Dokument-Nr. 15540
Brähler, Hermann an Pacelli, Eugenio
Ilmenau, 18. Juni 1924

Hochwürdigster Herr Nuntius!
Als derzeitiger Führer der katholischen Techniker Verbindung "Unitas", Ilmenau (i. Thür.), gestattet sich Unterzeichneter Ihnen, Hochwürdigster Herr Nuntius, folgendes zu geneigter Beachtung zu unterbreiten.-
In Ilmenau, einem kleinen Städtchen mitten im protestantischen Thüringen, befindet sich eine technische Lehranstalt, in der mehrere Hundert junge Leute aus allen Teilen Deutschlands und anderer Länder ihrem Studium obliegen. Wie an den Hochschulen haben sich auch die hiesigen Studenten zu Verbindungen und Korporationen zusammen geschlossen. An der hiesigen Anstalt sind nicht weniger als 12 derartige Verbindungen. Im Laufe der Jahre hat es sich gezeigt, dass das relig. und sittliche Leben der kath. Studierenden hier mitten in der Diaspora in grosser Gefahr steht. Deshalb wurde vor 25 Jahren für die kath. Studenten eigens eine Verbindung "Unitas" gegründet. Es ist leider eine Tatsache, dass die jungen Leute, welche den anderen Verbindungen angehören, in denen das Duell vorgeschrieben ist, der kath. Kirche zum grössten Teil entfremdet werden und verloren gehen. Die „Unitas" dagegen steht fest und treu auf kirchlichem Boden. Sie sieht es als ihre vornehmste Aufgabe an, ihre Mitglieder zu glaubensstarken, treuen und charakterfesten Söhnen der Kirche heranzubilden und zu ernstem, pflichtbewussten [sic] Studium anzuhalten. Hand in Hand damit geht geht [sic] die Pflege der Kameradschaft und Geselligkeit. Religion Wissenschaft und Freundschaft ist das Dreigestirn das dem kath. Studierenden hier inmitten so vieler Andersgläubiger und Ungläubiger voranleuchten soll. Die Unitas will durch Aufnahme der kath. Studenten in ihre Reihen an diesen jungen Leuten eine wahrhaft apostolische Mission erfüllen und zur Erhaltung und Festigung des hl. kath. Glaubens wesentlich beitragen, um sie über die
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gefahrvolle Zeit ihrer Abwesenheit vom Elternhaus glücklich hinüber zu retten. Um dieses Ziel zu erreichen, fehlt uns noch ein eigenes gemütliches Heim, in dem die Studierenden ihre freie Zeit zubringen können. Wir sind gezwungen, unsere Zusammenkünfte in einem ganz unwürdigen Lokal abzuhalten, das ausserdem 3 schlagenden Verbindungen als Versammlungsort dient. Dadurch haben sich für uns ganz unhaltbare Zustände herausgebildet. Nach langen Bemühungen haben wir jetzt ein Gebäude gefunden, das wir käuflich erwerben können und das dem Zweck eines kath. Verb. Hauses voll und ganz genügen würde. Für eine Kaufsumme von M 60.000.- ist es der K. T. V. Unitas möglich, das in anliegender Skizze aufgerissene Haus, samt dem in dem Lageplan rot umränderten Garten-Grundstück käuflich zu erwerben. Von diesen M 60.000.- müssen bei Ankauf 10.000 M angezahlt werden, die Restsumme von 50.000.- stände bei einem Zinsfuss von 12% auf 10 Jahre auf 1. Hypothek. Rechnet man einige Umbauten, sowie die gerichtl. Eintragungskosten zu den beim Ankauf aufzutreibenden 10.000.- M, so stehen wir vor der Tatsache, da wir fest entschlossen sind das Haus zu kaufen, 12–15.000.- M aus den Reihen der Mitglieder unseres A. H.- Verbandes einzutreiben. Da dies bei der heutigen wirtschaftlichen Lage selbstverständlich unmöglich ist, traten wir mit einem Gesuch um Unterstützung an den zuständigen hochw. Herrn Bischof zu Fulda heran. Auf dessen Anraten wenden wir uns hiermit an Ew. Erzbischöfl. Gnaden mit der Bitte um Unterstützung unseres Vorhabens. Obwohl wir nun bestrebt sein werden kein Mittel, Geld zu erlangen, unversucht zu lassen, werden wir auf einen Zuschuss von Seiten Ew. Gnaden in ansehnlicher Höhe angewiesen sein, da wir gezwungen sind, den Kauf so bald als möglich zu tätigen, um einen anderweitigen Verkauf zu verhindern. Die Deckung der 50.000.- M glauben wir durch ein Weiterbetreiben der Gastwirtschaft, die bereits in diesem Hause sich befindet, sichern zu können.- Wenn wir in 2 bis 3 Wochen 12 bis 15.000.- M flüssig haben und so in den Besitz des Hauses gelangen können, dann hoffen wir im Semester statt
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zehn Mann 20 bis 30 für die Unitas neu zu gewinnen und das wäre, wenn man bedenkt, dass von etwa 300 Studenten hier nur die Unitaner ihre Pflichten als Katholiken erfüllen, ein nicht geringer Fortschritt. Ausserdem könnte dieses Haus der hiesigen kath. Gemeinde als Versammlungslokal dienen und zur Pflege des kath. Lebens in der Oeffentlichkeit nicht wenig beitragen.
Durch die uneingeschränkte Mithilfe des Präsidenten des A. H. Verbandes, des Zentrumsabgeordneten Maximilian Sydow in Berlin, sind wir zwar in die glückliche Lage versetzt, bis zu dem für den Kauf in Frage kommenden Termin über die M 10.000.- zu disponieren, auf der anderen Seite aber können wir unserem A. H. Sydow nicht zumuten, dass er auf lange Zeit diese für ihn erhebliche Summe seinem Fabrikbetrieb entzieht. Wir wären Ihnen, Hochwürdigster Herr Nuntius, zu innigstem Dank verpflichtet, wenn wir durch Ihre Vermittlung mit einer päpstl. Spende als Studentenhilfe bedacht werden könnten, oder wenn uns von Ihnen Mittel und Wege gezeigt würden, wie wir den Kauf unseres Hauses fundieren könnten, denn mögen auch die lasten, die wir uns durch ein solches Vorhaben aufbürden, schwer werden, mögen die Aussichten für ein glückliches Gelingen unserres Planes heute noch sehr gering sein, so ist doch unser Wille, für das Wohl und die Interessen der ganzen grossen Kirche tätige und besorgte Katholiken zu sein, immer noch grösser, als dass wir von der Durchführung unseres Projektes Abstand nehmen würden.
Indem wir Ew. Erzbischöflichen Gnaden diese Versicherung geben, verbleiben wir mit dem Ausdruck unserer untertänigsten Gesinnung
im Namen der Kath. Technischen Verbindung
"Unitas"
Hermann Brähler cand. Ing.
Ilmenau, Thür. Wörthstr. 11 I
Aufgrund der Vielzahl an grammatischen, syntaktischen und orthographischen Fehlern durch den Verfasser dieses Dokuments wurde darauf verzichtet, sie jedes Mal mittels eines [sic] als solche zu kennzeichnen.
Empfohlene Zitierweise
Brähler, Hermann an Pacelli, Eugenio vom 18. Juni 1924, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 15540, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/15540. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 18.09.2015.