Dokument-Nr. 18661

K. K. Eine Niederträchtigkeit, in: Katholische Korrespondenz, Nr. 57, 29. Oktober 19271
Ein Blatt, welches mit geradezu wahnwitzigem Fanatismus gegen die katholische Kirche wütet, ist die "Schwarze Fahne". In jeder Nummer finden sich die grauenhaftesten Schandtaten geschildert, welche man dem katholischen Priestertum anzuhängen versucht. In der Nr. 29 findet sich auf der ersten Seite ein Schweinekopf mit einem Bischofhut und einem Bischofskreuz, und darüber in großen Lettern gedruckt: "Nackttänze um den Altar. Ein gottesfürchtiger Bischof schändet 37 Kinder und Mädchen." Und dann wird in einem Artikel von einem Warschauer Bischof Dr. Kowalski eine grausige Geschichte erzählt. Auf Erkundigungen bei dem hochwürdigsten Herrn Kardinal-Erzbischof Dr. Kakowski in Warschau erfahren wir, daß der in dem obigen Artikel genannte Kowalski gar kein katholischer Bischof ist, sondern daß es sich um den berüchtigten Häuptling der sogenannten "Mariawitensekte" handelt. Wer den obigen Artikel liest, muß aber glauben, daß es sich um einen katholischen Bischof handele. Außer sittlichen Verfehlungen und Betrugsaffären wird den "Mariawiten" auch Landesverrat zur Last gelegt, und es dürfte erwiesen sein, das [sic] Kowalski und seine Leute im Jahre 1920 in Plock, als die Bolschewisten über Polen hereinbrachen, dieselben feierlich empfangen haben. Es wird binnen kurzem eine bezügliche Gerichtsverhandlung erwartet, bei der festgestellt werden soll, daß, während die Bolschewisten von den "Mariawiten" feierlich in ihrer Anstalt empfangen und herrlich bewirtet wurden, in derselben Zeit auf dem Vorhof der Anstalt Soldaten von den Bolschewiken und ihren Verbündeten hingemordet wurden. Es würde sich nicht verlohnen, auf ein Blatt wie die "Schwarze Fahne" überhaupt hinzuweisen, wenn nicht die Bevölkerung in ihrer Sensationslüsternheit das Blatt in Massen kaufen würde und die Angriffe auf Kirche und Priestertum, und zwar in jeder Nummer, nicht so niederträchtig gehalten wären, daß sie für den urteilslosen Leser doch eine große Gefahr bedeuten. Es ist durch Beschluß des Amtsgerichts Berlin-Mitte aus § 94 St. P. O. und § 41 St. G. B. Beschlagnahme erfolgt. Die Generalstaatsanwaltschaft beim Landgericht I ist auch um Anwendung des § 166 R. St. G. ersucht worden. Aber bis diese Maßnahmen durchgeführt sind, hat ein solches Blatt großes Unheil in der urteilslosen Masse angerichtet.
1Datum rekonstruiert nach Informationen aus dem Nuntiaturbericht, laut dem die Nr. 57 der Katholischen Korrespondenz am 29. Oktober 1927 erschien.
Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 29. Oktober 19271, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18661, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18661. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 25.02.2019.