Dokument-Nr. 18720
Esleben, Johann an Pacelli, Eugenio
Düsseldorf, 27. Dezember 1926

Ew. Excellenz,
gestatte ich mir ergebenst, von einer Angelegenheit Kenntnis zu geben, welche für den heiligen Stuhl immerhin von Interesse sein dürfte.
Zwischen dem Heiligen Stuhl und dem verstorbenen Herrn Cardinal Mercier hat während des Krieges ein Korrespondenzwechsel stattgefunden, dessen mir teilweise bekannter Inhalt in Bezug aufb [sic] Deutschland für den Heiligen Stuhl äusserst kompromittierend ist. Aus weiteren Korrespondenzen des Heiligen Stuhles befanden sich im Besitz des genannten Herrn Cardinals Akten, welche für den Heiligen Stuhl gleich kompromittierend waren.
Vorerwänhte [sic] und noch andere Akten wurden dem Cardinal entwendet. Der Name des jetzigen Besitzers tut nichts zur Sache. Ich nehme an, dass Ew. Excellenz der Name des in Frage stehenden Herrn bekannt ist. Ich muss an dieser Stelle begreiflicherweise von einer Namensnennung absehen, da es sich um einen nahen Verwandten eines an der Spitze eines Staates stehenden Mannes handelt, mit welchem ersterer allerdings verfeindet ist.
Die in Rede stehenden Akten nun wurden teilweise einem Kurier, teilweise direkt aus dem Schreibtisch des Cardinals mit Gewalt entwendet.
Der jetzige Besitzer bot dann diese Akten dem Heiligen Stuhl zum Kauf an und unterhandelte dieserhalb mit Seiner Eminenz Herrn Cardinalstaatssekretär Casparri. Der Kauf kam jedoch nicht zustande, da ein für unsere Begriffe ungehauer [sic] hoher Preis gefordert wurde. Der Besitzer wurde dann mit dem Bann belegt.
Darauf wurden die Akten bei einem New Yorker Notar hinterlegt und gegen eine hohe Summe wurde mit 5 New Yorker Zeitungen ein Vertrag abgeschlossen, dahingehend, dass nach dem Tode des jetzigen Besitzers die Veröffenlichung [sic] vorgenommen werden soll.
b. w.
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Neuerdings befinden sich die Akten wieder in Deutschland, da Russland am Erwerb derselben ein erhöhtes Interesse hat und werden augenblicklich Verhandlungen bezüglich des Ankaufes derselben gepflogen.
Der Aufenthaltsort der Akten ist mir bekannt und ich bin bereit, dieselben herbei zu schaffen und in Ihre bzw. den Besitz des Heiligen Stuhles zurückzubringen.
Ich bin Katholik, erkläre mich jedoch nicht zur Herbeischaffung der Akten bereit, um hiermit ein Geschäft zu machen. Die gesamte Verantwortung, so weit überhaupt von einer solchen gesprochen werden kann, übernehme ich voll und ganz.
Eine eilige Not Entschliessung von Seiten EW. Excellenz ist jedoch notwendig, da die Verhandlungen bezüglich des Verkaufes der Akten an Russland vor dem Abschluss stehen.
Falls daher Ew. Excellenz bereit sind, der Angelegenheit näher zu treten, bitte ich um Mitteilung, ob ich nach dort kommen und mir Instruktionen holen soll oder oB [sic] und wen Ew. Excellenz bestimmen, der mit mir dieserhalb Rücksprache nimmt.
Ich bemerke noch, dass ich selbst arm bin und dass zur Durchführung der Aktion wenigstens M 10.000,– erforderlich sind.
Indem ich im Interesse der Angelegenheit um baldige Rückäusserung bitte, bin ich mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung und Verehrung
Ew. Excellenz
ergebenster
Johannes Esleben
Empfohlene Zitierweise
Esleben, Johann an Pacelli, Eugenio vom 27. Dezember 1926, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18720, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18720. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit ..1927.