Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) in Preußen

In den ersten Jahren ihrer Gründung hatte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) in Norddeutschland und Preußen nur wenige Anhänger. Das völkische Milieu war eher der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP) zugewandt, nachdem diese sich von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) abgespalten hatte.
Die Gründung des preußischen Verbands der NSDAP ging auf die Initiative des Militärs und Anführers eines Freikorps Gerhard Roßbach zurück. Roßbach knüpfte nach der Untersützung nationalistischer Umtriebe in Oberschlesien 1921 Kontakte zu Adolf Hitler und gründete ab August 1922 mehrere Ortsverbände der NSDAP in Norddeutschland. Die Gründung eines Berliner NSDAP-Ortsverbands war für den 19. November 1922 geplant, allerdings kam der preußische Innenminister Carl Severing diesem mit dem Verbot der Partei am 15. November zuvor. Roßbach wich dem Verbot aus, indem er den Verband unter dem Namen Großdeutsche Arbeiterpartei (GAP) ins Leben rief. Am 10. Januar 1923 erließ Severing auch ein Verbot der GAP. Bei den preußischen Landtagswahlen 1924 trat die NSDAP im Wahlbündnis mit der ebenfalls verbotenen DVFP unter dem Namen Nationalsozialistische Freiheitspartei (NSFP) an. Das Ergebnis war mit 2,5 Prozent der Stimmen ernüchternd und das Bündnis von keiner langen Dauer. Bei den Landtagswahlen 1928 konnte die NSDAP wieder unter ihrem eigenen Namen antreten und den alleinigen Anspruch als Vertreterin des rechtsextremen und völkischen Milieus ausrufen, blieb jedoch mit 1,8 Prozent der Stimmen und 6 Mandaten hinter den eigenen Erwartungen zurück.
Während die NSDAP im Reich 1930 einen bedeutsamen Wahlsieg feiern konnte, musste sie sich in Preußen gedulden, denn die Versuche des Stahlhelms, hier vorgezogene Neuwahlen herbeizuführen, scheiterten. Die NSDAP war die deutliche Siegerin der preußischen Landtagswahlen vom 24. April 1932; sie erreichte über 36 Prozent der Stimmen und wurde die stärkste Fraktion. Da sie zusammen mit der KPD aber über mehr als die Hälfte der Sitze verfügte, entwickelte sich eine Pattsituation. Die amtierende Regierung Otto Braun (SPD) regierte auch ohne Parlamentsmehrheit weiter. Mit dem sogenannten Preußenschlag vom 20. Juli 1932 setzte Reichspräsident Otto von Hindenburg die geschäftsführende Regierung Braun ab und setzte Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar ein. Formal regierte nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 in Preußen unter dem Namen "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" eine Koalitionsregierung der NSDAP mit der DNVP mit Hermann Göring als Ministerpräsidenten.
Literatur
BIEWER, Ludwig, Der Preußenschlag 1932. Ursachen, Ereignisse, Folgen und Wertung, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 119 (1983), S. 159–172.
FALTER, Jürgen / LINDENBERGER, Thomas / SCHUMANN, Siegfried, Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933 (Statistische Arbeitsbücher zur neueren deutschen Geschichte), München 1986, S. 101.
LEßMANN-FAUST, Peter, Die preußische Schutzpolizei in der Weimarer Republik. Streifendienst und Straßenkampf (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Polizeigeschichte e. V. 12), Frankfurt am Main 2012, S. 226-347.
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP); Schlagwort Nr. 25026.
SAUER, Bernhard, Gerhard Roßbach - Hitlers Vertreter für Berlin. Zur Frühgeschichte des Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 50,1 (2002), S. 5-21.
SCHRADER, Stefanie, Vom Partner zum Widerpart. Die Deutschvölkische Freiheitspartei und ihr Wahlbündnis mit der NSDAP, in: SCHMIDT, Daniel u. a. (Hg.), Wegbereiter des Nationalsozialismus. Personen, Organisationen und Netzwerke der extremen Rechten zwischen 1918 und 1933 (Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte 19), Essen 2015, S. 55-69.
STANCIU, Anja, "Alte Kämpfer" der NSDAP. Eine Berliner Funktionselite 1926-1949 (Zeithistorische Studien 59), Köln u. a. 2018, S. 7-122.
Empfohlene Zitierweise
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) in Preußen, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 6088, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/6088. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 20.01.2020.
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