Projekt einer internationalen katholischen Bauernorganisation

Sowohl vor als auch nach dem Ersten Weltkrieg gab es zahlreiche Versuche, die verschiedenen nationalen Bauernverbände, die seit dem 19. Jahrhundert entstanden waren, auf internationaler Ebene zusammenzufassen. Es gab dabei unterschiedliche Konzepte einer solchen, schon von den Zeitgenossen so genannten "Grünen Internationale".
In diesem Zusammenhang verfasste 1921 auch die spanische Confederación Nacional Católico-Agraria (CNCA) einen Aufruf zur Gründung einer internationalen katholischen Bauernorganisation. Dieser Aufruf sorgte bei seinen Adressaten offenbar für Diskussionen, ob eine solche internationale Organisation einen engeren katholischen oder einen weiteren christlichen Charakter haben sollte. Es ist davon auszugehen, dass die spanische Initiative scheiterte.
Analyse
Auf Bitte des spanischen Nuntius Francesco Ragonesi übersandte Gasparri den Aufruf der CNCA mit gleichlautenden Weisungen (Dokument Nr. 5669) an die Nuntien in Bern, München, Lissabon, Brüssel, Budapest, Warschau und Wien. Antworten der Nuntien in Lissabon, Brüssel und Warschau finden sich nicht im entsprechenden Faszikel im Historischen Archiv des Staatssekretariats. Neben Pacelli (Dokumente Nr. 4374 und Nr. 4375) antworteten somit die Nuntien in Bern, Budapest und Wien.
Luigi Maglione, der schweizerische Nuntius, berichtete, dass es in der Schweiz keine "federazione agraria cattolica seriamente orgaizzata" gebe, sondern lediglich eine "Lega dei contadini", die überkonfessionell christliche Prinzipien verkünde und vor allem in den protestantischen Kantonen verankert sei. Der ungarische Nuntius Lorenzo Schioppa berichtete von einem Gespräch mit einem der Vorsitzenden der "Associazione agraria nazionale ungherese“, Jenő Czettler . Diese bemühe sich bereits um eine gegen die "Rote Internationale" gerichtete "Grüne Internationale" und korrespondiere bereits mit der CNCA. Nach Czettler gab es in Ungarn keinen ausschließlich katholischen Bauernverband und könne es einen solchen auch nicht geben – nur die Gründung eines interkonfessionellen christlichen Verbandes sei möglich. Der Wiener Nuntius Francesco Marchetti-Selveggiano antwortete lediglich, dass er sich mit dem Wiener Erzbischof Friedrich Gustav Kardinal Piffl in Verbindung setzen werde, doch findet sich davon im Faszikel kein Niederschlag.
Quellen
Gasparri an die Nuntien in Bern, München, Lissabon, Brüssel, Budapest, Warschau und Wien vom 17. Januar 1921 [Entwurf]; S.RR.SS., AA.EE.SS., Spagna, pos. 1271, fasc. 489, fol. 26r.
Marchetti-Selveggiano an Gasparri vom 20. Januar 1921; S.RR.SS., AA.EE.SS., Spagna, pos. 1271, fasc. 489, fol. 29r.
Maglione an Gasparri vom 7. Februar 1921; S.RR.SS., AA.EE.SS., Spagna, pos. 1271, fasc. 489, fol. 30r-31r.
Schioppa an Gasparri vom 15. Februar 1921; S.RR.SS., AA.EE.SS., Spagna, pos. 1271, fasc. 489, fol. 32rv.
Literatur
Confederación Nacional Católico-Agraria (CNCA); Schlagwort Nr. 25088.
KLUGE, Ulrich, Agrarwirtschaft und ländliche Gesellschaft im 20. Jahrhundert (Enzyklopädie deutscher Geschichte 73), München 2005, S. 88.
GARGAS, Sigismund, Die Grüne Internationale, Halberstadt 1927.
VOLTES BOU, Pedro, Historia de la Economia española en los Siglos XIX y XX, Bd. 2, Madrid 1974, S. 714.
Empfohlene Zitierweise
Projekt einer internationalen katholischen Bauernorganisation, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 25089, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/25089. Letzter Zugriff am: 29.03.2024.
Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 17.12.2014.
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