Dokument-Nr. 18673
Wienken, Johann Heinrich an Pacelli, Eugenio
Berlin, 28. November 1927

Abschrift!
Ew. Excellenz!
Wir haben über den "Verein zur gegenseitigen Unterstützung der Offiziere der ehemaligen russischen Armee und Flotte in Deutschland e.V." Erkundigungen eingezogen und sind in der Lage, folgendes mitzuteilen:
Der 1. Vorsitzende des Vereins ist Herr General von Rode, 2. Vorsitzender ist General von Lampe. Der Briefschreiber, General Brester [sic], ist Vorstandsmitglied des Vereins. Die Geschäftsstelle befindet sich: Berlin W. Lietzenburgerstraße 43.
Der Verein ist im Jahre 1919 entstanden und arbeitet satzungsgemäß ausschließlich caritativ. Er zählt zurzeit etwa 600 Mitglieder. In der ersten Zeit erhielt er mehrmals Geldzuwendungen von dem General von Wrangel. Nunmehr bilden seine einzige Einnahmequelle die Spenden der sogenannten "Freunde" der russischen Offiziere, die auch in deutschen Kreisen angeblich ziemlich zahlreich sind. Die "Freunde" zahlen jährlich einen Betrag von 10.- M bis 20.- M. Der Verein veranstaltet sodann jährlich ein Konzert mit Ball und verwendet auch den Reinertrag dieser Veranstaltung für die caritative Betreuung der notleidenden russischen Offiziere. Im vorigen Jahre erhielt der Verein ausnahmsweise
53v
eine einmalige Zuwendung seitens des Deutschen Roten Kreuzes.
Das in Berlin, Zionskirchstraße 49, befindliche Offiziersheim wird stark besucht. Die Leitung hat ein Oberst Kuptschinski. Er stammt gebürtig aus Kiew. Die Heimbewohner müssen, bevor sie Wohnung erhalten, dem Verein als Mitglied beitreten, und jährlich einen Mitgliedsbeitrag von 6.- M zahlen. Sie zahlen sodann an Miete pro Monat 10.- M. In diesem betrag [sic] ist der Morgenkaffee mit einbegriffen. Im übrigen müssen die Heimbewohner die Verpflegung selbst beschaffen. Es sind nur wenige, die in dem Heim auch einen kostenlosen Mittagstisch erhalten.
Die Zahl der in Berlin sich aufhaltenden russischen Offiziere ist noch verhältnismäßig groß. Infolgedessen ist auch das Heim, besonders während der Wintermonate, stets überfüllt.
Auf Grund der obigen Darlegungen kann eine Unterstützung des Vereins empfohlen werden. Er verdient sowohl in seiner Leitung als auch in seiner Arbeit Vertrauen.
Wir hoffen gern, Ew. Excellenz mit dieser Auskunft gedient zu haben und verbleiben
in tiefster Ehrfurcht
(gz.) Wienken
Direktor.
Empfohlene Zitierweise
Wienken, Johann Heinrich an Pacelli, Eugenio vom 28. November 1927, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18673, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18673. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 25.02.2019.