Dokument-Nr. 10999
Mergel OSB, Johannes Leo von (Taufname: Johannes) an Pacelli, Eugenio
Eichstätt, 12. Juni 1922
Hochwürdigster Herr Erzbischof & Apostolischer Nuntius!
An der bischöflichen philosophisch-theologischen Hochschule Eichstätt vollendet einer der Professoren sein 40. Lehrjahr, doziert also 80 Semester. Sein Name ist Dr. Joseph Schwertschlager, bischöfl. geistl. Rat, Professor der Chemie und Naturgeschichte. Derselbe hat als Gelehrter sich einen hohen Ruf erworben und darum bin ich wiederholt angegangen worden, diesem Professor aus Anlaß seines 40 jährigen Professorenjubiläums eine Auszeichnung zu erwirken. Bei heutiger Lage, in der es keine Ehrung durch weltliche Monarchien mehr gibt, kann nur an eine Ehrung seitens des Hl. Vaters in Frage kommen.
Darum gestatte ich mir die ehrfurchtsvollste Bitte, Euer Exzellenz wollen geruhen, für Herrn Professor Schwertschlager vom Hl. Vater, dem Gelehrten auf Petri Stuhl, wo möglich die gnädigste Ernennung zum Hausprälaten zu erwirken.
Herr Hochschulprofessor Dr. Schwertschlager ist solcher Ehrung würdig als Priester und verdient sie als Gelehrter.
Sein curriculum vitae nach außen ist sehr einfach. Er ist hier in Eichstätt geboren am 5. Juni 1853, machte hier seine Studien und wurde am 1. Mai 1877 zum Priester geweiht. Nachdem er 1 ½ Jahr in der
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Seelsorge tätig gewesen war, bezog er Nov. 1880 die Universität Würzburg, um sich auf das Lehrfach für Naturwissenschaft vorzubereiten. Nachdem er promoviert hatte, wurde er am 1. Oktober 1882 zum Professor ernannt und hat seitdem als musterhafter Priester im Seminar gelebt und gelehrt, wo er heute noch wohnt und als Lehrer tätig ist.Als Gelehrter hat eine große naturwissenschaftliche Sammlung hier eingerichtet, die an Pfingsten teuer von Herren aus Königsberg besucht wurde. Außerdem hat Hr. Dr. Schwertschlager eine anerkennenswerte Reihe von Werken geschrieben, die Euer Exzellenz in der anruhenden Beilage verzeichnet finden. Ich selbst kenne nur die mit Blaustift angestrichenen Werke, von denen besonders die 2 Bände: "Philosophie der Natur" von Bedeutung sind, in Kösel's Sammlung erschienen. Als es sich handelte, wer dies Werk verfassen sollte, hat kein geringerer als Professor Dr. Bäumker an der Universität München erklärt: "das könne nur Dr. Schwertschlager verfassen". Er übernahm es und nachdem es zu Ostern 1921 erschienen war, waren Ende des Jahres alle Exemplare verkauft. So schnell war das Werk vergriffen.
Ich lasse mit gleicher Post das Werk an Euer Exzellenz abgehen und bitte, Einsicht zu nehmen und eventuell dem Hl. Vater zu unterbreiten.
Da seit dem Tode des Herrn Hergenröther 1890 eine solche päpstliche Ehrung keiner genossen hat, läge hiermit zugleich eine Ehrung der einzigen bischöfl. Hochschule in Bayern, der auch Herr Prälat Prof. Dr. Grabmann in München und Prof. Dr. Wunderle an der Universität Würzburg einst angehört haben und an der nicht bloß meine Alumnes studieren,
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sondern auch eine Anzahl aus dem Bistum Speyer. Gegenwärtig studieren auch zwei ältere Herren, ein 61 jähriger Major aus dem Erzbistum Köln und ein 53 jähriger Staatsminister a. D, aus Württemberg hier Theologie.Herr Professor Schwertschlager ist der älteste meiner Hochschulprofessoren und genießt als Gelehrter und als Priester hier und auswärts große Achtung, worüber sich Ew. Exzellenz in München leicht informieren können.
Ich bitte daher, meine Freiheit mir nicht übel zu nehmen und meine Bitte, wenn es tunlich ist, Seiner Eminenz, dem Hochwürdigsten Herrn Staatssekretär motu proprio zu unterbreiten.
Da das curriculum vitae des Hrn. Schwertschlager sehr einfach verlief und er zunächst nur wissenschaftlich tätig war, nahm ich von einer besonderen Darlegung Umgang. Ich füge nur hinzu, dass der Gelehrte dort auch im Beichtstuhle tätig war und besonders seinem Bruder, der Dekan und Pfarrer in der Diözese ist, gerne Aushilfe leistete in den Ferien.
In ganz vorzüglicher Verehrung und Hochschätzung bin ich
Euer Exzellenz
ehrerbietigst ergebener
+ Leo v. Mergel, O. S. B.
Bischof von Eichstätt