Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Württemberg 1807-1809

Die im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 beschlossene flächendeckende Säkularisation der Reichskirche warf die Frage nach einem neuen rechtlichen Rahmen für die kirchlichen Verhältnisse in Deutschland auf. Dieser sollte über Konkordate mit dem Heiligen Stuhl hergestellt werden. Zur Debatte standen dabei Separatkonkordate des Heiligen Stuhls mit den einzelnen Ländern oder auch ein reichsweites Konkordat. Württemberg hatte bereits vor dem Reichsdeputationshauptschluss Fühlung mit dem Heiligen Stuhl aufgenommen, da das vormals protestantische Land durch die napoleonischen Grenzverschiebungen um katholische Gebiete angewachsen war. Rund eine halbe Millionen Katholiken wurden zu Württembergern. Für diese katholischen Untertanen wollte der König einen Landesbischof einsetzen, um sie der Gerichtsbarkeit von Bischöfen und Offizialaten außerhalb der württembergischen Landesgrenzen zu entziehen. Am 25. September 1807 traf der päpstliche Nuntius Annibale Della Genga in Stuttgart ein, um mit den Vertretern der Regierung eine Konvention auszuhandeln. Ein förmliches Konkordat mit dem protestantischen König lehnte der Papst ab. Der römische Vertragsentwurf sah die Einrichtung von zwei exemten Diözesen, Rottweil und Ellwangen, in Württemberg vor. Dazu sollten in Tübingen ein Priesterseminar und eine theologische Fakultät entstehen. Am 28. Oktober wurde dem König eine erste überarbeitete Fassung vorgelegt, am 31. Oktober eine zweite. Die Verhandlungen standen unmittelbar vor dem Abschluss, als Della Genga am 1. November 1807 überraschend abreiste. Der französische Kaiser Napoleon Bonaparte hatte im Hintergrund Druck ausgeübt, da er inzwischen ein den ganzen Rheinbund umspannendes Konkordat nach französischem Vorbild anstrebte.
Quellen
Der erste Conventionsentwurf, in: MEJER, Otto, Die Concordatsverhandlungen Württembergs vom Jahre 1807. Mit bisher ungedruckten Actenstücken, Stuttgart 1859, S. 24-37, in: reader.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 09.08.2018).
Project der Uebereinkunft, von dem Nuntius übergeben den 31. Oktober, in: MEJER, Otto, Die Concordatsverhandlungen Württembergs vom Jahre 1807. Mit bisher ungedruckten Actenstücken, Stuttgart 1859, S. 58-71, in: reader.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 09.08.2018).
Literatur
BURKARD, Dominik, Staatskirche – Papstkirche – Bischofskirche. Die "Frankfurter Konferenzen" und die Neuordnung der Kirche nach der Säkularisation (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde, Supplementheft 53), Freiburg im Breisgau u. a. 2000, S. 120 f.
MEJER, Otto, Die Concordatsverhandlungen Württembergs vom Jahre 1807. Mit bisher ungedruckten Actenstücken, Stuttgart 1859, in: reader.digitale-sammlungen.de (Letzter Zugriff am: 09.08.2018).
SCHMIDLIN, Josef, Papstgeschichte der neuesten Zeit, Bd. 1: Papsttum und Päpste im Zeitalter der Restauration (1800-1846), München 21933, S. 248.
Empfohlene Zitierweise
Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Württemberg 1807-1809, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 3362, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/3362. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 20.01.2020.
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