CIC/1917, Codex Iuris Canonici 1917

Bereits im 19. Jahrhundert wurde eine Neufassung und Vereinheitlichung des kanonischen Rechts gefordert. Die bisherigen kirchenrechtlilchen Bestimmungen, die sich unter anderem aus dem "Corpus iuris canonici", den Tridentinischen Reformdekreten und den Papstgesetzen, die häufig Einzelfallentscheidungen betrafen, ableiteten, waren unübersichtlich – unterschiedliche Gesetze konnten sich sogar widersprechen. Pius X. gab am 19. März 1904 mit dem Motu Proprio "Arduum sane munus" den Auftrag zur Neukodifikation des Kirchenrechts. Pietro Gasparri, der sich für diesen Schritt eingesetzt hatte, wurde zum Vorsitzenden der Kommission zur Neugestaltung des Kanonischen Rechts ernannt. Gasparri machte Eugenio Pacelli zum einflußreichen Sekretär dieser Kommission. Beide, Gasparri und Pacelli, stammten aus der Rechtsschule der Päpstlichen Universität St. Apollinare in Rom. Sie setzten das modernisierende säkularisierte Rechtsverständnis gegen das von der Päpstlichen Universität Gregoriana favorisierte Dekretalienrecht im CIC durch.
Mit der Konstitution "Providentissima Mater Ecclesia" promulgierte Benedikt XV. am 27. Mai 1917 den "Codex Iuris Canonici" (CIC). Dessen 2414 Kanones traten am 19. Mai 1918 als Gesetzbuch der römisch-katholischen Kirche in Kraft. Erstmals in der Geschichte der Katholischen Kirche lag damit eine vom Papst approbierte Gesetzessammlung als verbindliche Rechtsgrundlage für die lateinische Kirche vor. Der CIC war in 5 Bücher unterteilt: 1. Allgemeiner und einleitender Teil, 2. Recht der Personen, 3. Recht der Sachen (Sakramente, heilige Orte und Zeiten, Gottesdienst, Lehramt, Benefizien, Kirchenvermögen), 4. Prozessrecht und 5. Strafrecht. Der CIC/1917 blieb bis ins Jahr 1983 in Kraft.
Der CIC/1917 war Ausdruck des wachsenden Römischen Zentralismus'. Durch ihn sollten die Rechtszuständigkeit des Papstes innerhalb der Katholischen Kirche sowie die Unabhängigkeit der Katholischen Kirche im Verhältnis zu den Staaten gestärkt werden. So sollten die Bischöfe unabhängig von staatlicher Einflussnahme allein durch den Heiligen Stuhl eingesetzt werden. Als Sekretär der Kommission zur Neugestaltung des Kanonischen Rechts gilt Pacelli zu Recht als strenger Vertreter des Kirchenrechts, dessen Durchsetzung er auch in seinen späteren Ämtern – unter anderem durch seine Konkordatspolitik – anstrebte.
Quellen
1917 Codex Iuris Canonicis, in: www.jgray.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
Codex Iuris Senior, in: www.catho.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
GASPARRI, Pietro (Hg.), Codex Iuris Canonici Pii X Pontificis Maximi iussu digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus, Rom 1917, in: www.archive.org (Letzter Zugriff am: 08.03.2016).
Literatur
CHENAUX, Philippe, Pie XII. Diplomate et pasteur (Histoire Biographie), Paris 2003 S. 69-73.
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Iuris Canonici, Bd. 1: Allgemeines und Personenrecht, Paderborn 11923.
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Iuris Canonici, Bd. 2: Sachenrecht, Paderborn 121967.
EICHMANN, Eduard / MÖRSDORF, Klaus, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Iuris Canonici, Bd. 3: Prozeß- und Strafrecht, Paderborn 111979.
FANTAPPIÉ, Carlo, Introduzione storica al diritto catholico, Bologna 1999.
FANTAPPIÈ, Carlo, Gl'inizi della codificazione pio-benedettina alla luce di nuovi documenti, in: Il diritto ecclesiastico 113 (2002), S. 16-83.
GERINGER, Karl-Theodor, Codex Iuris Canonici, in: Lexikon für Theologie und Kirche3 2 (1994), Sp. 1234-1245.
HOLBÖCK, Carl, Handbuch des Kirchenrechts, 2 Bde., Innsbruck 1951.
Päpstliche Kommission für die Kodifikation des kanonischen Rechts; Schlagwort Nr. 2136.
LEITNER, Martin, Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Auf Grund des neuen Kodex vom 28. Juni 1917, 5 Bde., Regensburg 1921-1927.
LINK, Christoph, Kirchliche Rechtsgeschichte, München 22010, § 23.
MAY, Georg, Kirchenrechtsquellen I, 13. Der Codex Iuris Canonici (1917), in: Theologische Realenzyklopädie 19 (1990), S. 36-39.
SAMERSKI, Stefan, Primat des Kirchenrechts: Eugenio Pacelli als Nuntius beim Deutschen Reich (1920-1929), in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 170 (2001), S. 5-22.
STUTZ, Ulrich, Der Geist des Codex Iuris Canonici. Ein Einführung in das auf Geheiß Papst Pius X. verfasste und von Papst Benedikt XV. erlassene Gesetzbuch der katholischen Kirche (Kirchenrechtliche Abhandlungen 92/93), Stuttgart 1918.
UNTERBURGER, Klaus, Nachahmung des modernen Staates und spiritualistische Waffe gegen ihn. Zu Carlo Fantappiès epochaler Geschichte und Deutung des Kirchenrechts von 1917, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 117 (2010), S. 639-657.
Empfohlene Zitierweise
CIC/1917, Codex Iuris Canonici 1917, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Schlagwort Nr. 3000, URL: www.pacelli-edition.de/Schlagwort/3000. Letzter Zugriff am: 28.03.2024.
Online seit 24.03.2010, letzte Änderung am 29.01.2018.
Als PDF anzeigen