Dokument-Nr. 8634
Eichhorn, Emil Gottfried Hermann von an Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj
Hauptquartier, 17. Februar 1917

Auf das Schreiben Euer Excellenz vom 6. Februar 1917 betreffend Verlegung des katholischen Militärgottesdienstes aus der Johanniskirche in eine bisher orthodoxe Kirche erwidert das Oberkommando mit folgendem:
1.) Es trifft nicht zu, dass zwei orthodoxe Kirchen für den katholischen Militärgottesdienst am E. H. O. eingerichtet sind. In der Marien-Himmelfahrts-Kirche ist wohl eine Zeit lang für die k. u. k. Marschformationen katholischer Gottesdienst abgehalten worden, für den dauernden Gebrauch kommt sie aber, abgesehen von ihrer ungünstigen Lage, auch schon deshalb nicht in Betracht, weil sie nicht genügend eingerichtet, vor allem weder Bänke noch Orgel hat.
Die Romanow-Kirche, nur als Notbehelf für die in der Nähe liegenden Truppenteile (Etappen-Inspektion 10, Landst. Inf. Ers. Batl. Freienwalde, Kraftfahrtruppen und M. E. D. 5.) reicht allein nicht aus, weil sie zu klein und für zahlreiche Formationen zu entlegen ist.
2.) Auch ist die Johanneskirche während des Militärgottesdienstes nicht für Zivilpersonen verschlossen. Nach Ziffer 2 Absatz c des in Abschrift beigefügten Befehls wird lediglich darauf gehalten, dass die Zivilpersonen, die an Sonn- und Feiertagen dem katholischen Militärgottesdienst beizuwohnen wünschen, pünktlich zur festgesetzten Zeit in der Kirche erscheinen und während des Gottesdienstes nicht durch Umhergehen die Kirchenfeier stören. Zum ausdrücklichen Hinweis auf diese
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eigentlich selbstverständliche Forderung haben unliebsame Vorkommnisse gezwungen, weil vordem während des Militärgottesdienstes in der Johanneskirche eine Unordnung herrschte, die mit der Würde der deutschen Armee sich schlechterdings nicht vereinbaren ließ.
3.) Unzutreffend ist ferner, dass die Zivilpersonen in den Vormittagsstunden der Sonn- und Feiertage keine Gelegenheit zum Beichten haben. Laut Ziffer 2.) Abs. a des beigefügten Befehls ist Beichthören den Zivilgeistlichen während der einstündigen Dauer des katholischen Militärgottesdienstes ausdrücklich gestattet. Im Interesse des Kirchendienstes wird aber unbedingt daran festgehalten werden müssen, dass dadurch keinerlei Störung der offiziellen Kirchenfeier verursacht wird. Demnach ist die Zivilgemeinde der Johanneskirche in der feierlichen Abhaltung der ewigen Anbetung am 18., 19. und 20. Februar kaum irgendwie behindert. Am 19. und 20. wird die Johanneskirche durch die Militärgemeinde überhaupt nicht und am 18. nur in der Zeit von 9-10 Uhr Vormittags zur Abhaltung des regelmäßigen Sonntags-Gottesdienstes in Anspruch genommen.
Es liegt hiernach kein Grund vor dem Antrage zu entsprechen.
Das Oberkommando möchte diesen Antrag aber doch zum Anlass nehmen, Euer Excellenz sein Befremden darüber auszusprechen, dass der deutschen katholischen Militärgemeinde zugemutet wird, eine Kirche aufzugeben, in welcher schon zu russischer Zeit stets der Militärgottesdienst abgehalten ist und sich nur mit ehemaligen orthodoxen Kirchen zu begnügen, und möchte Euer Excellenz nicht im Unklaren darüber lassen, dass, falls die Abhaltung des Militärgottesdienstes in der Johanneskirche zu Schwierigkeiten führt, nur die Stanislaus-Kathedrale als Tausch in Frage kommen könnte.
gez. v. Eichhorn.
Empfohlene Zitierweise
Eichhorn, Emil Gottfried Hermann von an Michalkiewicz, Kazimierz Mikołaj vom 17. Februar 1917, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 8634, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/8634. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 10.03.2014.