Ius advocatiae

Das Ius advocatiae bildete neben dem Ius reformandi und dem Ius inspiciendi einen der zentralen Aspekte staatlicher Kirchenhoheit (Ius circa sacra) im Modell des Staatskirchentums, wie es für die Neuzeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges prägend war.
Dem Staat standen demnach nicht nur Aufsichtsrechte und das Recht zur konfessionellen Festlegung zu, sondern auch das Recht, kirchliche Belange durch die ihm eigentümlichen Mittel durchzusetzen. Der Staat, der das Ius advocatiae ausübte, trat also als Beschützer und Wahrer der kirchlichen Interessen auf. Dies konnte konkret durch rechtliche Vereinbarungen geschehen, wie etwa im Bayernkonkordat von 1817.
Mit dem Ende der Monarchie und der Einführung der Weimarer Reichsverfassung von 1919 änderte sich diese rechtliche Ausgangslage. Art. 137 WRV lehnte klar ein Staatskirchentum ab und überließ den Religionsgesellschaften die volle Eigenverwaltung innerhalb der Grenzen des bestehenden staatlichen Rechts. Damit wurden von staatlicher Seite auch die Schutzrechte gegenüber der Kirche reduziert, gleichwohl ihr Bestand und ihre Position innerhalb der Gesellschaft durch gesetzliche Regelungen und durch die finanzielle Ausstattung gesichert wurden. Die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts konnte weiterhin darauf bauen, dass der Staat ihre Arbeit schützte und förderte, jedoch nicht, dass der Staat in kirchlichen Angelegenheiten als Appellations- oder Sanktionierungsinstanz angerufen werden konnte.
Literatur
LÖHR, Joseph, Kirchenhoheit, in: Lexikon für Theologie und Kirche 5 (1933), Sp. 1003-1006.
Empfohlene Zitierweise
Ius advocatiae, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 13072, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/13072. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 31.07.2013.
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