Dokument-Nr. 16514
Rosenberg, Joseph Arnold an Pacelli, Eugenio
Paderborn, 19. Januar 1926

Unter ergebenster Bezugnahme auf das Schreiben der Apostolischen Nuntiatur Nr. 34165 vom 24. Dezember 1925 erstatten wir Ew. Exzellenz über die Pastoration der polnischen Saisonarbeiter im Bistum Paderborn folgenden Bericht.
Im Berichtjahre 1925 waren etwa 30.000 polnische Saisonarbeiter in der Diaspora anwesend, zum grössten Teile in der preussischen Provinz Sachsen und den angrenzenden Freistaaten Anhalt und Thüringen, soweit zum Bistum Paderborn gehörig.
Gegen 15 Diözesanpriester übten die Polenseelsorge in ihren eigenen Gemeinden aus und leisteten auch in den benachbarten Gemeinden Hilfe. Wo diese nicht genügten oder höhere Anforderungen gestellt wurden, nahmen sich die für die Polenseelsorge bestimmten Patres Franziskaner aus Halle und Halberstadt der Polenseelsorge an. In 40 Pfarrorten waren die Patres im ganzen an 55 Tagen tätig. Wo die Pastoration am Sonntage nicht möglich war, wurden die Abendstunden der Werktage, ja selbst Nachtzeiten zu Hilfe genommen. Die Haupttätigkeit erstreckte sich auf die Spendung der hl. Sakramente der Busse und des Altares. Gepredigt wurde von den beiden Ordensleuten etwa 80 mal, wozu noch diejenigen der obengenannten selbstständig arbeitenden Diözesanpriester kommen. Die Zahl der hl. Beichten beträgt an 12.000 und entspricht einem guten Drittel der anwesenden polnischen Bevölkerung.
Im westfälischen Teile der Diözese, wo wenig Grossgrundbesitz mit polnischen Saisonarbeitern vertreten ist, üben ein Dominikanerpater und einige Diözesanpriester die Seelsorge an den nicht zahlreichen Landarbeitern aus. Nach unserer Schätzung kommen etwa noch 600 Sakramenten-
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empfänger zu obiger Zahl hinzu.
Ein Vergleich der Zahl der anwesenden Polen mit der Zahl der praktizierenden polnischen Katholiken ergibt die traurige Tatsache, dass selbst bei Anrechnung des in der Heimat stattgefundenen Sakramentenempfanges der Neuankömmlinge immer noch eine starke Hälfte zurückgeblieben ist. Jeder Polenseelsorger macht die Erfahrung, dass die Beteiligung am kirchlichen Leben bei den polnischen Feldarbeitern bedeutend zurückgegangen ist. Von unserer Seite wird immer noch derselbe Wert darauf gelegt, dass die aus dem Seminar kommenden Neupriester wenigstens eine polnische Notbeichte hören können und eine Reihe von Seelsorgern hat es soweit gebracht, dass sie selbstständig arbeiten können. Auch die Zahl der Missionare kann erhöht werden, wenn eine stärkere Inanspruchnahme seitens der polnischen Saisonarbeiter sich bemerkbar machen sollte.
Dem in dem obenerwähnten Schreiben geäusserten Wunsche entsprechend überreichen wir Ew. Exzellenz anliegend eine Denkschrift über die wichtigsten Fragen der Saisonarbeiterpastoration mit entsprechenden Vorschlägen.
In tiefster Ehrfurcht
Das Bischöfliche General-Vikariat:
(gez.) Rosenberg.
Empfohlene Zitierweise
Rosenberg, Joseph Arnold an Pacelli, Eugenio vom 19. Januar 1926, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 16514, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/16514. Letzter Zugriff am: 16.04.2024.
Online seit 29.01.2018.