Dokument-Nr. 15379

Die Papstfeier in Augsburg, in: Augsburger Postzeitung, 12. Februar 1924
Die zweite Wiederkehr des Krönungstages Papst Pius‘ XI war am gestrigen Sonntag vielen tausend Katholiken Augsburgs ein freudiger Anlaß zur Bekundung des Dankes für die Sendung des regierenden Hl. Vaters und ehrfurchtsvollen Anhänglichkeit an ihn. Schon in den ersten Vormittagsstunden wurden in allen Pfarr- und Kuratienkirchen über die hervorragende und reichgesegnete Tätigkeit des Hl. Vaters Pius XI. für Caritas und Weltfrieden gepredigt. Die Hauptgottesdienste waren in feierlicher Weise ausgestaltet.
Die Nachmittagsandacht im hohen Domwar eine machtvolle Kundgebung der unverbrüchlichen Treue des katholischen Augsburg zum Heiligen Stuhl. Ein festlicher äußerer Rahmen wurde bei der außergewöhnlichen kirchlichen Feier durch die Aufstellung vieler Fahnenabordnungen im Presbyterium verliehen. Katholische männlich und weibliche Jugend-, Gesellen-, Arbeiter- und Männervereine, Kongregationen, das Katholische Kasino, die Studentenvereinigung Ludovicia hatten Abordnungen zur Segensandacht entsandt. Der Feier wohnten bei der Hochwürdigste Herr Bischof Dr. Maximilian von Lingg, der Hochwürdigste Herr Weihbischof Dr. Carolus Reth, sämtliche Mitglieder des hohen Domkapitels, die Kirchenverwaltung der Dompfarrei, Mitglieder des Bürgerbundes der Dompfarrei, Vertreter des Klerus, Klosterfrauen, Zöglinge klösterlicher Institute, die Mitgliede der katholischen Jugendvereine, Männer und Frauen aller Berufsstände.
Um 3 Uhr bestieg Hochw. Herr Domkapitular Dr. Eberle die Kanzel. Ausgehend von dem Gedanken, daß die Papstfeier anläßlich der zweiten Wiederkehr der feierlichen Krönung Pius XI. ein Festtag der gesamten katholischen Familie des Erdkreises sei, betonte der Prediger, daß wir deutsche Katholiken besonderen Grund zu Empfindungen des Dankes, der Liebe, des Gehorsams und der Treue haben. Er feierte Pius XI. als den Fürsten der Liebe, als den Hort der Wahrheit, als den Ankergrund des Friedens. Pius XI. ist der Fürst aller Caritasjünger. In Wort und Tat hat der Heilige Vater die Liebe verkündet. „Wer den Bruder nicht liebt, bleibt im Tode.“ „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Unsere Armen in Deutschland, unsere Studenten und die Kinder sind Zeugen seiner fürstlichen Caritasarbeit. Der Prediger führte im einzelnen aus, wie sich Pius XI. die grandiose Weichherzigkeit des universellen Papsttums zeige, denn der Papst frage nicht nach Nation und nicht nach Konfession, sondern spendet allen Dürftigen, unbekümmert um Dank, ja oft trotz allen Undankes. Pius XI. ist als Papst der Hort der Wahrheit. „Durch Agatho hat Petrus gesprochen.“ Das machtvolle Organisationsgebilde der Kirche besteht nicht dank deren Klugheit oder anerkannter Diplomatie, sondern dank der ewigen Wahrheit deren Künderin sie ist. Wenn auch Pius XI. in seinem Wappen den Spruch trägt: „Ich gehe wie im Fluge dahin“, so dient er doch dem König der Ewigkeit, der unvergänglichen Wahrheit, die aus dem Felsen Petri rinnt. Wie unvergänglich, so unerschütterlich. Aller Haß und alle Wut der Erde kann dem Papst als Träger der Wahrheit nichts anhaben. Mit der Größe des Grolles und der Verfolgung wächst die Größe des Papsttums. Pius XI. ist der Ankergrund des Friedens. Die Sphäre des Papstes ist das religiöse Leben und Gebet. Aber es vollzieht sich keine Wandlung, auch im politischen Organismus, die nicht im Katholizismus ihr Echo findet. Darum muß sich das Papsttum frei in der Welt bewegen können. Es gibt an sich keinen politischen Papst, aber es gibt keine bedeutendere Lebensäußerung der Staaten, die nicht auch das Vaterherz des Papstes berühren müßte. Pius XI. hat für den äußeren Frieden viel getan, obwohl die Völker ihn von ihren Konferenzen ausgeschlossen hatten: mehr noch tat er für die innere Versöhnung der Völker, indem er, besonders in seiner Enzyklika „ubi arcano“, die Finger auf die Wunden der Völker legte und dem Haß, der Entfremdung der Familien, der Entchristlichung der Ehe, der Genußsucht und der Habsucht zu Leibe rückt und die Pflege der Seele empfiehlt. Das allein, was übernatürlich ist, kann Sieger und Besiegte, kann die Völker untereinander verbinden, kann die eigenen Volksgenossen einander näherbringen und Brücken des Friedens schlagen. So ist Pius XI. ein Pontifex, einer der Brücken der Liebe und des Friedens baut.
Nach einem warmen Appell zur Kinderliebe, zur unerschütterlichen Treue gegen den apostolischen Stuhl und seinen derzeitigen Inhaber Pius XI. schloß die Festpredigt: Ein Haus steht wohlgegründet, ein Fels es trägt und hält, Herr wir bitten dich, mach‘ uns im Glauben treu, schaff Herz und Sinne neu!
Inzwischen flammten am festlich geschmückten Hochaltar viele Wachslichter auf, brausende Orgelklänge flutenden durch das vollbesetzte Schiff des majestätischen Gotteshauses, das Volk sang inbrünstig das „Heilig-heilig“, der Hochwürdigste Herr Diözesanbischof erteilte den sakramentalen Segen. Nach der Aussetzung des Allerheiligsten wurde die Allerheiligen-Litanei mit den ihr angefügten Fürbitten für den regierenden Papst gebetet und zum Abschluß der erhebenden Feier von den vielen, die ihr andächtigen Sinnes beigewohnt hatten, ein kraftvoller Treueschwur geleistet mit dem herrlichen Gesang „Ein Haus steht wohlgegründet“.
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Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 12. Februar 1924, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 15379, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/15379. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 18.09.2015.