Dokument-Nr. 12906
Hagenauer, Joseph an Pacelli, Eugenio
Karlsruhe, 04. April 1923

Hochwürdigster und erlauchtester Herr Kardinal!
Gnädigster Herr!
Der alleruntertänigst Unterzeichnete bittet hochwürdigsten Herrn Kardinal, Seine Heiligkeit, den heiligen Vater zu bitten, dem ehrfurchtsvollst Unterzeichneten eine gütige Spende zukommen zu lassen und wagt es, hochwürdigsten Herrn Kardinal im folgenden die Begründung seiner Bedürftigkeit ehrfurchtsvollst zu unterbreiten.
Als achtungsvollst Unterzeichneter habe ich jetzt Vater und Mutter verloren. Die Mutter als kleiner Knabe, den Vater erst kürzlich, nach langem Leiden.
172v
Unbemittelt stehe ich jetzt in der Welt, als Unterprimaner des hiesigen Gymnasiums. Meine Verwandten sind alle in Amerika, ohne daß ich ihren Aufenthalt kenne. Kann also keine Unterstützung von meinen Verwandten erwarten. In einem Jahre hätte ich mit dem Studium beginnen können. Jetzt aber fehlen mir alle Mittel dazu. Das Studium kostet heute über eine Million. Die notwendigsten Dinge, wie Lebensmittel und, Kleidung, kann ich mir nicht mehr beschaffen, da mein Vater tot ist. Wie soll ich mein Leben fristen? Habe keine Wohnung mehr. Gute Bekannte haben mich für einige Zeit in ihrer Wohnung. Darf ihre Gastfreundschaft aber nicht zu lange in Anspruch nehmen. Vor kurzer Zeit habe ich nun im Karlsruher katholischen Gemeindeblatt gelesen, wie Seine Heiligkeit einen so großen Betrag dem hochwürdigsten Herrn Erzbischof [sic] von Trier gespendet hat. Da habe auch ich Mut gefaßt und wollte auch den heiligen Vater, der ja für alle seine Kinder sorgt wie ein gütiger Vater, untertänigst bitten um eine huldvolle Spende. Wage es auch, Hochwürdigkeit mitzuteilen, daß in der hiesigen Bonifatiuspfarrei immer Spenden gesammelt werden für die Neuanschaffung von Glocken, die ja in der schrecklichen Kriegszeit sämtlich eingeschmolzen wurden.
173r
Die Glocken werden voraussichtlich mehr als sieben Millionen Mark zu stehen kommen. Hochwürden, Herr Stadtpfarrer, kann aber die hohe Summe nicht aufbringen für die Glocken, trotz vielen und herzlichen Spenden. Noch nicht eine Million Mark hat Herr Stadtpfarrer bis jetzt aufgebracht. Vielleicht hätte auch hier Seine Heiligkeit ein warmes Herz und würde gnädigst mithelfen, daß sich die Pfarrei wieder Glocken anschaffen kann.
Wenn nun Seine Heiligkeit, der heilige Vater mir wirklich eine huldvolle Spende zukommen lassen will und für den Glockenfond auch etwas beizutragen gewillt ist, so bitte ich hochwürdigsten Herrn Kardinal untertänigst, beides an den ehrfurchtsvollst Unterzeichneten senden zu wollen, der dann die bestimmte Summe für die neuen Glocken gewissenhaft Hochwürden, Herrn Stadtpfarrer, übergeben wird; Der ehrfurchtsvollst Unterzeichnete hat aber keine feste Wohnung und ist somit gezwungen seine Postsachen postlagernd senden zu lassen.
Wenn hochwürdigster Herr Kardinal dem untertänigst Unterzeichneten unter der Chiffre:
M. K. N. Karlsruhe (Baden) Hauptpostlagernd
gnädigst schreiben würde, würde ich die Sendung ganz bestimmt erhalten.
Und nun bittet der alleruntertänigst Unterzeichnete hochwürdigsten Herrn Kardinal, dieses Schreiben dem heiligen Vater zu übergeben, bzw. Seine Heiligkeit davon gnädigst in Kenntnis zu setzen,
173v
der mir sicher als Vater aller Armen und Bedürftigen gütigst helfen wird aus meiner großen Not.
Gnädigster Gewährung seiner untertänigsten Bitte harrt entgegen
Seiner Hochwürdigkeit
treuester Diener und aufrichtigster Verehrer
Joseph Hagenauer
Empfohlene Zitierweise
Hagenauer, Joseph an Pacelli, Eugenio vom 04. April 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 12906, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/12906. Letzter Zugriff am: 20.04.2024.
Online seit 23.07.2014.