Dritte US-amerikanische Note vom 23. Oktober 1918

In der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober 1918 sandte die deutsche Regierung ihre zweite Note über die Waffenstillstands- und Friedensbedingungen als Antwort auf die zweite US-amerikanische Note vom 14. Oktober 1918 ab. Sie setzte ihre Hoffnung auf einen "Rechtsfrieden" und war gezwungen, darauf zu vertrauen, dass die US-Regierung keinen Frieden gutheißen werde, der unvereinbar mit der deutschen Ehre sei. Darüber hinaus erklärte die deutsche Regierung die Einstellung der Torpedierung von Passagierschiffen durch deutsche U-Boote, was faktisch die Einstellung des U-Boot-Handelskriegs bedeutete, und wies den Vorwurf völkerrechtswidriger Kriegshandlungen beim Rückzug der deutschen Streitkräfte zurück. In der Verfassungsfrage verwies sie auf den grundlegenden und dauerhaften Systemwandel, der durch die Regierungsübernahme des vom Vertrauen des demokratisch gewählten Reichstags abhängigen Reichskanzlers Prinz Max von Baden vollzogen sei.
In ihrer dritten Note vom 23. Oktober 1918 stellte die US-amerikanische Regierung fest, dass das Reich die gestellten Vorbedingungen rückhaltlos anerkannt habe. Unter diesen Voraussetzungen sei sie bereit, den verbündeten Staaten das deutsche Ersuchen um einen Waffenstillstand vorzulegen. Die Bedingungen für einen solchen Waffenstillstand sollten dem Reich eine Wiederaufnahme der Kampfhandlungen unmöglich machen. Das bedeutete nichts anderes als die vollständige deutsche Kapitulation als Vorbedingung des WaffenstillstandS. Damit war die in der deutschen Regierung ausführlich diskutierte Frage nach einem "Rechtsfrieden" oder einem "Gewaltfrieden" eindeutig beantwortet.
In den bisherigen Entwicklungen der Verfassungsfrage sah die US-amerikanische Regierung keine ausreichenden Garantien für einen dauerhaften Systemwandel – die Macht des preußischen Königs sowie die des Militärs sei ungebrochen. Friedensverhandlungen seien ausnahmslos mit einer wahrhaftigen Volksvertretung möglich. Von den jetzigen Machthabern könne sie lediglich die Unterwerfung verlangen, in Friedensverhandlungen könne sie mit ihnen nicht treten. Damit verknüpfte die US-amerikanische Regierung die Abdankung Wilhelms II. und die Abschaffung der Monarchie mit der Aufnahme von Friedensverhandlungen.
Quellen
Dritte deutsche Note vom 20. Oktober 1918, in: Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes 1918 auf Grund der Akten der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amtes und dem Reichsarchiv, Berlin 21927, ND Frankfurt am Main 1988, Nr. 64, S. 167 f.
Wilsons dritte Note vom 23. Oktober 1918, in: Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes 1918 auf Grund der Akten der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amtes und dem Reichsarchiv, Berlin 21927, ND Frankfurt am Main 1988, Nr. 76, S. 189 f.
Literatur
HUBER, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 5: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung 1914-1919, Stuttgart u. a. 1978, S. 566-581.
SCHWABE, Klaus, Das Ende des Ersten Weltkriegs, in: HIRSCHFELD, Gerhard / KRUMEICH, Gerd / RENZ, Irina (Hg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u. a. 2009, S. 292-303, hier 292 f.
SCHWABE, Klaus, Deutsche Revolution und Wilson-Frieden. Die amerikanische und deutsche Friedensstrategie zwischen Ideologie und Machtpolitik 1918/19, Düsseldorf 1971, S. 144-175.
WALWORTH, Arthur, America's Moment: 1918. American Diplomacy at the End of World War I, New York 1977.
Empfohlene Zitierweise
Dritte US-amerikanische Note vom 23. Oktober 1918, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 25028, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/25028. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 02.03.2011, letzte Änderung am 25.02.2019.
Als PDF anzeigen