Reichserzkanzler

Mit dem Amt des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz war zur Zeit des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation stets das Reichserzkanzleramt verknüpft. Hatten die mit den anderen Kurfürsten verbundenen Erzämter seit dem späten Mittelalter nurmehr zeremoniellen Charakter, nahm der Reichserzkanzler weiterhin praktische Aufgaben in der Reichsverwaltung wahr. Die wichtigste bestand in der Leitung der Reichshofkanzlei, wenn auch ein unmittelbarer Einfluss des Erzkanzlers auf die Kanzlei und deren personelle Zusammensetzung nicht zu jeder Zeit gegeben war. Starken Einfluss auf die Reichsgeschäfte hatte der Erzkanzlers in herrscherlosen Zeiten: Er fungierte zwischen dem Tod des alten und der Wahl eines neuen Kaisers als Reichsverweser. Bei der Kaiserwahl kam ihm die Rolle des Wahlleiters zu. Eine dritte zentrale Funktion besaß der Mainzer Kurfürst auf dem Immerwährenden Reichstag. Als Inhaber des Reichsdirektoriums leitete er die Sitzungen und organisierte die Abstimmungen in dieser Ständevertretung des Reichs. Reichsrechtlich war der Erzbischof von Mainz in seiner Rolle als Erzkanzler somit nach dem Kaiser der zweitwichtigste Mann im Reich. Das Amt erlosch mit dem Ende des Alten Reichs 1806.
Literatur
HOKE, Rudolf, Reichskanzlei, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 662-667.
Empfohlene Zitierweise
Reichserzkanzler, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 3180, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/3180. Letzter Zugriff am: 18.04.2024.
Online seit 20.01.2020.
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