Dokument-Nr. 14405
Bertram, Adolf Johannes
an Pacelli, Eugenio
Breslau, 30. Januar 1925
beehre ich mich auf das geneigte Schreiben vom 28. d. M. Nr. 32.030 ergebenst zu erwidern, daß der Wunsch, Herrn Universitätsprofessor Geheimen Justizrat Dr. Otto Fischer in Breslau, Monhauptstrasse 3, zum fünfzigjährigen Doktor=Jubiläum eine Ehrung des Hl. Stuhles zu erwirken, mit einiger Vorsicht aufzunehmen ist.
Das Doktorjubiläum ist ein nicht gerade bedeutsamer Anlaß.
Professor Fischer ist als Jurist sehr geschätzt und hat einen angesehenen Namen. Als Katholik erfüllt er seine religiösen Pflichten. Seine Mitarbeit am neuen Codex Juris Canonici ist wohl nicht besonders tiefgreifend gewesen.
Das Bedenken, das gegen eine hohe Ehrung besteht, ist folgendes.
Professor Fischer ist ein scharfer Gegner der Zentrumspartei und einer der rührigsten Förderer der deutschnationalen Volkspartei. Nun ist unleugbar, daß das Zentrum in 50 Jahren die Rechte der katholischen Kirche wie eine starke Mauer geschützt hat. Aber die Conservative Partei, aus der die deutsch-
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nationale
Partei hervorgegangen ist, war durchweg dem Katholizismus hemmend im Wege. Jetzt, wo das
Zentrum schwer bedroht ist, dem schärfsten Gegner des Zentrum eine hohe päpstliche Ehrung zu
erweisen, ist nicht zu raten. Es ist vorauszusehen, daß das gegen das Zentrum ausgenützt
würde, zumal die Deutschnationalen verbreiten, Papst Pius XI. habe in seiner Allokution im
letzten Konsistorium seine Worte betr. Sozialismus als gegen das Zentrum gemeint gesprochen
wegen dessen Zusammengehen mit Sozialdemokraten in Einzelfällen.Außerdem hat Professor Fischer nach Erscheinen des Codex Juris Canonici wegen seiner geringen Mitarbeit schon auf seinen ausdrücklichen Wunsch das Comturkreuz des St. Gregoriusordens mit Stern erhalten, was doch wohl genügt.
Alles das mahnt zur Vorsicht.
In tiefster Verehrung bin
Eurer Exzellenz
ganz ergebenster
A. Card. Bertram.
Wenn ich nach meinem persönlichen Empfinden urteilen wollte, möchte ich raten, gar nichts zu tun. Das ganze Streben nach Ehrung wegen des unbedeutenden "Doctor-Jubiläum" ist tendenziös. Doch überlasse ich die Entschließung ganz Ihrem Ermessen.
D.O.1
1↑Von "Wenn ich
nach..." bis "D. O." hds. eingefügt von Bertram.