Dokument-Nr. 11036

[Sowjetregierung]: [Kein Betreff], vor dem 12. Februar 1925

1.
Als Ausnahme von der allgemeinen Regel ist es der katholischen Kirche auf dem Territorium der Union der S. S. R. gestattet, eine Hierarchie, die dem ausländischen Zentrum, der katholischen Kirche, dem Vatikan, unterstellt ist, zu besitzen. An der Spitze der katholischen Hierarchie in der Union steht ein Erzbischof (Metropolit), der dem Vatikan unmittelbar unterstellt ist und vom Vatikan jedesmal mit Genehmigung der Sowjetregierung in Person des Volkskommissariats für Auswärtige Angelegenheiten ernannt wird. Der Erzbischof (Metropolit) unterhält die Verbindung mit dem Vatikan durch das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten. Ebenso mit Genehmigung des Volkskommissariats für Auswärtige Angelegenheiten werden in der Union der S. S. R. die vom Vatikan herausgegebenen Bullen, Botschaften, Encykliken, Breve und andere Akten publiziert, welche sich auf die sogenannte kirchliche Jurisdiktion beziehen. Die Bischöfe werden vom Vatikan ebenfalls nach Vereinbarung mit der Sowjetregierung ernannt. Die Priester werden von den Bischöfen nach
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Vereinbarung mit den lokalen Sowjets ernannt und nach Genehmigung der betreffenden Gläubigen katholischer Konfession zur Ausübung der Kultuspflichten zugelassen. Der Erzbischof (Metropolit) und die Bischöfe haben ihren Wohnsitz in den Grenzen ihres Bistums, die Priester in den Grenzen ihrer Kirchspiele. Die Versetzung der Bischöfe und Priester erfolgt in derselben Weise wie ihre Ernennung, d.h. nach Vereinbarung mit den betreffenden Sowjetbehörden. Die Enthebung des Erzbischofs (Metropolit), der Bischöfe und Priester von ihrem Amte erfolgt entweder auf Initiative des Vatikans bezw. der betreffenden Bischöfe oder der Sowjetregierung der lokalen Sowjetbehörden, wenn dieselben zu der Ueberzeugung gelangen, dass der betreffende Bischof oder Priester das ihm entgegengebrachte politische Vertrauen nicht gerechtfertigt hat. Die katholischen Hierarchen können in ihrer Tätigkeit bei irgendwelchen Kollissionen [sic] mit den Sowjetgesetzen und Verordnungen der Sowjetbehörden in keinem Falle sich auf die Priorität des kanonischen Rechts berufen. Sie sind verpflichtet, sich allen Gesetzen und Verordnungen der Sowjetregierung und ihrer Organe zu unterwerfen.
2.
Mönchsorden, ihre Filialen und Mitglieder haben keinen Zutritt auf das Gebiet der Union der S. S. R.
3.
Unzulässig sind konfessionelle Wohltätigkeitsvereine, Genossenschaften usw.
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4.
Der Wirkungskreis der katholischen Organisationen wie auch einzelner Kultusdiener ist auf die katholische Bevölkerung, die sich auf dem Territorium der Union der S. S. R. befindet, beschränkt. Missionstätigkeit ist nicht ihre Aufgabe.
5.
Die Organisation der katholischen Kirche unterwirft sich den in der Union der S. S. R. bestehenden Gesetze über das Schulwesen.
6.
Die Frage über die Eröffnung von Seminaren für Personen, älter als 17 Jahre, welche den Beruf eines Kultusdieners ergreifen wollen, wird später geregelt werden.
7.
Der katholische Kultus wird in lateinischer Sprache ausgeübt.
Empfohlene Zitierweise
[Sowjetregierung], [Kein Betreff] vom vor dem 12. Februar 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11036, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11036. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 24.06.2016, letzte Änderung am 01.09.2016.