Dokument-Nr. 2648

Courten OSB, Sigismund von: Rapport sur la Mission du R. P. Dom Sigismond de Courten Délégué du Gouvernement suisse dans les camps de prisonniers de guerre & d'internés civils en France pendent le années 1916-1917. Présenté á Son Eminence le Cardinal Gasparri Sécrétaire d'Etat de Sa Saintete, 18. November 1917

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Ew. Eminenz
haben geruht dem Endgefertigten gegenüber den Wunsch auszusprechen, er möchte nach Beendigung seiner, während der Jahre 1916-17 unternommenen Mission in Frankreich, einen allgemeinen Bericht über die im genannten Zeitraum besuchten Kriegs- und Zivilgefangenenlager usw., in einem Gesamtüberblick gedrängt, zu Händen Ew. Eminenz verfassen.
Indem ich diesen Wünschen nachkomme, möchte ich Ew. Eminenz wegen der unliebsamen Verzögerung dieser Arbeit um Entschuldigung bitten.
Die äusserst geringe Anzahl der in diesem Jahre besuchten deutschen Kriegsgefangenenlager in Frankreich, muss jedem Leser des vorliegenden Berichtes auffallen. Diese Erscheinung findet ihre Erklärung einerseits in der doppelten Mission, die ich im Frühjahr 1917 auf Wunsch der interessierten Regierungen in einigen Kriegsgefangenenlagern Österreichs und Italiens erfüllen musste: andererseits in dem Umstande, dass seit Ende Mai dieses Jahres, – also kurz nach meiner Rückkehr aus Italien, – meine und meiner Kollegen Tätigkeit in den Gefangenenlagern Deutschlands und Frankreichs durch internationale Verhältnisse, die zu ändern nicht in meinen Kräften lag, lahmgelegt worden ist.
Zur Einführung in den folgenden Bericht möchte ich noch bemerken, dass ich, infolge von erweiterten Vollmachten, mich bei meinen Besuchen noch intensiver als im Jahre 1915 mit Fragen materieller und humanitärer Natur befassen musste und konnte. Die grossartige, niemals erlahmende Freigebigkeit der
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deutschen Katholiken, die mir achtungsgebietende Summen zugunsten aller deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen ohne Unterschied der Confession zur Verfügung stellte, setzte mich in den Stand, überall, wo ich hin kam, nebst der geistigen noch materielle Hilfe leisten zu können.
Bei der Abgabe von Hilfsgeldern erachtete ich es stets als meine Pflicht, auf den Ursprung derselben aufmerksam zu machen. Auch unterliess ich es nie, die edle, uneigennützige Nächstenliebe der Geber hervorzuheben. Überall wurden diese Gelder, die meistens zur Gründung bzw. Bereicherung der Hilfskassen verwendet wurden, mit Jubel und Dank entgegengenommen.
Dieser Erkenntlichkeit der deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen in Frankreich ihren Landsleuten in Deutschland gegenüber möchte ich an dieser Stelle, im Namen aller meiner Pflegebefohlenen, zu Händen der Katholiken Deutschlands, offiziellen Ausdruck verleihen. Ich bitte daher Ew. Eminenz Sorge dafür tragen zu wollen, dass dieser offizielle Dank der deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen in Frankreich zur Kenntniss derjenigen gelangen möge, die durch Spendung von Hilfsgeldern oder sonst milden Gaben sich um ihre Mitbürger verdient gemacht haben. Zugleich möchte ich dieselben recht dringend bitten, ihr Spenden fortzusetzen1, da ja infolge der Länge der Gefangenschaft und der immer schwieriger werdenden Beschaffung von Lebenmitteln grossmütige und sofortige Hilfe mehr denn je not tut.
Indem ich der zuverlässigen Hoffnung lebe, mein Hilferuf werde nicht ohne Wiederhall bleiben, gehe ich zum Bericht über.
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Besuch der Lager.
1. Paris. Hôpital du Val-de-Grâce . (29. Juni 1916.)
In diesem großen Militärspital weilten im Verlaufe des Jahres 1916 40-50 deutsche Kriegsgefangene, alle Rekonvalescenten, die mit der Kost und der Pflege im Allgemeinen zufrieden waren. Ich ersuchte die mir entgegenkommende Spitalverwaltung den deutschen Patienten etwas mehr Bewegungsfreiheit sowie den Katholiken unter ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, am Sonntag einer hl. Messe beiwohnen zu können.
Beides wurde gewährt. Den Gefangenen wurde ein kleiner Innenhof eingeräumt, wo sie sich ein paar Stunden im Tage aufhalten konnten. Für die Katholiken wurde seither am Sonntage durch ihren eifrigen Seelsorger Abbé Schönhentz in der schönen Spitalkirche um <½>2  7 Uhr eine hl. Messe gelesen.
2. É tampes (bei Paris.) (1.-2. Juli 1916.)
Kriegsgefangenenlager in einer Mühle untergebracht, wo der Raum, zumal in den Schlafsälen, die Insassen kaum zu fassen vermochte. Die französische Militärverwaltung, auf diesen Übelstand aufmerksam gemacht, zeigte mir an, dass sie sich zur Aufstellung eines neuen, geräumigeren Lagers, in der Nähe des alten entschlossen habe. Die Ernährung ist dem Reglement entsprechend und hat zu keinen berechtigten Klagen Anlass gegeben. Den Kriegsgefangenen steht ein Gemüsegarten zur Verfügung, den sie selber pflegen. Der Gesundheitszustand der Kriegsgefangenen ist befriedigend. Der Prozentsatz der in der, allerdings primitiven Infirmerie des Lagers untergebrachten <Kranken>3 betrug nur 4-5 %. Die Schwerkranken werden ins Bürgerspital der Stadt überführt und dort gepflegt. Die Behandlung der Kriegsgefangenen von Seiten der französischen Militärbehörden und der Wachmannschaft ist <war>4 gut. Das ganze Lager von Étampes (Stammlager u. Kommandos) zählte am 1. Juli 1916 571 Kriegsgefangene, die sich auf 20-30 Arbeitskommandos verteilten.
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Den katholischen Gottesdienst besorgt der ausgezeichnete Ortspfarrer Abbé Landerault, der jeden Sonntag eine hl. Messe für die deutschen Kriegsgefangenen liest.
3. É tampes. Détachement d'Anvers St. Georges. (2. Juli 1916)
Landwirtschaftliches Kommando, (zum Stammlager Étampes gehörig), von 20 deutschen Kriegsgefangenen, die in der Ökonomie eines Schlosses arbeite<te>n.5 Sie waren mit Kost und Behandlung zufrieden; sie klagten indessen über den Schlafraum u. drückten den Wunsch aus, es möchte in dieser Beziehung Wandel geschaffen werden. Ich unterstützte ihr Begehren u. bat für die Katholiken um die Erlaubnis, ab und zu, wenigstens am Sonntage in der Nachbarspfarrei einer hl. Messe beiwohnen zu können.
4. Rouen. Hôtel-Dieu (7. Juli 1916.).
Stadtspital, wo die kranken Kriegsgefangenen der Stadt u. ihrer Umgebung Gegenstand sorgsamer Pflege waren. Den Krankendienst versehen barmherzige Schwestern, deren Lob im Munde aller derjenigen deutschen Kriegsgefangenen ist, die Zeugen ihrer selbstlosen Nächstenliebe waren. Den katholischen Gottesdienst besorgt der Hauskaplan. Der Besuch dieses Spitals hinterließ bei mir den allerbesten Eindruck.
5. Rouen. Camp de Levasseur (7. Juli 1916.).
Kriegsgefangenenlager aus Baracken bestehend, welche zur Zeit meines Besuches entschieden überfüllt waren. Ich machte das Lagerkommando darauf aufmerksam u. drückte die Erwartung aus, dass man den mittleren Teil der Baracken räumen und denselben zur Aufstellung von Tischen und Sitzbänken, wie es jetzt vielfach der Brauch sei, benutzen möchte. Die tägliche Nahrung war reglementär (dem Reglement entsprechend). Sie betrug unter anderem Morgenkaffee mit Zucker; 600 Gramm Brot per Mann im Tage; 610 Gramm Fleisch in der Woche, dazu Gemüse in genügender Menge.
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Die Cantine [sic] war demnach ungenügend versehen u. wies zu hohe Preise auf. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Über die Behandlung wurde im Allgemeinen nicht geklagt. Die Arbeit war und ist nicht streng, da sie – dies gilt für alle Kriegsgefangenenlager um Rouen – lediglich im Ausladen der Schiffe besteht. Meinem, durch den Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen der III. Region, den hochverdienten Chanoine Mério unterstützten Gesuche um Dispens von der Sonntagsarbeit für die katholischen Kriegsgefangenen wurde nur in geringem Maße entsprochen. Es muss allerdings zugestanden werden, dass die Sonntagsarbeit im Hafen von Rouen, der stets überfüllt ist, vielfach ein Gebot der Notwendigkeit ist. Dennoch könnte das Oberkommando der III. Region da, wo die Sonntagsarbeit fast überall üblich ist, den Wünschen und religiösen Bedürfnissen der treu gebliebenen katholischen Kriegsgefangenen mehr Rechnung tragen, als es tatsächlich geschieht. Den sonntäglichen Gottesdienst im Lager zu Levasseur (Messe und Predigt) besorgt Herr Abbé Picard, das Beichthören besorgt in allen Lagern um Rouen der unermüdliche Chanoine Mério, der dafür die Anerkennung und den Dank aller deutschen Katholiken in hohem Maße verdient.
6. Rouen. Biessard (7. Juli 1916.)
Kriegsgefangenenlager an der Seine gelegen. Bestand am 7. Juli 1916: 600 Mann. Baracken à 75 Mann, also geräumiger als in Levasseur. Die Nahrung war nicht zu beanstanden. Ich ersuchte das Lagerkommando die Suppenration von ¾ Liter auf 1 Liter zu erhöhen. Die Kantine war gut versehen und wies civile Preise auf. Anstatt der Douchen, konnten die Kriegsgefangenen in der Seine baden. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch Chanoine Mério oder einen seiner Stellvertreter.
7. Rouen. St. Aubin-Epinay (8. Juli 1916.).
Kriegsgefangenenlager, welches zwei verschiedene Kategorien von Kriegsgefangenen aufweist<wies>6: a) Rekonvalescenten (am 8. Juli 1916: 400); b) Arbeiter, 900 an der Zahl, die sich auf
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32 verschiedene landwirtschaftliche Kommandos verteilten. Die Schlafsäle der Rekonvalescenten ließen bezüglich des Raumes zu wünschen übrig; ebenso der Platz, der zum spazieren und spielen bestimmt war. Die Nahrung zumal auf dem Lande war gut, ja oft reichlich. Der Gesundheitszustand der Arbeiter war gut; auch die Rekonvalescenten hatten sich recht gut erholt. Das Lagerkommando sowohl wie die Grundbesitzer der Umgegend sprachen sich sehr anerkennend über die Leistungen der deutschen landwirtschaftlichen Arbeiter-Abteilungen aus. Die Behandlung der Kriegsgefangenen war gut. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst in einer sehr anständigen Notkapelle. Beichtgelegenheit durch Herrn Chanoine Mério.
8. Rouen. Grand-Aulnay. (8. Juli 1916.).
Kriegsgefangenenlager in einer Domäne an der Seine eingerichtet, welche einst im Besitz von Richard Löwenherz gewesen sein soll. Bestand am 8. Juli 1916: 540 Mann. Die Kriegsgefangenen sind in Scheunen untergebracht, welche hinsichtlich Raum und Licht zu wünschen übrig ließen. Ich verlangte die Anbringung von Dachluken, um den Kriegsgefangenen das Lesen und Schreiben in den Scheunen zu ermöglichen. Die Kost war nicht zu beanstanden, der Gesundheitszustand befriedigend. Die Hafenarbeiten wurden auch hier am Sonntage betrieben, so dass der regelmäßige sonntägliche Gottesdienst oft sehr darunter litt.
9. Rouen. Quai-de-France (9. Juli 1916.).
Ein im Entstehen begriffenes Kriegsgefangenenlager aus Baracken bestehend, die sich hinsichtlich Raum vorteilhaft von denen von Levasseur unterschieden. Die Nahrung war gut, besonders schmeckte mir das Brot vortrefflich. Die Wasch- u. Doucheneinrichtungen wurden zur Zeit, als ich dort weilte, installiert, ebenso das elektrische Licht. Die Behandlung der Kriegsgefangenen von Seiten des Lagerkommandanten, Hauptmann Richard, war eine sehr noble, was die Gefangenen gerne aner-
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kannten. Hafenarbeit. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst u. Pastoration durch Herrn Chanoine Mério bzw. dessen Stellvertreter.
10. Le Hâvre. Hospice général (15. Juli 1916.).
Stadtspital, wo die deutschen kranken Soldaten der Lager von Hâvre und Umgebung untergebracht werden. Am 15. Juli 1916 waren es ihrer ungefähr 50, die, in großen, schönen Sälen, der Gegenstand der sorgsamsten Pflege waren. Sie drückten sich daher mir gegenüber über Kost und Behandlung sehr befriedigt aus. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochwürdigen Herrn Spitalpfarrer Abbé Vigneux.
11. Le Hâvre. Les Abattoirs. (16. Juli 1916.).
Kriegsgefangenenlager im ehemaligen städtischen Schlachthause untergebracht. Bestand 2.400 Hafenarbeiter, die sich über die zu lange Dauer der Arbeit beklagten. Die Baracken, Kost u. Behandlung sind <nicht>7 zu beanstanden. Der sonntägliche Gottesdienst durch den Hochw. Herrn Abbé Toumire versehen, fand bis zu meiner Ankunft in einer nach allen Seiten hin offenen Markthalle statt. Da ich dies für ungeziemend u. unpraktisch hielt, verlangte ich ein passenderes Lokal, das sich im Krankenhause des Lagers fand.
12. Le Hâvre. Sandouville. (17. Juli 1916.).
Arbeitskommando von 80-90 Kriegsgefangenen, die in einem Steinbruch beschäftigt sind. Die Baracken waren nicht zu beanstanden. Die reglementäre Kost ließ bezüglich der schlechten Qualität der Kartoffeln zu wünschen übrig. Da ich keine Doucheneinrichtung vorfand, bat ich den französischen Lagerführer, er möchte seinen Gefangenen sonntags eine Badegelegenheit verschaffen. Der Gesundheitszustand war gut. Ebenso die Behandlung. In Ermangelung eines sonntäglichen Gottesdienstes verlangte ich, dass man sonntags die Katholiken in die benachbarte Pfarrkirche führe. Die Bibliothek wies nur wenige Bücher auf.
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13. Le Hâvre. Le Hode. (17. Juli 1916.).
Landwirtschaftliches Kommando, das zur Zeit meines Besuches 150 deutsche Kriegsgefangene zählte. Die Baracken waren anständig; die Kost ebenfalls bis auf die Kartoffeln, die wie man mir französischerseits versicherte, bald durch neue ersetzt werden sollten. Der Gesundheitszustand war gut. In Ermangelung einer Doucheneinrichtung verlangte ich, dass den Gefangenen Badegelegenheit im benachbarten Kanal verschafft würde. Den sonntäglichen Gottesdienst hielt aus freien Stücken der ausgezeichnete Abbé de Gernning<Germiny>8, der sich mit Recht über das unduldsame Gebaren gewisser deutscher Kriegsgefangener beklagte, die ihre katholischen Waffengenossen vom Besuche der hl. Messe fernzuhalten versuchten. Ich suchte durch einen scharfen Verweis an die Adresse der Delinquenten in Sachen Wandel zu schaffen.
14. Honfleur (19. Juli 1916.).
Arbeitskommando von 170 deutschen Kriegsgefangenen, die mit Hafenarbeiten beschäftigt wurden <waren>9.Die Klagen der Gefangenen über Unterkunft, Mangel an Wasch- und Badegelegenheit wurden von der Militärdirektion in Rouen als richtig befunden und gründliche Remedur in Aussicht gestellt. Die Kost war gut. Eine Kantine fand sich nicht vor. Statt derselben wurde den Kriegsgefangenen Gelegenheit geboten durch einen ihrer Waffengenossen einmal wöchentlich Einkäufe in der Stadt machen zu können. Wie in andern Seehäfen wurde auch hier Sonntag vormittags meistens gearbeitet. Erst seit zwei Monaten war der Sonntagnachmittag frei. Katholischer Gottesdienst wurde damals in Honfleur nur ab und zu gehalten.
15. Trouville. (20. Juli 1916.)
Arbeitskommando, das am 20. Juli 1916 80 deutsche Kriegsgefangene zählte, welche in einem großen Schuppen, nahe dem Bahnhofe untergebracht waren, worüber sich indessen die Insassen nicht beklagten, da sie genügend Raum und Licht hatten.
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Die Kost war nicht zu beanstanden. Der Gesundheitszustand war gut. Eine Doucheneinrichtung war im Entstehen begriffen. Über die Behandlung und die Arbeit wurde im Allgemeinen nicht geklagt. Am Sonntag wurde nicht gearbeitet. Ich musste leider das Fehlen des sonntäglichen Gottesdienstes für die Katholiken konstatieren; ich setzte mich indessen mit Hochw. Herrn Chanoine Mério bezüglich der Pastoration in Trouville ins Einverständnis.
16. Oissel. (21. Juli 1916.).
Arbeitskommando von deutschen Kriegsgefangenen, welche am Bau einer Eisenbahn arbeiteten. Die Baracken neuester Konstruktion stellten einen merklichen Fortschritt, hinsichtlich des Raumes und der inneren Einrichtung dar. Die Kost war gut und bot angenehme Abwechslung dank einem Gemüsegarten, welchen die Kriegsgefangenen in der Nähe der Baracken anlegen und pflegen durften. Die Kantine, deren Verproviantierung und Verwaltung in den Händen der Kriegsgefangenen lag, war gut versehen. Dieses System der Selbstverwaltung der Kantine hat sich fast überall gut bewährt, wo es eingeführt wurde. Daher befürwortete ich höheren Ortes die Verallgemeinerung dieser Einrichtung. Der Gesundheitszustand war befriedigend; die paar Kranken waren gut gepflegt. Über den Mangel an Douchen und an Säcken, als Schutz gegen den Regen wurde mit Recht geklagt. Auf meine Reklamation hin versprach der sonst gerechte und beliebte Lagerkommandant baldigste Abhilfe. Zur Zeit meines Besuches wurde in Oissel am Sonntag nur ab und zu die hl. Messe gelesen. Hochw. Herr Chanoine Mério hat sich aber bereits mit der Frage der Einrichtung eines regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienstes befasst.
17. Caen. Caserne Lefèvre. (23. Juli 1916.)
Kriegsgefangenenlager in einer Kaserne untergebracht. Bestand: 300 Mann, von denen 200 innerhalb der Kaserne allerlei Reparaturarbeiten besorgen mussten. Diejenigen, welche ausser-
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halb der Kaserne arbeiten mussten, bekamen zur gewöhnlichen reglementären Kost, welche gut war, außerdem ¼ Liter Most und 100 Gramm Brot zweimal des Tags. Die Kantine war von den Kriegsgefangenen selbst in Regie genommen worden. Die Mehreinnahmen kamen den Unbemittelten zu gut. – Diese Arbeiter trugen zur Regenzeit wasserdichte Kleider. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Es war eine kalte Doucheneinrichtung vorhanden. – Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch einen Vikar von der Pfarrei St. Peter.
18. Caen. Hôpital mixte. (23. Juli 1916.).
Die in diesem Spital untergebrachten kranken Deutschen waren mit der Kost, der ärztlichen Pflege und der Behandlung von Seiten der Krankenwärterinnen, mit einer einzigen Ausnahme, wohl zufrieden und sie durften es sein, da sie in schönen geräumigen Sälen auf guten, mit Federmatratzen versehenen Betten lagen und die gleiche Nahrung, wie die französischen Kranken erhielten. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Spitalpfarrer. Die Beichten der deutschen Katholiken nahm ein belgischer Priester entgegen.
19. Granville. Dépôt de la Corderie. (25. Juli 1916.).
Zivilinterniertenlager in einer ehemaligen Seilfabrik untergebracht. Bestand am 25. Juli 1916: 240 Männer deutscher und österreichisch-ungarischer Herkunft. Die Unterkunftsräume waren hier sehr mangelhaft, da sich das langhingestreckte, einstöckige Haus nur schwer als Wohnung einrichten ließ. Die Kost war gut. Die Kantine war von den Internierten selber in Betrieb genommen worden. Es wurde daselbst alles zu Selbstkostenpreis verkauft. Finanziell standen die Internierten von Granville verhältnismäßig sehr gut, da sie bei der Hafenarbeit (Ausladen von Schiffen) bis 6 Fr. per Tag verdienen konnten. Da zur Zeit meines Besuches noch kein katholischer Gottesdienst an Sonntagen gehalten wurde, betraute ich damit den französischen Sekretär des Lagerkommandos Herrn Abbé Enner<v>eux10, der sich hierzu bereit erklärte.
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20. Ile de Chausey (26. Juli 1916.).
Zivilinterniertenlager für Männer allein in der Festung der Insel untergebracht. Die Kasematten, die als Unterkunftsräume dienten sind <waren>11 zweckentsprechend eingerichtet worden. Eines der beiden Schlaflokale schien mir etwas überfüllt; das andere war nicht zu beanstanden. Die Kost war gut; das ausgezeichnete Brot wurde in der Festung selbst gebacken. Die Kantine, die mit dem Notwendigsten versehen war, verabreichte auch warme Speisen und wies civile Preise auf. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Der sonntägliche, katholische Gottesdienst fand im geräumigen, sehr anständigen Speisesaal statt und wurde durch den Hochw. Herrn Mauduit gehalten.
21. Vire. (27. Juli 1916.).
Zivilinterniertenlager, das zur Zeit meines Besuches 125 Personen beiderlei Geschlechtes zählte (37 Männer, 55 Frauen u. 33 Kinder), wovon 95 deutscher, 23 österreichisch-ungarischer und 4 bulgarischer Abstammung waren. – Das Lager ist im ehemaligen Knabenseminar untergebracht, wo im Allgemeinen genügend Raum vorhanden ist. Die Kost war gut und bot, dank dem Vorhandensein eines eigenen Hühnerhofes sowie eines von den Internierten selbst bebauten, großen Gemüsegartens, ziemlich reiche Abwechslung. Es bestand eine eigene Kinderküche. Statt einer Kantine hatten die Internierten Gelegenheit Einkäufe bei Händlern aus der Stadt zu machen, welche sich zweimal in der Woche ins Seminar verfügten. Der Gesundheitszustand war zur Zeit meines Besuches ein sehr befriedigender. Die Gegenwart von Frauen (und das gilt auch für andere Lager) erklärt sich aus dem Umstande, dass es entweder Französinnen waren, die ihre deutschen bzw. österreichischen Männer nicht verlassen wollten, oder auch Reichsdeutsche, die schon lange in Frankreich ansässig waren und daher nicht mehr nach Deutschland gehen wollten, wo sie doch Niemanden mehr kannten. Es bestand
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kein katholischer, sonntäglicher Gottesdienst in Vire, da der Ortspfarrer, infolge des französischen Militärgesetzes nicht einmal für die Bedürfnisse der Pfarrei aufkommen konnte. Er erklärte sich jedoch gerne bereit, den Personen, die ihn darum angehen würden, die hl. Sakramente zu spenden.
22. Coutances. Hôpital complémentaire. (28.-30. Juli 1916).
Das Hôpital complémentaire N. 49, im ehemaligen Priesterseminar untergebracht, beherbergte 500 kranke deutsche Kriegsgefangene; daneben befand sich noch eine Filiale im Knabengymnasium mit 100 deutschen Kriegsgefangenen. Das Spital zu Coutances gehört zu den schönsten und besteingerichteten, die ich in Frankreich gesehen habe. Die Kranken, meist Verwundete lagen in geräumigen, gut gelüfteten Sälen. Die Kost war ausgezeichnet. Der Speisezettel für den 28. Juli war z. B. folgendermaßen zusammengesetzt: Mittags: eine gute Fleischbrühe, ein Stück Rindfleisch u. Kartoffeln mit Butter; Abends: Gute Suppe, zwei gesottene Eier pro Mann und grüne Bohnen. Es herrschte unter den deutschen Kranken nur eine Stimme des Lobes über die Behandlung und die ärztliche Pflege von Seiten des Sanitätspersonals. Die Pastoration im Spital, wo sonntäglich in der großen Kapelle die hl. Messe gelesen wurde, besorgte der überaus eifrige Domvikar Abbé Huet, dem ein belgischer Priester zur Seite stand, der sich besonders der kranken deutschen Kriegsgefangenen im Knabengymnasium annahm.
23. Ile de Tati h ou . (31. Juli 1916.).
Zivilgefangenenlager, mehrheitlich aus österreichisch-ungarischen Staatsangehörigen bestehend, die auf drei verschiedene Teile der Insel verteilt waren, nämlich a) auf den Meierhof, b) auf die Festung u. c) auf das Inselchen, das zur Zeit der Ebbe mit der Insel verbunden ist. Gesamtbestand: 147 Mann, wovon 80 Österreicher. Die Wohnungsverhältnisse waren auf dem Meierhofe gut, in der Festung leidlich, ganz miserabel indessen auf dem Inselchen, wo die armen Zivilinternierten
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(24 Österreicher und 7 Deutsche) in einer kerkerartigen Kasematte untergebracht waren. Auf meinen energischen Protest hin wurde kurz nach meinem Besuche das Lager auf dem Inselchen aufgehoben. Die Kost Tatihou ließ bezüglich der Quantität wie der Qualität zu wünschen übrig. Die Pastoration dieser Zivilinternierten besorgte der Hochw. Herr Lazarist Stienon, der obwohl zur französischen Provinz der Lazaristen gehörend, wegen seiner deutschen Abstammung interniert war. Er las täglich in einem, in eine Kapelle umgewandelten Zimmer die hl. Messe, der die katholischen Internierten beiwohnen konnten.
24. Cherbourg. (1. August 1916.) Arsenal maritime.
Kriegsgefangenenlager innerhalb der Ringmauern des Marinearsenals untergebracht. Bestand am 1. August 1916: 270 Mann. Die Unterkunft in diesem Lager, welches indessen nur provisorischen Charakter hatte, und seither verlegt worden ist, ließ wirklich zu wünschen übrig. Die Kost im Lager war nicht zu beanstanden. Die Arbeiter, die auswärts beschäftigt wurden, beklagten sich mit Recht darüber, dass man ihnen ein kaltes Mittagessen verabreichte; ich bestand darauf, dass man ihnen unbedingt etwas Warmes gebe. Was mir an der Bekleidung unangenehm auffiel war die Beschuhung, die viel zu wünschen übrig ließ. Das Lagergeld (Papiergeld), das man den Kriegsgefangenen an Stelle des abgenommenen Kursgeldes versprochen hatte, ließ zu lange auf sich warten. Es wurde zuweilen auch etwas willkürlich bestraft. Den sonntäglichen Gottesdienst hielt ein mobilisierter Priester, Hochw. Herr Abbé Lemonnier.
25. Cherbourg. Fort du Roule. (1. August 1916.)
Arbeitskommando von 100 Mann in der gleichnamigen Festung untergebracht. Die Leute mussten tagsüber im Hafen arbeiten, wo sie im Gegensatz zu ihren Waffengenossen im Arsenal keinen Imbiss zwischen den Hauptmahlzeiten erhielten. Es war indessen eine Kantine vorhanden. – Ich fand daselbst keine Spur einer Badeeinrichtung; das Lagerkommando stellte indessen auf mein
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Verlangen hin eine solche (Douchen) in Aussicht. Die Kriegsgefangenen beklagten sich darüber, dass man ihnen zuweilen den Arbeitslohn zu lange vorenthalte. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Bezüglich des sonntäglichen Gottesdienstes wurde mir, entgegen der Behauptung der Interessenten, dass ihnen keine Möglichkeit geboten sei, ihren religiösen Pflichten nachzukommen, versichert, dass dieselben sich geweigert hätten, der hl. Messe in der benachbarten Kirche du Roule beizuwohnen. Ich suchte, sie dazu zu bewegen.
26. Cherbourg. Carrières de l'Ouest. (1. August 1916.).
Arbeitskommando von 140 Mann deutscher Kriegsgefangener, die in einem drei Kilometer von Cherbourg entfernten Steinbruch beschäftigt waren. Die Baracken wiesen den großen Mangel auf, dass sie infolge Mangels <Fehlens>12 einer Fensterreihe, die man sicherheitshalber nicht angebracht hatte, oder nicht anbringen wollte, viel zu wenig erhellt waren. Die Kost war nicht zu beanstanden; die Leute bekamen zudem einen Morgen- und Vesperimbiss. Die Doucheneinrichtung, die bei meinem Besuche zufällig zum ersten Male funktionierte, wäre, angesichts der Strenge der Arbeit und der großen Hitze, schon lange ein dringendes Bedürfnis gewesen. Trotzdem war der Gesundheitszustand ein sehr befriedigender. Bei der Arbeit wurde zuweilen auf die Fähigkeit des einzelnen zu wenig Rücksicht genommen. Der sonntägliche Gottesdienst war zur Zeit meines Besuches noch nicht eingerichtet. Ich sprach indessen zu Cherbourg mit dem Hochw. Herrn Pfarrer der Pfarrkirche zur hl. Dreifaltigkeit, der mir Abhilfe in Aussicht stellte.
27. Orléans. Dépôt de la gare. (5.-6. August 1916.).
Stammlager von deutschen Kriegsgefangenen von 150-200 Mann; Gesamtbestand (einschließlich der Arbeitskommandos): 4.000 Mann. Die Wohneinrichtungen des Stammlagers von Orléans gehören zu den besten, die ich in Frankreich gesehen [sic]. Die Kost war recht gut; so bekamen die Kriegsgefangenen am 6. August zum Mittagessen eine kräftige Suppe mit Kohl, Reis und Kartoffeln
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und eine Portion Bohnen, die mit Öl und Essig zubereitet waren. Da die Privatunternehmer den von ihnen beschäftigten Kriegsgefangenen einen Morgen- und Vesperimbiss gewährten, verlangte ich dasselbe von der Staatsbahn und der Orléansbahn für die von ihnen beschäftigten Gefangenen. – Die Kantine ist gut versehen und weist civile Preise auf. – Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen von Orléans, den ausgezeichneten Abbé Joseph Lemoine, dem der Dank der deutschen Katholiken gebührt.
28. Orléans. Hôpital temporaire N. 39 (6. August 1916.).
In einem ehemaligen Collegium untergebrachtes <Spital>13 wo die deutschen Kranken den oberen Teil desselben besetzt haben. Es stand ihnen ein schattiger Garten zur Verfügung, der sich als eine wahre Wohltat für sie erwies, da die meisten unter ihnen als Verwundete direkt von der Front hierher gebracht worden waren. Die Pflege war gut; die Kost ausgezeichnet. Zur Zeit meines Besuches war der Gesundheitszustand relativ sehr befriedigend. Die Pastoration der Kriegsgefangenen hatte Hochw. Herr Abbé Recht, ein mobilisierter Priester, freiwillig übernommen. Obwohl die ehemalige Studentenkapelle des Collegiums noch vorhanden war, wurde dennoch am Sonntag keine hl. Messe darin gelesen. Ich wurde bei der kompetenten Militärbehörde von Orléans behufs Änderung dieses bedauernswerten Zustandes vorstellig.
29. Nevers. Usine de D ec ize. (13. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager in einem alten Fabrikgebäude untergebracht. Die Wohnungsverhältnisse ließen zur Zeit meines Besuches zu wünschen übrig. Ich fand keinerlei Doucheneinrichtung vor; man versprach indessen solche zu installieren. Der Mangel an Reinlichkeit machte einen peinlichen Eindruck. Auch klagten die Kriegsgefangenen viel über Ungeziefer. Die Kost war nicht zu beanstanden. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Spiritual der Kriegsgefangenen, Hochw. Abbé Suynot, Professor am Priesterseminar.
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30. Nevers. Hôpital N. 14. (13. August 1916.).
Provisorisches Spital in einer ehemaligen Studienanstalt eingerichtet mit einigen kranken deutschen Kriegsgefangenen, die in großen Schlafsälen lagen. Die Kriegsgefangenen waren mit Unterkunft, Kost, Pflege und Behandlung zufrieden. Den katholischen Gottesdienst besorgte der Hochw. Herr Abbé Joseph Girard.
31. Nevers. Hôpital N. 26. (13. August 1916.).
Dasselbe beherbergte am 13. August 1916 etwa 100 deutsche Kriegsgefangene, darunter einige Offiziere, die mit allem wohl zufrieden waren. Ihre Pastoration lag in den Händen des hochverdienten Abbé Pautigny, Direktor des Collège St. Cyr.
32. Nevers. Hôpital N. 25. (14. August 1916.).
Das Spital war in dem bekannten Kloster der Schwestern von Nevers (wo Bernadette von Lourdes lebte und starb) untergebracht, welche die Pflege der 80 dort liegenden kranken deutschen Kriegsgefangenen zu deren größten Zufriedenheit übernommen hatten. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den ehrwürdigen Klosterbeichtiger Hochw. Herrn Abbé Merle. Die eigentliche Pastoration liegt in den Händen des Abbé Pautigny.
33. Moulins. Ancien Grand Séminaire. (15. August 1916.).
Offiziersgefangenenlager im ehemaligen Priesterseminar untergebracht, wo ich die Mehrzahl der in dem seither aufgehobenen Lager der Festung Fougères im Januar 1915 getroffenen deutschen Offiziere wiederfand. Sie waren mit den im Entstehen begriffenen Einrichtungen des Lagers zufrieden. Den sonntäglichen Gottesdienst versah der Hochw. Abbé Beaumont, Professor am freien Gymnasium zu Moulins, der zugleich die Pastoration der Soldaten unter sich hatte.
34. Moulins. (15. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager innerhalb der Einfriedungsmauer des Priesterseminars und in unmittelbarer Nähe des Offiziersgefangenenlagers untergebracht. Bestand: 350 Mann. Dieses Lager machte trotz seines provisorischen Charakters (es wurde später
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verlegt) einen guten Eindruck auf mich. Ich hatte dort Gelegenheit, zweimal Gottesdienst zu halten, zuerst für die Soldaten und hernach für die Offiziere. – Die Kost im Lager war nicht zu beanstanden.
35. Montluç o n. (16. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager von 150 deutschen Soldaten (16. August 1917 [sic]), die im Stadt-Seulesse [sic] interniert sind und dort arbeiten. Zum Stammlager Montluçon indessen gehörten mehrere Arbeitskommandos mit einem Totalbestande von 1.910 Mann. Die Wohneinrichtungen von Montluçon machten auf mich wegen der Reinlichkeit und der schönen Ordnung, die überall herrschten, den allerbesten Eindruck. Die Kriegsgefangenen sprachen sich über Kost, Arbeit und Behandlung sehr anerkennend aus. Dies war ein Hauptverdienst des vortrefflichen Lagerkommandanten Hauptmann Poignant, der seinerseits mit dem Benehmen der Kriegsgefangenen sehr zufrieden war. Der Gesundheitszustand war vortrefflich. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch einen Geistlichen aus der Stadt, der in einem zu einer anständigen Kapelle eingerichteten Zimmer des Schlosses celebrierte.
36. Dijon. Hôpital général. (17. August 1916.)
In diesem großen Stadtspital waren zur Zeit meines Besuches etwa 20 deutsche Kriegsgefangene in Pflege, die in jeder Beziehung gut war. Die Katholiken konnten dem sonntäglichen Gottesdienst in der Spitalkapelle beiwohnen.
37. Dijon. Détachement Ste. Chantal. (18. August 1916.).
Arbeitskommando von 60 deutschen Kriegsgefangenen, die in sehr primitiven Wohnungen untergebracht waren, worüber sie sich mit Recht beklagten. Als Doucheneinrichtung diente ein Fass, dem die Kriegsgefangenen Wasser zutragen mussten u. welches alsdann seinen Inhalt über den darunter Stehenden ergoss!! Ich verlangte sofortige Abhilfe, die zugesagt wurde u. die umso notwendiger war, als die Arbeit, welche die Kriegsgefangenen verrichten mussten, eine häufige Körperreinigung erheischte.
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38. Dijon. Détachement de la Ferme de la Loge. (près Citeaux) (19. August 1916.)
Arbeitskommando von 280 deutschen Kriegsgefangenen, die in einem nahe dem berühmten Kloster Citeaux gelegenen Walde arbeiteten. Der Eindruck, den dieses Kommando im Allgemeinen auf mich machte, war kein günstiger. Die Wohneinrichtungen waren mangelhaft; der Gesundheitszustand, infolge Genusses von minderwertigem Brote, wenn nicht bedenklich, so doch wenig befriedigend. Die Leute klagten über die zu seltenen Besuche des Arztes, sowie über schlechte Behandlung von Seiten gewisser wachhabenden französischen Soldaten. Die Dauer der sehr strengen Arbeit war übertrieben. Die Beschuhung der Kriegsgefangenen war mangelhaft. Die Katholiken wurden sonntags in die benachbarte Klosterkirche von Citeaux geführt, wo der Hochw. P. Mauritius die hl. Messe für sie las.
39. Dijon . Fort de Varois. (19. August 1916).
Kriegsgefangenenlager in der gleichnamigen Festung. Die Wohneinrichtungen ließen hinsichtlich des Raumes zu wünschen übrig. Die deutschen Kriegsgefangenen beklagten sich indessen nicht darüber, da sie sonst mit allem andern: Kost, Postdienst, Behandlung sehr zufrieden waren, was dem vortrefflichen Lagerkommandanten, Hauptmann Damidot zur Ehre gereichte. Da das soeben erwähnte Arbeitskommando La Loge (N. 38) von Varois abhing, benutzte ich die Gelegenheit, um Hauptmann Damidot auf die großen Mängel jenes Kommandos aufmerksam zu machen und Abhilfe zu verlangen, was mir zugesichert wurde. – Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst und Pastoration durch den Hochw. Herrn Abbé Knobloch, einen mobilisierten Priester.
40. Dijon. Fort de Sennecey. (20. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der Festung gleichen Namens, wo die Verhältnisse (Wohnung, Kost, Arbeit, Behandlung) gleich lagen wie in Varois. Daher war die Zufriedenheit allgemein. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochw. Abbé Coquillon.
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41. Dijon. Fort de Lamotte-Giron. (20. August 1916.).
Offiziersgefangenenlager in der gleichnamigen Festung dürftig untergebracht. Die gefangenen deutschen Offiziere klagten besonders über die Kost und dies nicht mit Unrecht, da dieselbe von einer französischen Soldatenwitwe zubereitet wurde, welche ihrer Aufgabe nicht gewachsen war. Ich verlangte ihre Ersetzung durch eine Berufsköchin. Auch ließ der ärztliche Dienst noch zu wünschen übrig.
42. Tours. Dépôt du Petit-Beaum o nt. (26. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager, welches mit seiner Filiale (siehe N. 43) einen Bestand von 2.157 Mann aufwies, während die Gesamtzahl der in der IX. Region (Tours) befindlichen deutschen Gefangenen in 200 landwirtschaftlichen Kommandos 5.224 Mann betrug. Das Lager zu Petit-Beaumont besteht aus wohnlichen Baracken. Die Kantine war gut versehen und hatte zivile Preise. Die Kost war im Allgemeinen gut bis auf das Schwarzbrot, welches zu wenig gut verarbeitet war, so dass bereits mehrere Kriegsgefangene infolge Genusses davon unpässlich geworden waren. Die Schuld daran traf die mit der Zubereitung dieses Brotes betrauten Bäcker der Stadt, die sich nicht auf das Backen von Schwarzbrot verstanden. Auf meine Vorstellungen hin erklärte mir der wackere französische Lagerkommandant, dass er bei der französischen Militärintendantur bereits Schritte zur Abhilfe des Übelstandes, den sie <er>14 ehrlich anerkannten, getan hätten, die wie ich weiß mit Erfolg gekrönt waren. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst und Pastoration durch den überaus eifrigen Spiritual der Kriegsgefangenenlager von Tours, Hochw. Herrn P. Tennesson S. J.
43. Tours. Détachement de la gare Paris-Orléans. (27. Aug. 1916.).
Arbeitskommando von Petit-Beaumont abhängig, mit einem Bestand von 107 Mann. Die deutschen Kriegsgefangenen dieses Kommandos werden zu Bahnhofsarbeiten herangezogen. Ihr Lager machte einen etwas peinlichen Eindruck. Die Baracken waren
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überfüllt und boten kaum Raum für die Aufbewahrung der Effekten. Das Stroh der Matratzen wurde lange nicht erneuert. Die Betten waren meistens nur mit einer Decke (statt mit einen 15 zwei) versehen. Die Wascheinrichtungen ließen zu wünschen übrig. Die Kost war nicht zu beanstanden. – Da P. Tennesson sich in die Unmöglichkeit versetzt gesehen hatte, eine Sonntagsmesse im Dépôt zu lesen, hielt er meistens einen Nachmittagsgottesdienst mit Predigt und Liedern.
44. Tours. Hôpital général. (27. August 1916.).
Entgegen der allgemeinen Regel klagten die kranken deutschen Kriegsgefangenen in diesem Spital ziemlich über alles; und wenngleich ihre Beschwerden vielfach, wie ich mich selber überzeugen konnte, stark übertrieben waren, entbehrten sie doch nicht jeglichen Grundes. Den Katholiken wurde keine Gelegenheit geboten ihre Sonntagspflicht zu erfüllen. – Ich ward bezüglich dieses, übrigens ganz laicisierten Spitals, in Tours und Paris vorstellig und hoffe, dass sich die Verhältnisse seither gebessert haben werden.
45. Vierzon. (28. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der Nähe des Bahnhofes eingerichtet, das mir einen sehr guten Eindruck machte. Die Kriegsgefangenen waren übrigens mit allem (Wohnung, Kost, Arbeit) zufrieden. Die noble Behandlung von Seiten des Lagerkommandanten Lieutenant Coquet wird viel dazu beigetragen haben. Angesichts der geringen Zahl der Priester am Orte, konnte für die wenigen Katholiken im Lager kein sonntäglicher Gottesdienst gehalten werden.
46. Isso udun. (28. August 1916.).
Kriegsgefangenenlager in einer Kaserne eingerichtet, wo die Gefangenen der Holzschuhfabrikation oblagen. Bestand 379 Mann. Dieses Lager gehörte zu den besteingerichteten, die ich in Frankreich gesehen [sic]. Schöne, geräumige Schlafsäle; Doucheneinrichtungen. Sehr anständige W. C. In der großen Küche wird eine
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gute Kost zubereitet, die am Abend des 28. August in einer kräftigen Reissuppe mit Käse und Brot bestand. Eigene Metzgerei im Hause. Bibliothek mit Lesezimmer. Der Gesundheitszustand gut. Wöchentlicher Spaziergang außerhalb des Ortes in Gruppen von 150 Mann. Der Krankendienst ist vorzüglich bestellt. Wie Eingangs bemerkt worden ist, besteht die Hauptbeschäftigung der Kriegsgefangenen in der Fabrikation von Holzschuhen, die teilweise an Kriegsgefangene abgegeben werden. Der sonntägliche Gottesdienst wurde alle 14 Tage im Ehrensaal der Kaserne abgehalten. Ich veranlasste den vortrefflichen Lagerkommandanten Hauptmann Goblat zu gestatten, dass künftighin die hl. Messe alle Sonntage im Saale gelesen werde.47. Isso udun. Hôspital mixte. (28. August 1916.).
Stadt- und Militärspital, wo ich eine Anzahl deutscher Kriegsgefangener antraf, die mit Unterkunft, Kost, Behandlung und Pflege zufrieden waren. Angesichts der geringen Anzahl der Katholiken und des herrschenden Priestermangels wurde im Spital kein Sonntagsgottesdienst gehalten; im Notfall wurde der Spiritual des Kriegsgefangenenlagers gerufen.
48. Châteaur o ux. (29. August 1916.)
Stammlager von deutschen Kriegsgefangenen mit 40 landwirtschaftlichen Kommandos. Das Lager von Châteauroux ist in einer Domäne eingerichtet, wo große Scheunen und Remisen den Kriegsgefangenen als Wohnstätte dienen. Die Beleuchtung war demnach sehr mangelhaft. Die Kost war dem Reglement entsprechend; jedoch ließ das Abendessen öfters zu wünschen übrig. Die meisten Gefangenen lagen Maurer- und Gartenarbeiten ob. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Sie konnten in der naheliegenden Kaserne des 90. Infanterieregiments Douchen nehmen, was jedoch nur selten gestattet wurde. – Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochw. Herrn Abbé Durant, einen mobilisierten Priester.
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49. Châteaureux. Hô pital mixte. (28. August 1916.)
Kleines Spital mit ungefähr 30 deutschen Kriegsgefangenen (29. August 1916.), die mit Kost, Logis, Behandlung und Pflege zufrieden waren.
50. Mas-Eloi bei Limo ges. (30. August 1916.).
Rekonvalescentenlager von 237 (30. VIII. 1916.) deutschen Kriegsgefangenen, die in einem großen Meierhofe gut untergebracht, mit Kost, Behandlung und Pflege zufrieden waren. Das Lager zählt zwei Kantinen und gut eingerichtete Douchen. – Der tägliche Gottesdienst für die 60 Katholiken, die damals in Mas-Eloi waren, wi<u>rd<e>16 durch den Hochw. Abbé Michoulier besorgt, dem ein sehr anständiges Betlokal zur Verfügung steht<and>17.br/>51. Mas-Elo i (30. August 1916.).
Kleine Gruppe von rekonvaleszenten deutschen Offizieren, die in einem besonderen Hause untergebracht waren, wo man ihnen gute Pflege und Behandlung angedeihen ließ. Sie klagten indessen mit Recht über den zu kleinen Spielraum, der ihnen außerhalb des Hauses als Spazierplatz angewiesen war. Ich verlangte für sie größere Bewegungsfreiheit, die vom vortrefflichen Kommandanten des ganzen Lagers Mas-Eloi, Herrn Lieutenant Lagnier zugesichert wurde.
52. Poitiers. Caserne de la Chauveno rie. (31. Aug. 1916.)
Stammlager von deutschen Kriegsgefangenen mit einem Bestand von 976 Mann, wovon 450 auf das Lager selber und 496 auf die Arbeitskommandos entfallen. Die Einrichtungen dieses Lagers waren nicht zu beanstanden. Die Kost war befriedigend, die Kantine gut versehen. Das für die Küche nötige Wasser entnahm man einem eigenen, in der Mitte des Lagers erstellten Reservoir. Gute Doucheneinrichtungen. Bezüglich der Arbeit beklagten sich die Kriegsgefangenen über die schlechte Verteilung derselben, was für viele eine Überbürdung war und für die Katholiken die Folge hatte, dass sie dem sonntäglichen Gottesdienste, der von Abbé Tixier in einer eigens erbauten
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und von einem Kriegsgefangenen schön bemalten Kapelle stattfand, vielfach nicht beiwohnen konnten. Ich drang beim Kommandanten darauf, dass die Kriegsgefangenen ihren, durch das Reglement vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhetag bekämen, was man nach Möglichkeit zu beobachten versprach.
53. Poi tiers. Hôpital militaire. (31. August 1916.).
Militärspital, in dem sich nur wenige kranke deutsche Kriegsgefangene vorfanden, die mit allem zufrieden waren.
54. La Rochelle. Hôpital de Collège Fénelon. (31. Aug. 1916.)
Es war zum zweiten Mal, dass ich hier weilte, um einige Kriegsgefangene zu besuchen, die hier krank lagen und die mit allem zufrieden waren. Sie wurden fleißig besucht von einem der Lehrer an der Anstalt, deren Leiter, Hochw. Herr Abbé Pierre de Courten als Spiritual der Deutschen funktionierte.
55. Saintes. (1. September 1916.).
Zivilinterniertenlager im neuen, noch unbenutzten städtischen Schlachthause eingerichtet. Hier traf ich 14 deutsche Missionare aus Kamerun, 7 katholische und 7 protestantische, die unter einem Dache wohnten. Die sieben katholischen gehören der Congregation der Pallottiner an, deren General, Hochwürdigster P. Carl Gisler seit Eintritt Italiens in den Krieg im Stifte Einsiedeln seinen provisorischen Wohnsitz aufgeschlagen hat. Da die Wohnverhältnisse der Missionäre bedeutend geringer waren, als die der übrigen Zivilinternierten beiderlei Geschlechtes, was übrigens der verständige Lagerdirektor wohl einsah, bat ich ihn, für standeswürdige Unterbringung der Geistlichen besorgt sein zu wollen. Den fünf Hochw. Pallottinerpatres (es waren auch zwei Pallottinerbrüder bei ihnen) steht ein Lokal zur Verfügung, wo sie täglich die hl. Messe lesen können. Wohl waltet ein französischer Priester aus der Stadt nominell als Aumônier des Lagers, in Wirklichkeit aber
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sind es die Hochw. Pallottinerpatres, die unter ihren Landleuten als Seelsorger überaus segensreich wirken.
56. Bre ssuire. (3. September 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der großen, mit einem Glasdach gedeckten Markthalle untergebracht. Die darunter gebauten Baracken leiden unter dem Mangel an Luft und Licht, was besonders den Kranken sehr beschwerlich fällt. Ich ersuchte daher den freundlichen Lagerkommandanten, Lieutenant Jean Martin, den Rekonvalescenten (die Schwerkranken lagen im Spital) die Benutzung des an die Halle anstoßenden Gartens während 2-3 Stunden im Tage zu gestatten, was er gerne bewilligte. – Die Kost war nicht zu beanstanden. Die Arbeit bestand für die meisten im Einbinden von Büchern, wozu das Lokal des Jünglingsvereins von Bressuire als Werkstatt diente. Dort wurde auch für die Katholiken jeden Sonntag durch den Abbé Grollier, Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen, die hl. Messe gelesen. Ihm, sowie dem Ortspfarrer Abbé Pouzineau gebührt für ihr freundliches Entgegenkommen der Dank der deutschen Katholiken. Klagen über mangelhaften Postdienst und teilweise Arbeitsüberbürdung wurden von mir dem Kommandanten pflichtgemäß unterbreitet, der auch auf Abhilfe bedacht zu sein versprach.
57. Evreux. (10. September 1916.) Hôpital complémentaire N. 2
Militärspital in einem ehemaligen Knabenseminar untergebracht, wo die 175 kranken deutschen Kriegsgefangenen in jeder Beziehung gut aufgehoben waren, was eine allgemeine Zufriedenheit hervorrief. Die Deutschen rühmten besonders die selbstlose Hingabe des Oberarztes Gombert, der für sie wie ein Vater sorgte und von ihnen hoch geachtet und verehrt wurde. Dem sonntäglichen Gottesdienste, der von ihrem Spiritual Hochw. Abbé Bertin gehalten wurde, wohnten die Kriegsgefangenen in der schönen, gut erhaltenen Spital- bzw. Seminarkapelle bei.
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58. Etampes. (11. Nov. 1916.)
Stammlager von deutschen Kriegsgefangenen, das ich zum zweiten Male, weil nahe bei Paris, hauptsächlich deshalb besuchte, um meines Amtes als Beichtvater und Prediger zu walten, da der wackere Ortspfarrer Abbé Landerault des Deutschen nicht mächtig war. Etampes zählte damals mit seinen Arbeitskommandos und landwirtschaftlichen Abteilungen 4.000 Kriegsgefangene, wovon 137 auf Etampes entfielen. Die Wohnungsverhältnisse (eine alte Mühle) waren dieselben, wie bei meinem ersten Besuche. Es hatten immer noch nicht alles zwei Decken. Die Kost war immer gleich gut. Die Kriegsgefangenen bekamen täglich pro Mann 600 Gramm Brot, 800 Gramm Kartoffeln, 10 Gramm Kaffee und 10 Gramm Zucker, dazu 630 Gramm Fleisch in der Woche. – Der Gesundheitszustand war gut. Die wenigen Kranken waren im Stadtspital untergebracht. Die Behandlung von Seiten der Lagerbehörden war eine humane. Für den sonntäglichen, katholischen Gottesdienst stand den Kriegsgefangenen die Herz-Jesu-Kapelle der Pfarrkirche zum hl. Martin zur Verfügung.
59. Dieppe. Dépôt du Champ de Courses. (18.-19. Nov. 1916).
Kriegsgefangenenlager in der städtischen Rennbahn installiert. Die Gefangenen wohnen teils in den Stallungen, die man zu diesem Zwecke noch leidlich einrichten konnte, teils in eigens erstellten Baracken neuesten Systems, mit genügend Raum und Licht. Auf den Betten lag nur eine wollene Decke, statt der zwei, die sonst fast überall zu sehen waren. Der vortrefflichen Lagerkommandant Lieutenant Cantin versprach Abhilfe. – Die Kost war gut. So bekamen am Abend des 18. Nov. 1916 die Kriegsgefangenen: eine Fleischsuppe (3/4 Liter) mit Einlage (Nudeln) und ein Stück Rindfleisch mit Kartoffeln. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Über die Behandlung u. die Arbeit wurden keine wesentlichen Klagen laut. Den sonntäglichen Gottesdienst hielt auf einem Notaltar der eifrige
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Abbé Delannay, Spiritual des Stadtspitals, wo er sich auch der wenigen kranken deutschen Kriegsgefangenen annahm.
60. Cette . Fort Richelieu (25.-27. Novemb. 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der gleichnamigen Festung untergebracht. Trotz der engen Raumverhältnisse waren die dortigen Kriegsgefangenen mit ihrer Unterkunft zufrieden. Das rührte vielfach von der guten Kost und der humanen Behandlung her, die ihnen der vortreffliche Lagerkommandant Lieutenant Bompar angedeihen ließ. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochw. Herrn Abbé Courdurier, der auch im anderen Lager (Caserne Vauban; siehe folg. N.) als Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen seines Amtes mit Eifer waltete.
61. Cette . Caserne Vauban (25.-27. Nov. 1916).
Kriegsgefangenenlager in der gleichnamigen großen Kaserne untergebracht. Nach Aussage der deutschen Lagerführer sind die Kriegsgefangenen im Allgemeinen mit Wohnung, Kost und Behandlung zufrieden. Sie wünschten indessen eine Erhöhung der Kartoffel-Ration <von 500>18 auf 800 Gramm täglich. Hafenarbeit. Bezüglich des Ruhetages klagten die Kriegsgefangenen darüber, dass derselbe mit allerlei Hausbeschäftigungen derart ausgefüllt sei, dass sie tatsächlich keine eigentliche Ruhe hätten. Ich brachte dem vortrefflichen Lagerkommandanten Lieutenant Jallade dieselbe Klage vor, sowie auch die Beschwerden einzelner, dass man höheren Orts ohne vorhergehendes Verhör Strafen bestätigt habe, die untergeordnete Wachmannschaften willkürlich diktiert hatten. Lieutenant Jallade erklärte sich bereit, die Fälle untersuchen zu lassen und gegebenenfalls gegen solchen Kompetenzmissbrauch einzuschreiten. – Der Pestdienst funktionierte gut. Regelmässiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochw. Abbé Courdurier.
62. Toulouse. Dépôt des Assemptionistes. (2.-5. Dezemb. 1916).
Kriegsgefangenenlager im ehemaligen Assumptionistenkollegium (daher der Name) untergebracht. Dank der vortrefflichen Eigenschaften des Lagerkommandanten
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Major Rigal herrschte im Lager ein sehr guter Geist. Nach Äußerungen der deutschen Lagerführer waren die Kriegsgefangenen willig. Sie arbeiteten an verschiedenen Orten der Stadt, auf Bauplätzen, im Arsenal, am Bahnhof, in der Gasfabrik usw. Bezüglich der Kost klagten die Leute über den Genuss von Pferdefleisch, wozu jedoch zu bemerken ist, dass ein nicht unbedeutender Teil der Bevölkerung von Toulouse ebenfalls nur Pferdefleisch genießt. – Das Lager besitzt ein ausgezeichnetes Orchester von 21 Mann, das am 3. Dezember im ehemaligen Theatersaal des Kollegiums in meiner Gegenwart ein prachtvolles Konzert veranstaltete. – Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch den Hochw. Abbé Burgau. Die Pastoration unter den deutschen Kriegsgefangenen von Toulouse liegt in den Händen des ausgezeichneten Abbé de Supliey, Professor an der katholischen Hochschule.
63. Toulouse. Dépôt du Moulin Dantezae. <(2. Dezember 1916)>19
Kriegsgefangenenlager in einer großen Mühle untergebracht. Wegen des engen Raumes waren die Wohnverhältnisse nicht sehr befriedigend. Die Kriegsgefangenen klagten über die geringe Qualität der Bettdecken und den Mangel einer Schutzhülle gegen den Regen bei der Arbeit. Ich verlangte vom Lagerkommandanten, dass man ihnen beim schlechten Wetter Säcke gebe, was mir zugesichert wurde. Die Kost war dem Reglement entsprechend. Auch hier bekamen die Gefangenen meistens Pferdefleisch, worüber schon in N. 62 berichtet worden ist. Über die Arbeit als solche wurden keine Klagen laut. Die Behandlung war gut, das Lob über den Lagerkommandanten Rigal allgemein. Die Bibliothek beider Lager (Assumptionisten und Dantezae) die unter demselben Kommando von Major Rigal stehen, war gut versehen, jedoch waren Bücher religiösen Inhalts spärlich vorhanden. Ich regte wie überall, so auch hier die Einrichtung einer sog. Lesehalle an, deren Nutzen Major Rigal wohl einsah. Es musste indessen wegen Platzmangel das Projekt fallen gelassen werden.
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64. Toulouse. Dépôt des Carmélites. <(4. Dezember 1916)>20
Offiziersgefangenenlager im ehemaligen Karmelitenkloster mitten in der Stadt installiert. Die Wohnungsverhältnisse waren anständig, nur wünschte man allgemein eine bessere Heizung. Bestand: 210 deutsche Offiziere. Sie klagten weniger über die Kost als über den Cantinier, dem sie einen deutschen Koch und zwei deutsche Gehilfen an die Seite geben wollten. Der Gesundheitszustand war gut; es wurde indessen gerügt, dass die Medikamente aus der Stadt solange auf sich warten la<ie>ßen21.Ich brachte alle diese Beschwerden dem Lagerkommando vor, das sie aufnotierte. Da von den 30 katholischen Offizieren nur einige wenige dem sonntäglichen Gottesdienste, der anfänglich regelmäßig abgehalten wurde, beiwohnten, wurde dieser Gottesdienst eingestellt. Im Notfall wurde Hochw. Abbé Goniès, ein mobilisierter Priester gerufen.
65. Toulouse. Hôpital N.17. (4. Dezember 1916.).
In diesem Spital lagen am 4. Dezember 1916 40 kranke deutsche Kriegsgefangene, die mit Unterkunft, Kost, Behandlung und Pflege zufrieden waren. Letztere wurde ihnen durch den ausgezeichneten Stabsarzt Dr. Michon zu teil. Die Kranken klagten jedoch über mangelhafte Wassereinrichtungen. Katholischer sonntäglicher Gottesdienst wurde im Spital gehalten, wenn katholische kranke Kriegsgefangene vorhanden waren. Hochw. Abbé Hourian las in diesem Falle die hl. Messe. Die Frage des Beerdigungsplatzes für verstorbene deutsche Kriegsgefangene auf dem großen städtischen Friedhofe, die bis zu meiner Ankunft noch keine befriedigende Lösung gefunden, wurde dahin geregelt, dass den Deutschen ein besonderer Platz als Ruhestätte für ihre Verstorbenen eingeräumt wurde.
66. Montauban. Dépôt de l'Usine Doumerque. (10. Dez. 1916.).
Kriegsgefangenenlager in zwei Fabrikgebäuden untergebracht. Bestand (einschließlich einiger Arbeitskommandos): 483 Mann. Die Wohnungsräume waren anständig. Über die Kost wurde nicht geklagt, nur wünschte man eine Erhöhung der Suppenration von
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¾ Liter auf 1 Liter, was vom Lagerkommandanten auf meine Bitten hin bereitwillig gewehrt wurde. Die Krankenzimmer waren anständig. Schöne Doucheinrichtungen. Über die Arbeit und die Behandlung wurden keine wesentlichen Klagen laut. Der sonntägliche Gottesdienst wurde in einem an das Lager anstoßenden Hause gehalten, das den zwei Fräulein Laplagne gehörte.
Letztere hatten auf eigene Kosten ein Zimmer des Hauses in eine sehr anständige Kapelle umwandeln lassen, die sie in Stande hielten und jeden Sonntag für die hl. Messe, welche der eifrige Spiritual des Lagers Hochw. Abbé Arnoul, Professor am freien Gymnasium, gelesen wurde, aufs sorgfältigste aufrüsteten. Dem Fräulein Laplagne gebührt für ihre selbstlose Dienstfertigkeit der Dank der deutschen Katholiken.
67. Montauban. Hôpital mixte. (5. Dezember <16>22 ).
Die 35 kranken deutschen Kriegsgefangenen, die sich in diesem Spital vorfanden, waren mit Unterkunft, Kost, Behandlung und Pflege zufrieden.
68. Pau. Dépôt du Camp d´Aviation. (9. Dezember 1916.).
Kriegsgefangenenlager von 388 Mann, in der Nähe des großen Flugplatzes gelegen. Das Lager weist Baracken neuesten Systems auf, mit sehr guten Inneneinrichtungen: mittlerer Raum mit Tischen und Stühlen besetzt, zwei Öfen in jeder Baracke; Gestelle für Kleider und andere Habseligkeiten; gute Wascheinrichtungen. Überall herrschte eine schöne Ordnung. Die Kost war gut. Die Kriegsgefangenen bekamen täglich 21 Gramm Bohnenkaffee und 15 Gramm Zucker; 900-1.000 Gramm Gemüse (Kartoffeln, Reis, Bohnen usw.), ferner Blutwürste einmal in der Woche. Der Gesundheitszustand war vortrefflich. Die Behandlung von Seiten des trefflichen Lagerkommandanten, Lieutnant Vieu. seiner Untergebenen war gut. Die Arbeit-Erdarbeit. – war leicht und bot zu keinen Klagen Anlass. Auch für Unterhaltung war genügend gesorgt. Das Lager verfügte über eine gut versehene Bibliothek, ein kleines Orchester und einen Spielplatz. Den
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sonntäglichen Gottesdienst versah Hochw. Abbé Aramonde, ein mobilisierter Priester. Auf Weihnachten war ein Domherr aus Pau betreffs Entgegennahme der Beichten der Katholiken erwartet.
69. La-Bastide-St. Pierre. (10. Dezember 1916.).
Zivilinterniertenlager mit Insassen beiderlei Geschlechtes, im ehemaligen Kartäuserinnenkloster gleichen Namens untergebracht. Bestand 197 Personen (155 Männer, 22 Frauen u. 20 Kinder). Der Confession nach gehörten 44 der katholischen, 60 der israelitischen, die übrigen der protestantischen Religion an. Die Wohnungsverhältnisse waren leidlich. Die Ernährung stellte sich per Tag pro Person auf: 660 Gramm Brot, 650 gr. Kartoffel, 60 gr. Bohnen, 60 gr.Erbsen, 20 gr. Zucker zum Morgenkaffee, dazu 800 Gramm Fleisch wöchentlich pro Person.
Denjenigen, die nur 300 gr. Brot täglich aßen, wurde Milch als Ersatz verabreicht. Der Gesundheitszustand war gut; seit 18 Monaten hatte man einen einzigen Todesfall zu verzeichnen. Seit Gründung des Hauses wurde nie am Sonntage Gottesdienst im Hause gehalten. Indessen erklärte sich der Hochw. Ortspfarrer, Abbé Trumel, bereit, unter der Woche eine hl. Messe in der ehemaligen Klosterkapelle zu lesen und die übrige Pastoration auf Verlangen der katholischen Internierten und im Notfalle auszuüben.
70. Carcasso nne. Château de la Cité. (11. Dezember 1916.).
Offiziersgefangenenlager im Schlosse der alten, jetzt noch befestigten Stadt untergebracht. Bestand: 80 deutsche Offiziere. Die Wohnungsräume waren, wie nicht anders zu erwarten, etwas enge und vielfach ungenügend geheizt. Ich verlangte, dass an den Fenstern, die vielfach die Kälte durchließen, eine Verdichtung angebracht würde. Das Lesezimmer war zu klein, es war aber dessen Vergrößerung von dem Lagerkommandanten bereits in Aussicht genommen worden. Gute Nahrung à 2 Fr. per Tag. Sie wurde in verschiedenen aber reinlichen Sälen eingenommen. Der Gesundheitszustand war befriedigend. Alle Tage
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durften die Offiziere außerhalb des Schlosses, auf den Zinnen der Stadtmauern einen Spaziergang machen. Da der innere Schlosshof ziemlich klein war, wünschten die Offiziere, dass ihnen eine größere Terrasse eingeräumt würde, wo sie sich täglich für kurze Zeit<von 10 Uhr Vorm. bis 4 Uhr Nachm.>23 aufhalten könnten, ein Verlangen, das ich beim Lagerkommandanten kräftig unterstützte. Bezeichnend für die Verhältnisse in Carcassonne ist das Zeugnis des kriegsgefangenen deutschen Generals von Pfeil, der sich mir gegenüber und zwar in Abwesenheit der französischen Militärbehörden über das Lager und dessen Einrichtungen zufrieden äußerte. Die 24 deutschen Offiziersburschen waren mit Kost und Behandlung zufrieden. Sie wünschten aber zu der einen Decke ihrer Betten noch eine zweite hinzu, wofür ich beim Lagerkommandanten vorstellig wurde.
71. Castenaudary. Hôpital St. François. (14. Dezember 1916).
Ehemaliges Kapuzinerkloster als Spital eingerichtet. Die kranken deutschen Kriegsgefangenen, die ich dort traf, waren mit Unterkunft, Behandlung, Pflege und Kost zufrieden. Letztere bestand am Abend des 14. Dezember 1916 aus einer Suppe, einer Platte Fleisch mit Gemüse, dazu genügend Brot und 1/5 Liter Wein, der für jene, die Abstinenten waren, durch das gleiche Quantum Milch ersetzt wurde. Hier hatte ich Gelegenheit mit einigen kranken deutschen Offizieren zu sprechen, unter anderem mit dem Herrn Otto von Trauwitz, der sich über die Verhältnisse im Offiziersgefangenenlager zu Meugères <wo er zuvor geweilt>24 zufrieden äußerte. Im Spital St François wird jeden Sonntag katholischer Gottesdienst durch Hochw. Abbé Morel, Vertreter des Spitalpfarrers, gehalten.72. Castres. (15. Dezember 1916.).
Kriegsgefangenenlager (noch im Entstehen begriffen), in unmittelbarer Nähe der Stadt. Bestand 644 Mann, darunter 100 Bulgaren. Die Baracken "System Adriant" waren vielfach mit Ziegeln bedeckt. Die Baracken, die zu allgemeinen Zwecken dienten (Küche, Speisesäle, Bureaux usw.) waren aus Backsteinen
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gebaut. Die Inneneinrichtungen ließen oben, weil das Lager erst im Entstehen begriffen war, noch zu wünschen übrig. Die Kriegsgefangenen beklagten sich über die Kost nicht, nur wünschten sie etwas mehr Abwechslung in Gemüse, was durch die planierte Anlage eines Gemüsegartens verwirklicht werden sollte. Der Gesundheitszustand war gut. Die Klagen über den damaligen französischen Arzt wurden vom Lagerkommandanten als begründet anerkannt, der Remedur versprach. Hingegen waren die Kriegsgefangenen mit der Behandlung von Seiten der wachhabenden Mannschaft zufrieden, ja des Lobes voll, über das Verhalten des französischen Lagerführers. Da das Lager außerhalb der Stadt lag, befürwortete ich beim Kommandanten die Gründung eines deutschen Männerchores. – Den regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienst versah im Lager der Hochw. Abbé Roques, ein daselbst angestellter mobilisierter Priester.
73. Agen. (15. Dezember 1916.)
Kriegsgefangenenlager in einem ehemaligen großen Fabrikgebäude untergebracht. Da die Zahl der Kriegsgefangenen nicht groß war, war genügend Raum vorhanden, so dass die Kriegsgefangenen mit der Unterkunft zufrieden waren. Die Kost war nicht zu beanstanden, nur wünschten die Leute etwas mehr Abwechslung. Die Arbeitsverhältnisse waren befriedigend. Die Behandlung gab im Allgemeinen zu keinen Klagen Anlass; der Lagerkommandant erfreute sich bei den Kriegsgefangenen großer Beliebtheit. Die Bibliothek war gut versehen. Es war auch ein genügendes Lokal zum Lesen und Schreiben vorhanden. – Den regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienst versah im Lager der Hochw. Abbé Tissié, Professor am Knabenseminar von Bon-Encontre, bei Agen.
74. Agen. Hôpital au Petit Lycée. (17. Dezember 1916.).
Provisorisches Spital, wo nur einige wenige deutsche Kriegsgefangenen krank lagen. Sie waren mit Unterkunft, Kost, Behandlung und Pflege zufrieden. Da damals nur vier Katholiken unter den deutschen Kranken sich fanden, wurde dort sonntags kein Gottesdienst gehalten. Im Notfall waltete der Hochw. Abbé Tissié seines Amtes.
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75. Marmande. Dépôt de la Gare. (19. Dezember 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der Nähe des Bahnhofes von Marmande gelegen. Die Verhältnisse in besagtem Lager ließen vielfach zu wünschen übrig; daher die üble Stimmung, die ich bei den Kriegsgefangenen antraf und die teilweise begründet war. Dies rührte vielfach auch von der Qualifikation des Lagerkommandanten her, welcher mich, entgegen den ausdrücklichen Bestimmungen meines vom Kriegsministerium in Paris ausgestellten Erlaubnisscheines, in der Ausübung meiner Mission stark hinderte. Dieses engherzige Benehmen musste mir umso mehr auffallen und meinen Protest in umso höherem Maße hervorrufen, als mir dies sonst höchst selten begegnete.
76. Marmande. Dépôt de l´Usine. (20. Dezember 1916.).
Rekonvaleszentenlager. Bestand: 100 Mann. Sie beschäftigten sich meistens mit Hausarbeiten; einige mit der Fabrikation von Holzschuhen. Sie waren in einem größeren Fabrikraum untergebracht, der von zwei Öfen geheizt war. Gute Wassereinrichtungen. Die Kost wurde nicht beanstandet, jedoch wünschte man etwas mehr Abwechslung im Gemüse. Eine Kantine war vorhanden.
Infolge Weggangs des bisherigen Spirituals – eines mobilisierten Priesters – war zur Zeit meines Besuches in Marmande der regelmäßige Sonntagsgottesdienst in Wegfall gekommen. Ich regte nun bei Hochw. Abbé Colombier, Pfarrer von Marmande, der wegen Priestermangel keinen Ortsgeistlichen hergeben konnte, die Berufung eines neuen mobilisierten Priesters nach Marmande an. Um den Kriegsgefangenen nach ziemlich langer Unterbrechung wiederum die Möglichkeit zu verschaffen, die hl.Sakramente zu empfangen, hielt ich selber am 20. Dezember 1916 (Quattembermittwoch) in der ehemaligen Benediktinerinnenkapelle, welche die hochherzige Eigentümerin, Frau von Peyrelengue den deutschen Kriegsgefangenen zur Verfügung gestellt hatte, einen Gottesdienst (hl. Messe u. Predigt) bei dem 45 katholische Kriegsgefangene die hl. Kommunion empfingen.
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77. Marmande. Hôpital mixte. (20. Dezember 1916.).
Stadtspital, wo ich nur acht kranke deutsche Kriegsgefangene traf, (ein gutes Zeugnis für den Gesundheitszustand der Leute in den Lagern von Marmande) welche mit Unterkunft, Kost, Behandlung und Pflege zufrieden waren. Kein sonntäglicher Gottesdienst. Im Notfall stand der Hochw. Herr Pfarrer Colombier zur Verfügung.
78. Rochefort-sur-Mer. Caserne Killman. (22. Dezember 1916.).
Kriegsgefangenenlager in der gleichnamigen Kaserne untergebracht. Die Wohnungsverhältnisse waren nicht zu beanstanden. Über die Arbeit und die Behandlung wurde im Allgemeinen nicht geklagt. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst durch einen französischen mobilisierten Priester.
79. Rochefort. Caserne de la Fonderie. (23. Dezember 1916.).
Sehr gut eingerichtetes Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten, mit schönen Schlafsälen, guter Kost und humaner Behandlung. Daher war die Stimmung unter den Kriegsgefangenen befriedigend. Das Vorhandensein eines passenden Lokals zum Lesen und Schreiben machte den Bau einer eigenen Lesehalle überflüssig. – Dort fand ich eine verhältnismäßig große Anzahl eifriger Katholiken, die meine Gegenwart dazu benutzten um ihre Beichte (gegen hundert) abzulegen. Regelmäßiger sonntäglicher Gottesdienst.
80. Rochefort. Détachement de l´Arsenal maritime. (23. XII. 1916)
Kleines Kommando von 130 deutschen Kriegsgefangenen, die innerhalb des Arsenals arbeiteten. Die Wohnungsverhältnisse, Kost und Behandlung waren zufriedenstellend. Die Arbeit indessen war streng. Sonntäglicher Gottesdienst für die Katholiken bestand zur Zeit meines Besuches im Arsenal nicht. Ich erwirkte für die Katholiken die Erlaubnis, in einer der genannten Kasernen dem sonntäglichen Gottesdienst beiwohnen zu dürfen.
81. Rochefort. Hôpital maritime Lateuche-Tréville. (23. XII. <16>25 ).
Großes Spital mit 200 kranken deutschen Kriegsgefangenen, deren Gesundheitszustand im Allgemeinen befriedigend war.
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Die Unterkunft war sehr gut; die meisten Betten hatten Federmatratzen. Über Kost, Behandlung und Pflege wurden keine Klagen laut. Den sonntäglichen Gottesdienst hielt der Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen Hochw. Abbé Coirier.
82. Roch efort. Caserne du Martro u. (23. Dezember 1916.).
Zivilinterniertenlager von deutschen und Österreichern (nur Männer), die in einem Flügel der Kaserne eingepfercht waren. Ich verlangte für sie mehr Bewegungsfreiheit. Die Kost war dem Reglement entsprechend. Des Priestermangels wegen sah sich der eifrige Abbé d´Arassus, Pfarrer der Kirche St. Louis, in die Unmöglichkeit versetzt, einen sonntäglichen Gottesdienst im Lager zu veranstalten. Im Notfall indessen war er stets bereit die Pastoration auszuüben.
83. Ile de Ré. (24. Dezember 1916.).
Lager von deutschen Unteroffizieren in der Zitadelle der Festung gleichen Namens. Bestand: 200 Mann ungefähr. Diese Kriegsgefangenen wohnten in Zimmern zu 8-16. Die Kost war nicht zu beanstanden. Sie klagten über zu hohen Kantinenpreis, auch wünschten sie mehr Getränke. Außer der Besorgung der Hausgeschäfte waren sie jeglicher Arbeit enthoben. Da die Zitadelle ziemlich weit entfernt von dem Hauptorte St. Martin-de-Ré war, durften sie auf mein verwenden hin allgemeine Gesänge aufführen. Katholischer Gottesdienst wurde wegen Priestermangel, der am Hauptorte herrschte, nur ab und zu in der Zitadelle gehalten. Im Notfalle war jedoch der Hochw. Herr Pfarrer von St. Martin-de-Ré bereit, beizuspringen.
84. La P allice. (25. Dezember 1916; Weihnachten.).
Großes Kriegsgefangenenlager, das ich zum zweiten Male besuchte. Seit meinem ersten Besuche (25. Juli 1916) hatten die damaligen Zelte modernen Baracken Platz gemacht. Abgesehen davon hatten sich die Zustände in La Pallice nicht erheblich gebessert. Die Kriegsgefangenen beschwerten sich über die schlechte Qualität des Brotes, das nicht durchgebacken
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war. Sonst wurde über die Kost nicht geklagt. Das Stroh in den Matratzen wurde zu selten erneuert; das letzte Mal im Juli 1916! Die Arbeit war dieselbe wie im Vorjahre, sehr schmutzig und sehr streng; nur waren seither bessere Wascheinrichtungen installiert worden. Auch war die Zahl der zur Hafenarbeit verurteilten sog. "Intellektuellen" bedeutend kleiner als bei meinem ersten Besuche. Solche unter 20 Jahren waren meines Wissens keine mehr vorhanden. Den regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienst besorgte, nach der Demission des Hochw. Abbé Pierre de Courton, der nunmehr als Spiritual des Spitals im College Fénelon seines Amtes waltete, der Hochw. Abbé Richard, Pfarrer von Laleu. – In der hl. Nacht wurden in den einzelnen Baracken bescheidene Weihnachtsfeiern gehalten.
Durch den kurz nach meinem Besuche erfolgten Wechsel im Lagerkommando von La Pallice dürften bessere Verhältnisse dort eingetreten sein, so dass zu hoffen ist, dass die zahlreichen, vielfach begründeten Klagen über dieses Gefangenenlager nach und nach verstummen werden.
85. La Rochelle. Hôpital Aufrédy. (25. Dezember 1916).
Privatspital von 15-20 kranken deutschen Kriegsgefangenen, die sich mit allem zufrieden erklärten. Spiritual war der Hochw. Abbé Richard, Pfarrer von Laleu.
86 . La Rochelle. Hôpital du Collège Fénelon. (25. Dez. 1916).
Bei meinem dritten Besuche im dortigen Spital fand ich eine Anzahl neuer kranker Kriegsgefangene, die sich wie ihre Vorgänger über Unterbringung, Kost, Behandlung und Pflege befriedigt aussprachen. Da der Raum, durch die gleichzeitige Gegenwart der Studenten der Anstalt und einer Anzahl französischer Rekonvalescenten sehr eingeschränkt war, mussten die Deutschen auf größere Bewegungsfreiheit verzichten.
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Mission im Frühling 1917.
1. Etampes. (7.-8. April 1917.).
Bei meinem dritten Besuche in Etampes hatten sich die Verhältnisse im Allgemeinen nicht wesentlich verändert. In der alten Mühle waren speciell die engen Wohnverhältnisse dieselben geblieben. Der Hauptzweck meiner wiederholten Besuche in Etampes, – des bei Paris nächstgelegenen großen Kriegsgefangenenlagers – war die Ausübung der Seelsorge, bezüglich welcher die Deutschen auf mich angewiesen sind, da der dortige, herzensgute alte Pfarrer Lauderault, der den katholischen Kriegsgefangenen die schöne Herz-Jesu Kapelle seiner Pfarrkirche, welche, nebenbei bemerkt, ein schiefer Turm "schmückt", eingeräumt hat, der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Wie mir der von Coètquidan her bekannte, sehr koulant gewordene Lagerkommandant versicherte, sollte in absehbarer Zeit die alte Mühle aufgegeben werden und ein neues, geräumiges Lager in der Nähe eingerichtet werden. Hoffentlich wird dies bei meinem nächsten Besuche in Etampes bereits Tatsache geworden sein.
2. Nanterre. (12. April 1917.).
Kriegsgefangenenlager, hauptsächlich für österreichisch-ungarische Soldaten, worunter sich 30-40 deutsche Kriegsgefangene befanden. Nanterre ist neueren Datums und eines der besten Lager, die ich in Frankreich gesehen [sic]. Schöne, geräumige, mit Ziegeln bedeckte Baracken. Die Kost war sehr gut und reichlich, sie betrug pro Mann täglich 1.200 Gramm Brot, wovon 250 Gramm vom Arbeitsgeber verabreicht; 250 gr. Fleisch; 600 gr. Kartoffeln; 150 gr. anderes Gemüse; morgens: ein Liter Suppe, um neun Uhr bekamen die Arbeiter Brot und Käse bzw. Käse oder Confitüren. Bei der Arbeit tranken sie nach eigener Wahl Tee, Most oder Bier. Das Lager besitzt zudem eine gut eingerichtete Kantine. Die Arbeit besteht im Montieren von Eisenbahnwagen, in einer Fabrik, die zwei Kilometer von Nanterre ent-
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fernt ist. Klagen wurden über das grobe Benehmen einzelner untergeordneter, wachhabender französischer Soldaten, sodann über die leider fast überall übliche Sonntagsarbeit laut. – Der Gesundheitszustand war befriedigend. Ich traf am 12. April 1917 nur zwei Kranke im Krankenzimmer. Den regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienst besorgte der Hochw. Abbé Rigter, ein holländischer Priester, der des Deutschen und Ungarischen mächtig war. Hervorzuheben ist das edle, uneigennützige Benehmen des Hochw. Stadtpfarrers von Nanterre, Abbé Meuret, der für die Auslagen, die er mit der Einrichtung des Gottesdienstes im Lager gehabt hatte, keine Entschädigung entgegennehmen wollte.
3. So tteville bei Rouen. (14. April 1917.).
Kriegsgefangenenlager, wo deutsche Soldaten in einer Fabrik untergebracht waren. Der gewaltige Maschinenraum war in einen Schlafsaal umgewandelt, wo die Leute genügend Raum und Licht hatten. Die Kost wurde nicht beanstandet. Überhaupt wurden keine wesentlichen Klagen laut, mit Ausnahme der über die leidige Sonntagsarbeit. – Den sonntäglichen Gottesdienst versieht der eifrige, vielgenannte Kanonikus Mério, Spiritual der Kriegsgefangenen der III. Region.
4. Chârtres. Dépôt de Lucéé. (21.-22. April. 1917.).
Kriegsgefangenenlager, wo Deutsche in einem alten Fabrikgebäude untergebracht sind. Die Wohnungsverhältnisse lassen wegen des allzuengen Raumes viel zu wünschen übrig. Die Kost war dem Reglement entsprechend. Die Arbeit bestand in Flicken von alten Eisenbahnmaterial. Es herrschte unter den Kriegsgefangenen eine unzufriedene, gereizte Stimmung, die nicht zuletzt auf das Conto des Lagerkommandanten zu setzen war, der mir übrigens in der Ausübung meiner materiellen Mission große Schwierigkeiten in den Weg legte. Den regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienst (die Zahl der Katholiken betrug 100-125), versah der eifrige Abbé Villette, Professor an der freien Schule Notre-Dame.
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Schlussbemerkungen
Am Ende meines Referates angelangt, erachte ich es als zweckdienlich, einen Rückblick auf meine Mission 1916/17 zu werfen und die Erfahrungen derselben in ein Schlussurteil kurz zusammenzufassen.
Der Gesamteindruck dessen, was ich in Frankreich im Jahre 1916 und bis Ende April 1917 in den Kriegsgefangenenlagern, Spitälern, Lazaretten, Arbeitskommandos und Zivilinterniertenlagern gesehen habe ist gut und zufriedenstellend.
Die Wohnung s verhältnisse haben sich im Allgemeinen gegenüber 1915 bedeutend gebessert. Die Zeltlager sind allmählich verschwunden, um Baracken neuesten Systems (Système Adriant) Platz zu machen. Auch ist in der innern Einrichtung der Baracken, namentlich, was die Ausstattung des mittlern Raumes mit Tischen, Bänken, Kleidergestellen usw. betrifft, ein Fortschritt zu konstatieren. Ein mehreres dürfte indessen auf diesem Gebiete immerhin noch geschehen. Bezüglich der Lesehallen, ist der Bau derselben an mehreren Orten angeregt und vielfach auch ausgeführt worden, ein Bedürfnis, das sich vielerorts sehr fühlbar machte. Es muss indessen bezüglich der Wohnungsverhältnisse an diesem Orte nochmals daran erinnert werden, dass eine ganze Anzahl von Kriegsgefangenenlager, namentlich in Südfrankreich, in stehenden Gebäuden (aufgehobene Klöster, Priesterseminare, Institute, Kasernen) untergebracht sind, wo sie gegen die Unbild der Witterung besser geschützt sind, als in den besteingerichteten Barackenlagern.
Wascheinrichtungen (Waschtröge, Bäder, Douchen usw.) sind im Verlaufe des Jahres 1916 fast überall in mehr oder weniger vollkommener, zweckentsprechender Form eingeführt worden. Die Closetteinrichtungen weisen gegenüber 1915 ebenfalls einen Fortschritt auf.
Was die Kost anbelangt, so war sie bis zur Zeit, wo ich Frankreich verließ (Ende April 1917), qualitativ und quantitativ befriedigend, an einzelnen Orten sogar reichlich und
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sehr gut, was den deutschen Köchen, die in französischen Kriegsgefangenenlagern der Küche verstehen zur Ehre gereicht. Fast überall war das Vorhandensein einer Kantine zu konstatieren, die im Allgemeinen gut ausgestattet war und zivile Preise aufwies.
Bezüglich der Bekleidung machte sich in manchen Zivilinterniertenlagern ein empfindlicher Mangel an Kleidern fühlbar. Auch mussten an einigen Orten die Kriegsgefangenen, die im freien arbeiteten, einer eigenen Schutzverrichtung (wasserdichte Kleider; Säcke usw.) entbehren.
Der Gesundheitszustand war im Allgemeinen befriedigend. Von wenigen Fällen abgesehen, waren die kranken deutschen Kriegsgefangenen in den Spitälern, Lazaretten usw. in jeder Beziehung gut aufgehoben. Ich erachte es daher als meine Pflicht, an dieser Stelle, der überwiegend großen Mehrheit des Spitals- und Lazarettpersonals (Ärzte, Krankenschwestern, Krankenwärter und –wärterinnen) in Namen der deutschen Kriegsgefangenen den Tribut der Anerkennung und des Dankes für ihre diesbezügliche, aufopfernde und uneigennützige Tätigkeit zu zollen.
Die moralische Behandlung der deutschen Kriegsgefangenen war im Jahre 1916/17 im Allgemeinen entschieden besser, als in den zwei vorausgehenden Jahren, wenngleich hier und da noch bedauernswerte Excesse von Seiten untergeordneter Wachorgane vorkamen. Die französischen Lagerkommandanten benahmen sich fast ausnahmslos durchaus korrekt gegenüber den Gefangenen.
In der Strafprozedur dürfte insofern ein Fortschritt zu verzeichnen <erwarten>26 sein, als künftighin keine Strafe vollzogen werden sollte, ohne dass die höhere Instanz sich zuvor durch Verhör des Schuldigen von der Berechtigung der Strafe überzeugt hat. Einige Arrestlokale waren entschieden zu beanstanden.
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Die Arbeit, mit Ausnahme derjenigen, die in Seehäfen u. Steinbrüchen geleistet werden musste, war im ganzen erträglich, und wurde überall mehr oder weniger bezahlt. Leider war die Gewohnheit der Sonntagsarbeit in Frankreich lange vor dem Kriege schon derart eingebürgert, dass alle meine Bemühungen um gänzliche Dispensierung von derselben zu Gunsten der Kriegsgefangenen vergeblich waren. Alles was ich erreichen konnte, war, dass in einzelnen Lagern bei der Verteilung der Sonntagsarbeit mehr Rücksicht auf die Katholiken, welche dem Gottesdienste beiwohnen wollten, genommen wurde. Dass es doch eine Anzahl Lager gab, wo vollständige Sonntagsruhe herrschte, soll hier rühmend hervorgehoben werden. Der wöchentliche Ruhetag, auf welchen die Arbeiter Anspruch erheben konnten, wurde auch nicht überall gewissenhaft genug eingehalten.
Die Handarbeit der sog. " Intellektuellen ", die sonst, laut internationalem Vertrag nur zu Bureauarbeiten und ähnlichen Beschäftigungen hätten herangezogen werden dürfen, war infolge eines diesbezüglichen Zirkulares des französischen Kriegsministeriums als abgeschafft erklärt worden, kam aber trotzdem an einzelnen Orten noch vor.
Die geistige Beschäftigung der Kriegsgefangenen bestand für die gewöhnlichen Arbeiter hauptsächlich in leichter Lektüre und in Besorgung der Korrespondenz. In allen eigentlichen Lagern standen den Kriegsgefangenen kleinere oder größere Bibliotheken zur Verfügung, deren Zusammensetzung leider manchmal sehr zu wünschen übrig ließ, da im Allgemeinen die sog. Romanliteratur auf Kosten ernster, Geist und Herz bildender Bücher viel zu stark vertreten war. Sehr gut wirkten die Schriften, die der deutsche Bonifatiusverein durch die Vermittlung der unter der kundigen Leitung des Hochw. Herrn Gremaud stehenden Bücherversandstelle der "Schweizerischen katholischen Mission" <in Freiburg>27 sowie der französischen Aumôniers, unter die deutschen Kriegsgefangenen austeilen ließ.
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Gegen die Post der schlechten Romane u. sog. Aufklärungsliteratur, sollte man durch Verteilung guter belletristischer Literatur – Romane nicht ausgeschlossen – in Zukunft vielleicht noch mehr leisten als bisher.
Was die Arbeitskommandos betrifft, macht sich in sehr vielen derselben der Mangel an Büchern, zumal an guten Geisteserzeugnissen umso mehr fühlbar, als die dort weilenden Kriegsgefangenen beider Konfessionen vielfach jeglichen geistlichen Trostes entbehren müssen.
Was die Lektüre der sog. Intellektuellen (worunter alle kriegsgefangenen Offiziere, viele Unteroffiziere und Zivilgefangene zu rechnen sind) <betrifft>28, so hat ihnen der schweizerische Universitätsverein durch Versendung von Fachliteratur unschätzbare Dienste geleistet. Besonders hat sich Herr Universitätsprofessor Dr. Pierre Aeby in Freiburg der Kriegs- und Zivilgefangenenlager, die der Universität Freiburg zugeteilt sind, mit anerkennenswertem Eifer und Geschick angenommen.
Wie bekannt haben die Kriegsgefangenen, laut Reglement, das Recht, monatlich eine bestimmte Anzahl Briefe und Karten zu schreiben. Die meisten deutschen Gefangenen in Frankreich benutzen diese Gelegenheit fleißig. In den meisten größeren Lagern funktioniert der Postdienst normal. Nur zuoft trat indessen infolge von besonderen Verfügungen, bzw. Repressalien, eine große Verzögerung in der Beförderung der abgehenden u. in der Verteilung der eingetroffenen Korrespondenz ein.
Dank der großmütigen, erfolgreichen Initiative Sr. Eminenz des Kardinals Felix von Hartmann, Erzbischofs von Köln, Sr. Gnaden des Bischofs Schulte von Paderborn, dank der Unterstützung der Übrigen deutschen Bischöfe, der eingangs schon erwähnten unerschöpflichen Freigiebigkeit der deutschen Katholiken u. der Zuvorkommenheit der, von dem unermüdlichen Hochw. Herrn Dr. Strake geleiteten Kriegshilfestelle von Paderborn, konnte ich in den Jahren 1916 u. 1917 wiederum beträchtliche
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Geldsummen unter die deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen auszuteilen. Diese Gelder, die ich vermittelst Cheks, auf den Comptoir national d´Escompte in Paris lautend, den jeweiligen französischen Lagerkommandanten, zu Händen der deutschen Gefangenen gegen Quittung übergab, wurden zuweilen zur sofortigen Deckung dringender Bedürfnisse, meistens aber zur Gründung bzw. Äufnung der, unter der Kontrolle des französischen Lagerkommandanten stehenden und von einem Ausschusse von Gefangenen beider Confessionen verwalteten Hilfskassen verwendet. Die Gesamtsumme, der so vom Juni <1916>29 bis Mitte November 1916<7>30 durch mich verteilten Hilfsgelder betrug 38.663 Franken.
Neben dieser materiellen Unterstützung musste die geistige Hilfe einhergehen. Sie bestand hauptsächlich in der Übermittlung der heimatlichen Grüße (von Eltern, Verwandten, Seelsorgern, Wohltätern, Freunden), an die Adresse derjenigen, deren Namen ich in ein eigenes Verzeichnis, das ich immer u. Überall bei mir trug, eingetragen hatte. Auch nahm ich umgekehrt selbstverständlich sehr viele Grüße entgegen, namentlich in Spitälern und Lazaretten von Kranken und Verwundeten, deren Gesundheitszustand ich mir zu Händen der Angehörigen in der Heimat in ein eigenes Notizbüchlein notierte.
Seit meiner Rückkehr in die Schweiz (Ende Mai), suchte ich die durch die Umstände herbeigeführte zeitweilige Einstellung der eigentlichen Missionsarbeit dadurch wett zu machen, dass ich bestrebt war, im Verein mit verschiedenen Bureaux der Bundesstadt, für materielle Unterstützung, Internierung bzw. Austausch von deutschen und österreichisch-ungarischen Kriegs- und Zivilgefangenen tätig zu sein.
Die katholische Seelsorge in den eigentlichen Kriegsgefangenenlagern (Stammlager und sonstige größere Lager) war in den Jahren 1916 u. 1917 überall organisiert, wobei vielen französischen Bischöfen ein Hauptverdienst zukommt. Anders
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verhielt es sich mit dem Arbeitskommandos (landwirtschaftliches Kommandos), wo sich der hauptsächlich auf dem Lande herrschende Priestermangel, der Ortsgeistlichkeit die Übernahme der Pastoration, resp.der Abhaltung eines besonderen sonntäglichen Gottesdienstes unmöglich machte. Wohl traten an einigen Orten sogen. mobilisierte Priester in die Lücken (wie z. B. der hochherzige Abbé de Germiny, in Le Hode bei Hâvre), doch das waren Ausnahmen. Zu bedauern bleibt ferner, dass es den katholischen Kriegsgefangenen auf den Arbeitskommandos, die keinen Gottesdienst haben, nicht vergönnt ist, in der oft nahe beim Lager liegenden Pfarrkirche der Sonntagspflicht genügen zu können, wie es in Deutschland fast überall vorkommt. Wie im vorhergehenden Jahre, so pflegte ich auch 1916/17 über den Sonntag in Stammlagern und größeren Dépôts meinen Amtes als Spiritual der deutschen Kriegsgefangenen zu walten. Am Samstag Abend und Sonntag Morgen wurde beichtgehört, hernach eine stille hl. Messe gelesen, wobei mir meistens zwei deutsche Soldaten ministrierten, während vielerorts die Anderen ein- oder mehrstimmige geistliche Lieder sangen. Der hl. Messe wohnten gewöhnlich 60-70 % der im Lager anwesenden und durch Arbeit nicht verhinderten Katholiken bei. Nach dem Evangelium wurde eine deutsche Predigt und nach der Kommunion des Priesters Generalkommunion der Kriegsgefangenen gehalten, wobei durchschnittlich 30-40 % der Anwesenden den Leib des Herrn empfingen. Eine genaue Kontrolle über die Frequenz sowohl bei der hl. Messe wie auch beim Empfang der hl. Sakramente wurde von den französischen Aumôniers nicht geführt, so dass ich leider nicht im Stande bin, genau darüber zu referieren zu können. Eine löbliche Ausnahme machte indessen Hochw. Herr Kanonikus Mério von Reuen, der über die Prozentzahl der Anwesenden bei der hl. Messe u. beim Empfang der hl. Sakramente mir ein genau geführtes Protokoll zu Händen der geistlichen Hilfsstelle Paderborn übergeben hat.
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Wenngleich es mir, aus den eben erwähnten Gründen nicht möglich ist, ein allgemeines, abschließendes Urteil über das religiöse Leben der katholischen deutschen Kriegsgefangenen abzugeben, so ist andererseits leider nicht zu verkennen, dass die Dauer der Gefangenschaft im Verein mit den Gefahren, die sie für Glauben und gute Sitten in sich birgt, auf manche Gemüter deprimierend eingewirkt hat, so dass sich bei einer gewissen Anzahl, sonst praktizierender Katholiken eher eine Abnahme des religiösen Lebens als eine Erstarkung desselben bemerkbar gemacht hat.
Einigen Ersatz für den Ausfall des sonntäglichen Gottesdienstes und der Pastoration fanden viele Katholiken im Gebrauche der geistlichen Bücher, die ihnen die Kriegshilfestelle Paderborn durch Vermittlung der "Katholischen schweizerischen Mission" <in Freiburg>31 zukommen ließ. Letztere hat unter der kundigen Leitung des Herrn Universitätsprofessors Dr. Joye und des Generalsekretärs Hochw. Chaneune Beaupin durch die Verbreitung des vom Benediktinerpater Thomas Jüngt in Einsiedeln verfassten, in nahezu 50.000 Exemplaren verbreiteten Gebetbüchleins für Kriegsgefangene "Ich war gefangen."; sowie durch die Herausgabe der von Hochw. Herrn Schwaller in Freiburg verfassten "Sonntagsglocken" und der "Sonntagspredigten" (letztere hauptsächlich zu Händen der französischen Aumôniers), sich große Verdienste erworben u. die Erkenntlichkeit der deutschen Katholiken in hohem Maße verdient.
Auch möchte ich an dieser Stelle den Prinzessinnen Elisabeth und Marie von Ratibor, die mir zu wiederholten Malen ansehnliche Mengen von Rosenkränzen, Medaillen, Skapulieren für die deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich zukommen ließen, sowie allen anderen Personen, die in irgend einer Weise sich wohltätig erwiesen haben, den gebührenden Dank abstatten.
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Wie aus dem bereits Gesagten zur Genüge hervorgeht, haben die französischen Geistlichen des Welt- und Ordensklerus u. nicht zuletzt die sogen. mobilisierten Priester (Priestersoldaten), welche die Seelsorge bei den katholischen deutschen Kriegsgefangenen übernommen hatten, ihr diesbezügliches Amt mit einem Eifer, einer Hingabe und Uneigennützigkeit (namentlich durch Ausleihen von Kultgegenständen, durch Einrichtung von Kultuslokalen und Ausrüstung von Altären) ausgeübt, welche die Anerkennung und den Dank aller Dank aller Deutschen Katholiken im vollen Maße verdienen. Möge der Geist, welcher sie und ihre deutschen Amtsbrüder jenseits des Rheins beseelt versöhnend auf die Gemüter der Kriegsgefangenen und der Bewohner beider Länder einwirken; möge der gute Wille, den sie überall bestätigt haben denjenigen der kriegsführenden Völker in seinen Bann ziehen, auf dass die Verheißung der Engel in der heiligen Nacht baldigst zur Wirklichkeit werde: "Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind."
Stift Einsiedeln, am Feste der hl. Elisabeth
19. November 1917
P. Sigismund v. Courten OSB
Delegierter der schweiz. Regierung
zu den deutschen u. [oes]32
Kriegs- u. Zivilgefangenen
in Frankreich
1Textpassage "Dieser Erkenntlichkeit […] ihr Spenden fortzusetzen" hds. am linken Seitenrand in roter Farbe markiert, vermutlich vom Empfänger.
2Hds. eingefügt von unbekannter Hand.
3Hds. eingefügt von unbekannter Hand.
4Hds. gestrichen und eingefügt von unbekannter Hand.
5Hds. verbessert von unbekannter Hand.
6Hds. verbessert von unbekannter Hand.
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8Hds. gestrichen und eingefügt, vermutlich von Schioppa.
9Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
10Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
11Hds. unbekannter Hand gestrichen und eingefügt.
12Hds. von unbekannter Hand gestrichen und eingefügt.
13Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
14Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
15Hds. von unbekannter Hand gestrichen.
16Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
17Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
18Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
19Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
20Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
21Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
22Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
23Hds. von unbekannter Hand gestrichen und eingefügt.
24Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
25Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
26Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
27Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
28Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
29Hds. von unbekannter Hand eingefügt.
30Hds. von unbekannter Hand korrigiert.
31Hds. eingefügt von unbekannter Hand.
32Wort nicht erschließbar, da Seite hier eingerissen.
Empfohlene Zitierweise
Courten OSB, Sigismund von, Rapport sur la Mission du R.P.Dom Sigismond de Courten Délégué du Gouvernement suisse dans les camps de prisonniers de guerre & d'internés civils en France pendent le années 1916-1917. Présenté á Son Eminence le Cardinal Gasparri Sécrétaire d'Etat de Sa Saintete vom 18. November 1917, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 2648, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/2648. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 20.12.2011.