Sitzung der Kongregation für die Außerordentlichen Kirchlichen Angelegenheiten am 6. November 1925 zur Reorganisation der Militärseelsorge im Deutschen Reich

Am 6. November 1925 versammelten sich die Kardinäle Vincenzo Vannutelli, Antonio Vico, Gennaro Granito Pignatelli di Belmonte, Basilio Pompili, Donato Raffaele Sbarretti, Francesco Ragonesi, Aurelio Galli, Giovanni Vincenzo Bonzano, Franz Ehrle SJ, Präfekt Pietro Gasparri und Sekretär Francesco Borgongini-Duca, um über das Thema "Germania: Assistenza religiosa dei militari" zu beraten. Andreas Frühwirth schaffte es nicht rechtzeitig zu Sitzung.
In der "Relazione" hieß es, dass vor dem Ersten Weltkrieg in Preußen ein von der Jurisdiktion der Ordinarien exempter Feldpropst und in den anderen deutschen Staaten bischöfliche Delegaten existierten. Durch den Versailler Vertrag sei das deutsche Heer jedoch wesentlich reduziert worden. Wegen dieser neuen Situation habe die Konsistorialkongragtion auf Bitten der deutschen Ordinarien mit Reskript vom 14. Oktober 1920 (Dokument Nr. 751) die Militärseelsorge vorläufig von den Ortsordinarien abhängig gemacht. Auf Grundlage dieses Reskripts sei der Bischof von Paderborn, Kaspar Klein, von den deutschen Bischöfen beauftragt worden, mit dem Berliner Kriegsministerium zu verhandeln. Es sei die Vereinbarung getroffen, das Amt des Feldpropstes definitiv abzuschaffen. Dieses Vorhaben habe der Fürstbischof von Breslau, Adolf Kardinal Bertram, am 15.  Juni 1924 (Dokument Nr. 16034) dem Heiligen Stuhl vorgelegt. Weil Pacelli zu diesem Zeitpunkt mit der Reichsregierung verhandelte, habe das Sekretariat der Kongregation für die Außerordentlichen Kirchlichen Angelegenheiten ihn über dieses Ansinnen befragt (Dokument Nr. 10734). Pacelli sei zu dem Schluss gekommen, dass das Vorhaben für die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche weniger garantiere als die alte Organisation mit dem Feldpropst in Preußen (Dokument Nr. 183). Pacelli sei beauftragt worden, Bertram darauf hinzuweisen, dass das Reskript nicht bedeutete, dass der Feldpropst abgeschafft werden solle (Dokument Nr. 10735). Alle Bischöfe bis auf den von Paderborn seien aber für die Abschaffung dieses Amtes. Bertram habe Pacelli am 27. Dezember 1924 eine Liste der Gründe übersandt, die für eine Abschaffung sprächen (Dokument Nr. 2944). Noch deutlicher habe sich die Freisinger Bischofskonferenz vom 10. September 1924 gegen das Amt des Feldpropstes ausgesprochen. Die bayerischen Bischöfe erklärten sich am 16. Juni 1925 aber auch dagegen, ein getrenntes Feldvikariat für die bayerischen Soldaten zu errichten, wenn der preußische Feldpropst weiterbestehen sollte (Dokument Nr. 191). Nur der Bischof von Paderborn setze sich für einen Feldpropst ein, habe sich aber nicht gegen die Mehrheit der Mitglieder der Fuldaer Bischofskonferenz durchsetzen können. Pacelli habe schließlich wegen des Widerstands des Episkopats am 14. März 1925 empfohlen, beim Reskript von 1920 zu bleiben, das eine Neuordnung der Seelsorge gestatte, solange die Größe des deutschen Heeres bedeutend reduziert sei (Dokument Nr. 187).
Die Kardinäle der Kongregation sollten daraufhin die Frage beantworten: "Quali istruzioni si debbano dare a Mons. Pacelli circa le trattative per l'assistenza religiosa ai militari in Germania?"
Aus dem Protokoll geht hervor, dass die Kardinäle zum Schluss kamen, dass es wegen der geringen Größe des deutschen Heeres vorerst keinen Feldpropst geben solle, sondern die Seelsorger der Jurisdiktion der jeweiligen Ortsbischöfe unterstellt sein sollten. Für solche Angelegenheiten, die die gesamte deutsche Militärseelsorge betreffen, und für Verhandlungen mit der Regierung sollten die Bischöfe einen Vertreter – einen Bischof oder für weniger bedeutende Angelegenheiten auch einen einfachen Priester – in Berlin ernennen. Papst Pius XI. stimmte diesem Beschluss im Wesentlichen zu.
Quellen
Sacra Congregazione degli Affari Ecclesiastici Straordinari, Sessione 1286, Stampa 1144, Germania, Assistenza religiosa dei Militari, Ottobre 1925; SRRSS, AA.EE.SS. Rapporti Sessioni 1925, Bd. 79, [ohne Paginierung].
Verbale della Congregazione Plenaria del 6 nov. 1925, Germania; ; SRRSS, AA.EE.SS. Rapporti Sessioni 1925, Bd. 79, [ohne Paginierung].
Literatur
BRANDT, Hans Jürgen, Biographisches Lexikon der Katholischen Militärseelsorge Deutschlands 1848-1945, Paderborn 2002.
BRANDT, Hans Jürgen, Militärseelsorge. I. Historisch, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 7 (1998), Sp. 255 f.
GÜSGEN, Johannes, Die katholische Militärseelsorge in Deutschland zwischen 1920 und 1945. Ihre Praxis und Entwicklung in der Reichswehr der Weimarer Republik und der Wehrmacht des nationalsozialistischen Deutschlands unter besonderer Berücksichtigung ihrer Rolle bei den Reichskonkordatsverhandlungen (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 15), Köln / Wien 1989.
Katholische Militärseelsorge in der Weimarer Republik; Schlagwort Nr. 3035.
KRIEG, Julius, Militärseelsorge, katholische, in: Lexikon für Theologie und Kirche 7 (1935), Sp. 186-189, hier 188.
Empfohlene Zitierweise
Sitzung der Kongregation für die Außerordentlichen Kirchlichen Angelegenheiten am 6. November 1925 zur Reorganisation der Militärseelsorge im Deutschen Reich, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 2141, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2141. Letzter Zugriff am: 20.04.2024.
Online seit 24.06.2016, letzte Änderung am 23.02.2017.
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