Dokument-Nr. 9835
Scholz, Adolf an Pius XI.
Charlottenburg, 20. November 1922

Gelobt sei Jesus Christus!
Ew. Heiligkeit, heiliger Vater, in tiefster Ehrfurcht wage ich es, mit nachstehenden Zeilen ehrerbietigst hohe Bitte zu Füßen zu legen.
Ich bin 41 Jahre alt, katholisch, Lehrer, Chorregens und Organist. Als Flüchtling mußte ich im Jahre 1920 Bromberg verlassen und habe seit dieser Zeit noch feste Position erhalten infolge Überfüllung aller Berufsstände, besonders auch des Lehrerstandes. Nur aushilfsweise war ich sehr kurze Zeit als Organist sowohl, als auch als Lehrer an hiesiger katholischen Präparandie tätig. Trotz eifrigsten Bemühens ist es mir noch nicht gelungen, eine feste Position, gesicherte Existenz zu erringen. Ich habe die Absicht, in den heiligen Stand der Ehe zu treten, nachdem ich bereits mehr
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als 3 Jahre lang ein ehrenhaftes, sittenreines Gelöbnis eingegangen bin.
Als Flüchtling habe ich fast all mein Hab und Gut verloren, während der Kriegsjahre wurde ich in Abwesenheit wertvollster Kleidungsstücke und sonstiger Gegenstände beraubt. Ich habe den Krieg in Frankreich mitgemacht. Meine liebe Mutter ist vor 4 Jahren gestorben. Keine Verwandten nenne ich mehr mein eigen. Meine Geburts- und Stätte der Kindheit ist Altwasser in Schlesien. In der Zeit von 1909 bis 1914 war ich Lehrer an der Erziehungsanstalt des St. Aloysiusstifts in Grünhof by [sic] Regenwalde in Pommern. Vergeblich suche ich nach einer festen Existenz. In den überaus trüben und schweren Zeiten, die in Deutschland, namentlich in Berlin, durchzuringen sind, ist fast alle Möglichkeit ausgeschlossen, auch nur notdürftig sein Leben zu fristen. Unerschwinglich sind die Preise; da ich noch keine Stellung
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habe, befinde ich mich gegenwärtig in erdenklich bitterster Notlage. Ständige Lebens- und Existenzsorge quält mein Herz. Selbst die allernotwendigsten Barmittel fehlen mir, um existieren zu können und mir auch nur einigermaßen Kleidung und Wäsche zu beschaffen. Das heilige Weihnachtsfest naht mit all seinen Freuden. Im Namen des heiligsten Herzens Jesu und des lieben Jesuskindes in der Krippe bitte ich Eure Heiligkeit in tiefster Ehrfurcht, meiner innigen Bitte gewähren zu wollen und mich in meiner größten Not mit einer, auch der kleinsten Gottesgabe zu bedenken!
Heißes Dankgebet kann ich armes Kind Euer Heiligkeit nur zu Füßen legen.
In dieser seligen Hoffnung bin ich in tiefster Ehrfurcht des Heiligen Vaters dankbarster
Adolf Scholz,
Lehrer.
205r, hds. von Bernhard Lichtenberg in der linken Seitenspalte eingefügt: "Sanctitati Vestrae petentem qua dignum humillime commendat oboedientissimus in Christo filius Lichtenberg, [pas.]".
Empfohlene Zitierweise
Scholz, Adolf an PiusXI. vom 20. November 1922, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 9835, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/9835. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 31.07.2013.