Pragmatismus

Der Pragmatismus geht davon aus, dass Handeln und Erkenntnis des Menschen nur von den Folgen, nicht aber von einem wie auch immer gearteten Wesen der Dinge her bestimmt werden können.
William James (1842-1910, Dokument Nr. 13438) gilt als einer der Hauptvertreter des amerikanischen Pragmatismus. Er entwickelte eine erfahrungsbezogene Sicht auf die menschliche Psyche, die entgegen des in der Psychologie vertretenen Determinismus Raum für freie ethische Entscheidungen lässt. Der Einzelne ist demnach fähig, aus den Konsequenzen seines Handelns bestimmte Werte abzuleiten. Werte sind vor diesem Hintergrund allerdings keine allgemeinen Größen, sondern Zielrichtungen für die Praxis, die sich dem Betroffenen als nützlich erwiesen haben. Anders ausgedrückt: Jeder Gedanke, der sich bewährt hat, ist wahr. Bei dieser subjektiven Bestimmung von Welt und Handeln bleibt offen, inwieweit die menschliche Wahrnehmung der Welt mit deren tatsächlicher Beschaffenheit zusammenhängt.
Ein zentraler Punkt bei der Betrachtung von Werten war für James der Blick auf die Überzeugungen der Menschen, zu denen er auch die Religion rechnete. Er formulierte mit dem Begriff des "will to believe" ein Recht zum Glauben, indem er das Überzeugt-Sein von einer nicht verifizierbaren Wirklichkeit – dem Kern religiösen Glaubens – für legitim hielt, falls sich daraus eine Verbesserung und Humanisierung der Lebensführung ableiten ließe. Eine solch utilitaristisch ausgerichtete Sicht auf religiöses Leben läuft der Auffassung der klassischen Theologie entgegen, die dem Glauben an sich einen Wert zuschreibt. Der Glaube ist hier nicht Mittel zum Zweck eines besseren Lebens, sondern göttliche Gnade, die dem einzelnen den Weg zum Heil öffnen soll.
Problematisch bleibt bei James die ungeklärte Frage der Verifizierbarkeit von tatsächlichen Aussagen über die Beschaffenheit der Welt, der in seiner subjektivistisch bzw. pluralistisch orientierten Theorie nicht nachgegangen wird. Auch hier gab es Reibungsflächen gerade mit der neuscholastischen Theologie, die davon ausging, dass die Glaubenswahrheiten etwas Überindividuelles darstellen, das nicht durch subjektive Entscheidung, sondern durch göttliche Offenbarung approbiert ist.
Literatur
PAPE, Helmut, Pragmatismus. Philosophisch, in: Theologische Realenzyklopädie 27 (1997), S. 182-187, hier 184 f.
MÜLLER, Klaus, Pragmatismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 8 (1999), Sp. 499 f.
SEIBERT, Christoph, Religion im Denken von William James. Eine Interpretation seiner Philosophie, Tübingen 2009.
SEYDL, Ernst, James, William, in: Lexikon für Theologie und Kirche 5 (1933), Sp. 272 f.
SIMON, Paul, Pragmatismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche 8 (1936), Sp. 425 f.
SWITALSKI, Bronislaus Wladislaus, Der Wahrheitsbegriff des Pragmatismus nach William James. Eine erkenntniskritische Studie, Braunsberg 1910.
WILDERMUTH, Bernd, James, William, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 2 (1990), Sp. 1524-1534, in: www.bbkl.de (Letzter Zugriff am: 26.06.2014).
Empfohlene Zitierweise
Pragmatismus, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 27097, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/27097. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 23.07.2014, letzte Änderung am 25.02.2019.
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