienstordnung. vom vor dem 05. Januar 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11028, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11028. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.06.2016.