Dokument-Nr. 2384

[Knilling, Eugen Ritter von][Krausneck, Wilhelm][Matt, Franz]: Zu Art. 4 § 2. [München], vor dem 10. März 1923

Der römische Entwurf schließt mit dem Relativsatze "der nach dem Urteile des Diözesanbischofes auf katholisch-kirchlichem Standpunkt steht". Der bayerische Gegenentwurf sah für diesen Relativsatz folgende Fassung vor: "gegen den hinsichtlich seines katholisch-kirchlichen Standpunktes vom Diözesanbischofe keine Erinnerung erhoben wird".
Auch gegen diese Fassung sind der bayerischen Staatsregierung nachträglich Bedenken aufgestiegen, die wesentlich taktischer Bedeutung sind und aus dem Wunsche hervorgehen, den Konkordatsentwurf möglichst ungefährdet durch den Landtag hindurch zu bringen.
Bei der zuletzt von der Staatsregierung vorgeschlagenen Fassung würden nämlich die hier in Frage stehenden Lehrstühle durch die förmliche vertragsmäßige Zusicherung der Mitwirkung der Diözesanbischöfe bei der Besetzung den Lehrstühlen der katholisch-theologischen Fakultät (s. Art. 3) fast gleichgestellt. Die seinerzeitigen Landtagsverhandlungen bezielten allerdings die Schaffung von allgemeinen Lehrstühlen für Philosophie und Geschichte zur Vertretung der katholischen Weltenschauung. Eine förmliche Mitwirkung der Diözesanbischöfe bei ihrer Besetzung war aber damit nicht beabsichtigt und hat auch bei den seitherigen Besetzungen nicht stattgefunden. Die vertragsmäßige Zusicherung einer solchen Mitwirkung seitens einer außerhalb der Universität und der Staatsregierung stehenden Person bei der Auswahl der Bewerber würde die Schwierigkeiten, die die Staatsregierung schon bei der in Art. 3 beabsichtigten gesetzlichen Regelung im Landtage zu überwinden haben wird, noch erheblich vermehren. Es wäre zu erwarten, daß nicht nur die zunächst beteiligten Universitätskreise, sondern die gesamte
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deutsche Hochschullehrerschaft und die breiteste Öffentlichkeit gegen die Staatsregierung Stellung nehmen und diese Opposition auch im Landtage aufgenommen würde. Es wird daher vorgeschlagen den Art. 4 § 2 des Gesetzentwurfes so zu fassen: "gegen den hinsichtlich seines katholisch-kirchlichen Standpunktes keine Erinnerung zu erheben ist". Die Staatsregierung wäre aber bereit, bei der Ratifikation des Vertrages die schriftliche Erklärung abzugeben, daß sie in den bezeichneten Fällen das Gutachten des zuständigen Bischofes einholen werde.
Empfohlene Zitierweise
[Knilling, Eugen Ritter von], Zu Art.4 § 2, [München] vom vor dem 10. März 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 2384, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/2384. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.10.2013.