Dokument-Nr. 12776
Fild, Hermann an Pius XI.
Meersburg, 12. Dezember 1922

Ein armer Elternloser Mensch tritt mit einer Bitte an den heiligen Vater heran, und bittet am Feste der Geburt unseres Herrn und Heilandes auch meiner zu gedenken. Ich bin geboren im Mai 1895 zu Heidelberg als unehelicher Sohn einer Dienstmagd, kam 1901 in die Schule wo ich gleichzeitig bei fremden Leuten mein Brot verdienen mußte; denn meine Mutter kümmerte sich nicht mehr um mich.
Ich war so bei fremden Leuten bis zum Jahre 1913. War dan [sic] zu dem Gedanken gekommen ein Handwerk zu lernen; aber leider kam der so schreckliche Krieg, der auch mich mit in die Reihen zog. Ein Jahr kämpfte ich an der Front gegen Russland. Im Monat August 1915 wurde ich als Gefangener nach Sibirien gebracht, wo ich sechs Jahre lang fern der Heimat geschmachtet. Armut doppelt und Krankheit dorten war mein Los das ich Jesu Christo + Namen geduldig ertragen. 1921 waren diese
172r
Leiden zu Ende. In der Heimat angelangt stand ich nun wieder einsam und verlassen da. Keine Lehrzeit konnte ich nicht mehr machen, da ich schon zu alt war. Nun arbeite ich bei einer Baufirma als Hilfsarbeiter, muß aber von Zeit zu Zeit wieder das Krankenhaus aufsuchen weil die Krankheit von Zeiten der Gefangenschaft mir schwer angehaftet ist. Ich bitte lieber Vater, mir meine Worte nicht für übel aufzunehmen; und ich will für die kleinste Gabe Gott danken und beten, damit es der Herr tausendmal belohnt.
Gottergeben schließe ich meine Zeilen
und grüße den hl. Vater
Hermann Fild
in Meersburg am Bodensee.
zur Zeit im Seminar.
(-Deutschland-)
Empfohlene Zitierweise
Fild, Hermann an PiusXI. vom 12. Dezember 1922, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 12776, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/12776. Letzter Zugriff am: 25.04.2024.
Online seit 23.07.2014.