Dokument-Nr. 12762
Stampka, Theodor an Pius XI.
Oppeln, 20. Januar 1923

Endesunterzeichneter erlaubt sich hiermit höflichst, Sr. Heiligkeit nachstehende Bitte zu unterbreiten:
Seit dem Jahre 1916 bin ich infolge beiderseitigem Knie- und Hüftgelenktuberkulose andauernd erwerbsunfähig und beziehe nur eine Invalidenrente in Höhe von monatlich 768 Mark, dazu eine Armenunterstützung monatlich 120 M
Ich bin verheiratet, habe 2 Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren, kath. Religion und in der Pfarrkirche zu Königl. Neudorf, Kreis Oppeln O/Schlesien am 1.2.13 getraut.
Meine Frau, der bisherige Ernährer der Familie ist seit 2 Jahren lungenkrank, ebenso die beiden Kinder.
Infolge der vorgeschrittenen Krankheit meiner Frau,(II. Stadium) ist sie seit dem 25. II. 22 auch erwerbsunfähig, so daß wir die ganze 4 köpfige Familie nur auf meine Invalidenrente, monatlich im ganzen 888 Mark angewiesen gewesen sind.
Bei dem Tiefstand der deutschen Mark und den unerschwinglichen Preisen für sämtliche Bedarfsartikel reicht meine Rente für die ganze Familie nur auf ein einziges Brod [sic] für den ganzen Monat. An Kohle und Kartoffeln ist nicht zu denken.
Vom Ortspfarrer erhalte ich nichts, von Sr. Eminenz, dem Hochwürdigsten Herrn Kardinal und Fürstbischoff aus Breslau habe ich von Zeit zu Zeit paar hundert Mark erhalten, bei meiner großen Not nur ein Tropfen.
Durch meine große Not leidet leidet mein Familien [sic] mein Eheleben sehr, seit Weihnachten (6. Dez.) ist die ganze Familie auseinander, Ich befinde mich im St. Adalberthospital zu Oppeln und da meine Rente auf die Krankenhauspflege berechnet wird, bleibt nichts für die Kinder, sie sind deshalb im Waisenhause.
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Meine Frau befindet sich in einer Lungenheilstätte. Nach ihrer Entlassung aus der Heilstätte ist sie ohne Halt und sich selbst überlassen.
Die Not ist der erste Weg zum Ehebruch und Laster und zum sittlichen Untergang der ganzen Familie und doch bedarf es in meinem Falle nur einer winzigen, jedoch angemessenen Unterstützung um das gemeinsame Familienleben zu retten ehe es zu spät ist.
In meiner großen Not wende ich mich vertrauensvoll an Sr. Heiligkeit mit der Bitte, um eine Wiedervereinigung der Familie zu ermöglichen, mir eine angemessene Unterstützung gütigst gewähren zu wollen damit wir uns einige Centner Kohle und Kartoffeln kaufen können, bis die Frau eine entsprechende Arbeit hat und die Kinder auf ehrliche Weise ernähren kann.
Wenn wir Kohle und Kartoffeln haben, meine Frau eine ehrliche Fabrikarbeit und ich Hausarbeit ist unser Ehe- und Familienleben gesichert. Es bedarf nur eines edeldenkenden Menschen, der uns zum Anfang verhilft.
In der Hoffnung, keine Fehlbitte gethan zu haben, verbleibe ich Sr. Heiligkeit
ergebenster
Theodor Stampka.
Empfohlene Zitierweise
Stampka, Theodor an PiusXI. vom 20. Januar 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 12762, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/12762. Letzter Zugriff am: 25.04.2024.
Online seit 23.07.2014.