Séminaire Russe Saint-Basile in Lille
Da nach der Oktoberrevolution 1917 eine große Anzahl von russischen Staatsbürgern nach Frankreich floh, musste die Seelsorge für die unierten Christen innerhalb dieser neuen Bevölkerungsgruppe geregelt werden. Auf Initiative Pius' XI. wurde 1923 das Seminar mit Sitz in Lille gegründet, das der Ausbildung des Nachwuchses der russisch-unierten Priesteramtskandidaten wie der russischen Kandidaten, die vollends zum Katholizismus konvertiert waren, diente. Die Leitung des Seminars wurde den Dominikanern anvertraut. Durch die geographische Nähe der Dominikaner-Hochschule Le Saulchoir im belgischen Kain-lez-Tournai entwickelte sich ein reger Austausch mit den dortigen namhaften Theologen wie etwa Marie-Dominique Chenu und Yves Congar. Die Auseinandersetzung mit der Gestalt, Liturgie und Spiritualität der russischen Kirche führte zu einer wichtigen theoretischen Grundlage für den ökumenischen Dialog mit den orthodoxen Kirchen, der im Seminar wie in Le Saulchoir gepflegt wurde. Auch das Orientalische Institut in Rom und das Ordinariat in Lille standen in Kontakt zum Seminar und versuchten, ihren Einfluss geltend zu machen. 1927 wurde daher ebenfalls in Lille das Forschungsinstitut "Istina" gegründet, das an das Seminar angeschlossen wurde. Es sollte der wissenschaftlichen Fundierung des Dialogs mit den Ostkirchen dienen.
Literatur
BAUER, Christian, Ortswechsel der Theologie. Marie-Dominique Chenu im Kontext seiner
Programmschrift "Une école de théologie: Le Saulchoir", Bd. 1, Berlin 2010,
S. 343 f.
FOUILLOUX, Étienne, Les catholiques et l'unité chrétienne du XIXe et
XXe siècle, Paris 1982, S. 103-106.
Empfohlene Zitierweise
Séminaire Russe Saint-Basile in Lille, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 10042, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/10042. Letzter Zugriff am: 20.04.2024.