Dokument-Nr. 11043

Statuten der Katholisch-Theologischen Fakultaet in Bonn 1835. [Bonn], 1835

Abschrift
Abschnitt II.
Von den Verhaeltnissen der Fakultaet zur katholischen Kirche.

§ 3.
Das Verhaeltnis der katholisch-theologischen Fakultaet zur katholischen Kirche ergibt sich aus ihrer Bestimmung und folgt im allgemeinen der Analogie des kanonischen Rechts.

§4.
Verhaeltnis der Fakultaet zum Erzbischoeflichen Stuhl.
Des Koenigs Majestaet haben durch die Allerhoechste Kabinetts-Ordre vom 13. April 1825 festzusetzen geruht, dass der Erzbischof von Koeln zu der katholisch-theologischen Fakultaet der Universitaet zu Bonn im wesentlichen dieselbe Stellung einnehmen soll, in welcher sich der Fuerstbischof von Breslau zur katholisch-theologischen Fakultaet der Universitaet daselbst in Folge der im Auszuge hier beigeschlossenen Verordnungen vom 26. August 1776 und vom 26. Julius 1800 befindet; und dass insbesondere im Betreff der Anstellung, Disziplin und Entfernung der Lehrer der katholisch-theologischen Fakultaet in Bonn dem Erzbischoeflichen Stuhl dieselben Befugnisse beigelegt werden sollen, deren sich in dieser Beziehung der Fuerstbischof von Breslau erfreut. Die desfallsigen genaueren Bestimmungen haben seine Majestaet der Koenig dem Ministerium zu ueberlassen und zugleich zu befehlen geruht, dass dieselben in die Statuten der katholisch-theologischen Fakultaet der Universitaet zu Bonn uebernommen werden sollen.
Diesem allerhoechsten Befehle gemaess ist nach Anleitung der in den §§ 5, 6, 7 und 8 der Verordnung vom 26. August 1776 und im
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§ 19 der Verordnung vom 26. Julius 1800 enthaltenen Bestimmungen bereits unter dem 20. April 1825 statuarisch festgesetzt und wird hiermit wiederholt:
1) Dass in der katholisch-theologischen Fakultaet zu Bonn niemand angestellt oder zur Ausuebung des Lehramtes zugelassen werden soll, ohne vorhergegangene Rueckfrage bei dem Erzbischoeflichen Stuhle, und dass dieser berechtigt sein soll, wegen erheblicher die Lehre oder den Lebenswandel des in Vorschlag gebrachten betr. Bedenken die Anstellung oder Zulassung desselben abzulehnen.
2) Sollte wider Verhoffen ein der katholisch-theologischen Fakultaet in Bonn angehoeriger Lehrer in seinen Vorlesungen oder in Schriften der kath. Glaubens- u. Sittenlehre, welche er wissenschaftlich zu begruenden berufen ist, zu nahe treten oder auf andere Art in sittlich-religioeser Beziehung ein auffallendes Aergernis geben, so ist der Erzbischoefl. Stuhl befugt, hiervon Anzeige zu machen, und das Ministerium wird auf den Grund einer solchen Anzeige mit Ernst und Nachdruck einschreiten und Abhuelfe leisten.
3) Ueberhaupt steht die katholisch-theologische Fakultaet, insoweit die katholische Kirche an der Wirksamkeit derselben beteiligt ist, unter der geistlichen Aufsicht des Erzbischofs. Dieser hat das Recht, sie, so oft es ihm gut scheint, zu visitieren oder visitieren zu lassen; die halbjaehrigen Lektionen-Verzeichnisse muessen ihm vorgelegt werden, und die Fakultaet ist gehalten, die Bemerkungen desselben ueber rein theologische Gegenstaende ehrerbietig aufzunehmen und nach Moeglichkeit zu beachten. Jene Aufsicht erstreckt sich auch auf die einzelnen Mitglieder der Fakultaet in ihrer Eigenschaft als kath. Geistliche, und der Erzbi-
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schof ist berechtigt, in den Faellen wo wider diese Eigenschaft verstossen ist, mit Vorwissen des Ministers die geeignete Zurechtweisung eintreten zu lassen.

Abschnitt IV.
§ 12.
Die Entwuerfe und Reinschriften der, an vorgeordnete Behoerden abzustattenden Berichte hat der Dekan allen Mitgliedern der Fakultaet zur Unterzeichnung vorzulegen. Andere Schreiben, desgleichen Gutachten der Fakultaet werden nach vorheriger Genehmigung des Entwurfes bloss vom Dekan in der Reinschrift gezeichnet. Alle Kommunikationen der Fakultaet mit dem Ministerium sowohl als mit dem Erzbischoeflichen Stuhl werden von dem Dekan an das Kuratorium der Universitaet zur weiteren Befoerderung gesandt. Bei muendlichen Verhandlungen der Fakultaet muss die Beratschlagung von dem aeltesten, die Abstimmung aber von dem juengsten Mitgliede der Fakultaet anfangen, und dieses Verfahren ist auch bei schriftlichen Verhandlungen zu beobachten, insofern es die oertlichen Verhaeltnisse gestatten. Ist ein Fakultaetsbeschluss nicht einhellig gefasst worden, so sind die in der Minderheit sich Befindenden berechtigt, ihre abgesonderten Vota nicht nur zu den Akten zu geben, sondern auch zur Kenntnis der vorgesetzten Behoerde zu bringen.
Die gesetzlich bestimmten Einkuenfte des Dekans bestehen:
a) in einem Zehnteile der Promotionsgebuehren, welche die Kandidaten des Licentiaten- und Doktorgrades zu erlegen haben, ausser seiner Rate an diesen Gebuehren, die ihm als ordent-
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lichen Fakultaetsmitgliede zukommt;
b) in den Gebuehren fuer die Inscription in das Album facultatis, welche fuer einen von der Schule oder von Haus nach der Universitaet kommenden sich der katholischen Theologie widmenden Studierenden Einen Thaler, fuer einen von einer andern Universitaet kommenden einen halben Thaler betragen;
c) in den Gebuehren von zwei Thalern fuer die Vollziehung eines Abgangszeugnisses;
d) in einem Zehnteile der Gebuehren, welche fuer geforderte Gutachten irgend einer Art von den Beteiligten erlegt werden als praecipua Decani.

Abschnitt V.
§ 18.
Ordentliche oder ausserordentliche Professoren katholischer Konfession, die einer anderen Fakultaet angehoeren und Vorlesungen, die in den Lehrkreis der katholisch-theologischen Fakultaet fallen, muessen hierzu die Zustimmung der ebengedachten Fakultaet nachsuchen. Faellt der Beschluss der Fakultaet fuer den nachsuchenden unguenstig aus, so steht ihm noch der Regress an das Ministerium frei.
Die Ankuendigungen der katholisch-theologischen Vorlesungen solcher nicht zur Fakultaet gehoerigen Professoren werden im Kataloge denen der katholisch-theologischen Privatdozenten beigefuegt. Uebrigens gilt in bezug auf das Verhaeltnis zum Erzbischoeflichen Stuhl auch hier dasjenige, was im § 4 unter No. 1 verordnet ist.
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Abschnitt VII.
§ 26.
Ferner ist der neuangestellte ordentliche und ausserordentliche Professor, wie auch jeder Privatdozent gehalten, ehe er seine Vorlesungen anfaengt, das katholische Glaubensbekenntnis, nach Vorschrift des tridentinischen Kirchenrats, und in der, in der Kirche ueblichen Form, in die Haende des Dekans in Gegenwart der uebrigen ordentlichen Fakultaetsmitglieder abzulegen, und der Dekan hat darueber, dass dies geschehen, ein Protokoll in lateinischer Sprache aufzunehmen, welches von saemtlichen Anwesenden unterzeichnet, und dann in vidimierter Abschrift durch den Dekan an das Ministerium und an den Erzbischoeflichen Stuhl eingesendet wird.

Abschnitt IX.
§ 49.
Wer fuer alle Faecher der Theologie als Repetent zugelassen werden will, muss sich zuvor die theologische Licentiatenwuerde erwerben; wer nur fuer gewisse Faecher der theologischen Wissenschaften als Repetent auftreten will, muss in denselben ein Examen in der Fakultaet bestehen. Die Zulassung erfolgt nach vorhergegangener Rueckfrage bei dem Erzbischoeflichen Stuhle durch einen einfachen Bescheid an den Kandidaten, und wird demnaechst mittels des Kurators dem unterzeichneten Ministerium angezeigt.

§ 51.
Wer sich als Privatdozent habilitieren will, muss mindestens 2 Jahre sein akademisches Triennium zurueckgelegt, die
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hoeheren Weihen empfangen haben und die theologische Licentiaten- oder Doktor-Wuerde besitzen. Hat er eine dieser Wuerden auf einer auslaendischen Universitaet erhalten, so muss er bei der Fakultaet um Genehmigung einkommen und zu dem Ende derselben, sein Diplom, ein lateinisches Curriculum vitae und die etwa von ihm herausgegebenen Schriften, jedenfalls eine gedruckte oder geschriebene Abhandlung aus den Hauptfaechern vorlegen, ueber welche er Vorlesungen zu halten beabsichtigt. Wenn die Fakultaet aus den letzteren seine gelehrte Taetigkeit hinlaenglich zu erkennen meint, so kann sie ihm nach erfolgter Rueckfrage bei dem Erzbischoeflichen Stuhl jene Genehmigung erteilen; sonst muss sich der Doktor einem Colloquio, der Licentiat einem Examen zum Behufe der Nostrifikation unterwerden.

§ 58.
Die Fakultaet fuehrt die Aufsicht sowohl ueber die akademischen Leistungen, als den Lebenswandel der ihr angehoerigen Repetenten und Privatdozenten, und berichtet ueber dieselben jaehrlich an das Ministerium. Die Fakultaet hat die Verpflichtung, durch ihre Mitglieder von Zeit zu Zeit die Vorlesungen der ihr angehoerigen Privatdozenten besuchen zu lassen und das Recht, diejenigen, welche besondere Hoffnung geben, dem Ministerium zu Stipendien und Remunerationen in Vorschlag zu bringen. Die der Fakultaet in Bezug auf das sittliche Verhalten der Privatdozenten, zustehenden Ordnungsmittel sind:
1) Bei leichteren Anstoessigkeiten Warnung oder Verweis durch den Dekan, entweder allein oder vor versammelter Fakultaet.
2) Bei wiederholten oder groeberen Verstoessen Interdiktion
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auf ein halbes Jahr, welche, solange keine sichtbar ernstliche Besserung eingetreten ist, von Haljahr zu Halbjahr fortgesetzt, oder auch wieder erneuert werden kann. Hierueber wird jedesmal dem Kuratorium, zum Berichte an das Ministerium und dem Erzbischoeflichen Stuhle, Anzeige gemacht, wobei nach Umstaenden zugleich auf die Ermaechtigung, das betreffende Subjekt gaenzlich zu removieren, angetragen werden kann.
Empfohlene Zitierweise
Anlage vom 1835, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 11043, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/11043. Letzter Zugriff am: 24.04.2024.
Online seit 24.10.2013.