Dokument-Nr. 623
Fritz, Karl an Pacelli, Eugenio
Freiburg im Breisgau, 06. November 1925

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Ew. Exzellenz!
Nachdem der Herr Domdekan Dr. Franz Xaver Mutz am 4. v. Mts. gestorben ist, muss die Stelle des Domdekans an der hiesigen Kathedrale wieder besetzt werden.
Nach der Bulle Ad dominici gregis custodiam vom 11. April 1827 steht die Ernennung diesesmal (sic!) dem Erzbischof zu. Die badische Staatsregierung wird sich gemäss §.18 Abs. 3 S.3 und 4 der badischen Staatsverfassung vom 21. März 1919 in keiner Weise beteiligen; insbesondere hat die Vorlage einer Kandidatenliste an sie nicht zu geschehen – ich werde dem Ministerium des Kultus und Unterrichts nur den Namen des neuen Domdekans seinerzeit mitteilen.
Wie Ew. Exzellenz bekannt, bin ich der Anschauung, dass das in den Jahren 1821 und 1827 zwischen dem Hl. Stuhl und dem badischen Staat abgeschlossene Konkordat (Bullen Provida solersque vom 16. August 1821 und Ad Dominici Gregis vom 11. April 1827) noch besteht. Es wäre ein überaus grosser Schaden für die Kirche, wenn dieses Konkordat für nicht mehr bestehend erklärt würde, weil auf ihm die Leistungen des badischen Staates zum Einkommen des Erzbischofs und der Mitglieder des Domkapitels, sowie für die Erzb. Kanzlei formell beruhen und ich zur Zeit, in der es ohnehin schwer fällt, für die übrigen wichtigen Bedürfnisse des Erzbistums die Mittel aufzubringen, nicht wüsste, wie ich die erforderlichen Gelder auch
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nur vorübergehend beschaffen sollte.
Der Preussische Minister der Wissenschaft, Kunst und Volksbildung hat Ew. Exzellenz unterm 19. Mai 1924 Nr. G II 419.1 geschrieben:
"Aus Euer Exzellenz geehrtem Schreiben vom 7. v. Mts. habe ich erneut mit Befriedigung entnommen, dass auch der hl. Stuhl die vor rund 100 Jahren getroffenen, in den Bullen bestätigten Vereinbarungen mit Preussen, Hannover und den Staaten der oberrheinischen Kirchenprovinz als noch rechtsverbindlich ansieht".
Hiernach wäre ich berechtigt, ohne (neue) weitere Erlaubnis oder Ermächtigung des hl. Stuhles den Domdekan zu bestellen und würde eine Ernennung des Domdekans durch den hl. Stuhl gegen diese Vereinbarungen (Konkordat) verstossen.
Ich beehre mich um hochgeneigte Mitteilung darüber ganz ergebenst zu bitten, ob diese meine Auffassung als zutreffend erachtet wird und ich nach ihr verfahren kann.
In ausgezeichneter Hochschätzung und Verehrung bin ich
Ew. Exzellenz
treuergebener
gez. + Carl Fritz
Empfohlene Zitierweise
Fritz, Karl an Pacelli, Eugenio vom 06. November 1925, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 623, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/623. Letzter Zugriff am: 19.04.2024.
Online seit 24.06.2016.