Separatismus in der preußischen Provinz Hannover

Separatistische Tendenzen in der preußischen Provinz Hannover gehen auf die Annexion des Königreiches Hannover 1866 durch Preußen zurück. Im Folgenden bildete sich eine starke antipreußische Opposition in der Region, die sich vor allem auf protestantische Landbesitzer, Adelige und Geistliche stützte. Vertreten wurde sie im Wesentlichen durch die "Deutschhannoversche Partei" (DHP) bzw. durch die Welfen, die einen großdeutschen und föderalistischen Nationalstaat anstrebten, wobei sich gewisse Kreise auch loyal gegenüber dem alten Königreich Hannover zeigten. In der Weimarer Republik blieb die grundlegende politische Ausrichtung bestehen, wurde aber mit Verweis auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" um Bestrebungen zur Schaffung eines Hannoveraner Bundesstaats ergänzt. Stimmen in der Partei, die für einen souveränen Fürstenstaat plädierten, wurden zunehmend vom nationalistischen Flügel marginalisiert. 1922 unternahm die DHP einen ersten Versuch, ein Volksbegehren zur zukünftigen Landeshoheit herbeizuführen. Sie legte die Pläne jedoch 1923 auf Eis, da sie im Jahr der Ruhrbesetzung und der separatistischen Umtriebe am Rhein eine gefährliche Situation für die Integrität Deutschlands vermeiden wollte. Stattdessen sollte eine Vorabstimmung in den Kreisen Lüneburg und Stade im Anschluss an die preußische Landtagswahl 1924 stattfinden. Das Referendum wurde jedoch mit 25,5 Prozent der Stimmen deutlich abgelehnt.
Der Hannoveraner Separatismus unterschied sich vom rheinischen oder bayerischen durch das grundsätzliche Bekenntnis zum deutschen Nationalstaat. Innerhalb dessen sollte das Land Hannover frei von preußischer Verwaltung neugegründet werden. Ab 1924 sank die DHP jedoch beständig in der Wählergunst. 1932 verlor sie auch das letzte Reichstagsmandat und löste sich nach den Märzwahlen 1933 auf.
Literatur
ASCHOFF, Hans-Georg, Die Deutschhannoversche Partei zwischen Revolution und Machtergreifung (1918-1933), in: Stader Jahrbuch 1988 (Stader Archiv NF 78), Stade 1988, S. 61-87.
Deutsch-Hannoversche Partei (DHP oder Welfen) in Preußen; Schlagwort Nr. 7036.
NEUMANN, Klaus, Politischer Regionalismus und staatliche Neugliederung in den Anfangsjahren der Weimarer Republik in Nordwestdeutschland (Geschichte 4), Münster 21990, S. 276-373.
SCHLEMMER, Martin, "Los von Berlin". Die Rheinstaatsbestebungen nach dem Ersten Weltkrieg, Köln u. a. 2007, S. 641-645.
STEINWASCHER, Gerd u. a., Geschichte Niedersachsens, Bd. 5. Von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 36), Hannover 2010, S. 66-69.
Empfohlene Zitierweise
Separatismus in der preußischen Provinz Hannover, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 1801, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/1801. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 29.01.2018, letzte Änderung am 25.02.2019.
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