Dokument-Nr. 4465
Buchberger, Michael an Pacelli, Eugenio
Regensburg, 12. März 1929
Hochwürdigster Herr Erzbischof und Nuntius!
Zunächst bitte ich zu gestatten, dass ich auch Euer Excellenz meine grosse Freude über die glückliche Ordnung des Verhältnisses zwischen dem Hl. Stuhl und der italienischen Regierung zum Ausdruck bringe. Eine so grosse Freude war den Katholiken seit langem nicht mehr beschieden. Möge sich der Friede als ein dauernder Zustand und als eine Quelle des Segens erweisen!
Es drängt mich seit langer Zeit, Euer Excellenz in einer Angelegenheit zu schreiben, die nach meiner Befürchtung recht kritisch werden könnte. Es ist der Prozess Lama-Michaelis. Es erscheint mir als sicher, dass der Prozess<,>1 auch wenn er den besten Ausgang nehmen würde, einen Feuerbrand in das Verhältniss [sic] zwischen Katholiken und Protestanten hineinwirft, der protestantischen Unruhe- und Unfriedenstiftern willkommene Gelegenheit gibt, weite Kreise aufzupeitschen und gegen die Katholiken scharf zu machen. Für die Aufgabe Eurer Excellenz, die ohnehin schwer genug ist, wird dieser Prozess hemmend und
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lähmend wirken. Ich fürchte aber, dass der Prozess durchaus
nicht so glatt und glücklich verläuft, wie Herr von Lama sich das erwartet. Herr von Lama
macht sich selbst gross, viel grösser, als er wirklich ist und ich habe den Eindruck, auch
der Prozess soll dazu dienen, ihn zu einem möglichst berühmten Mann zu machen. Er ist ein
grosser Panegyriker, wird aber gerade deswegen von tiefer schauenden Männern kaum recht
ernst genommen. Seine Schriftstellerei befasst sich gerne mit Dingen, die etwas von
Sensation getragen werden. Daher ist er auch einer derjenigen, die aus Konnersreuth einen
guten literarischen Erfolg herauszuschlagen wussten. Es wäre sehr schlimm, wenn dieser Mann
als eine Art Repräsentant des Katholizismus und Anwalt des Hl. Stuhles vor Gericht auftreten
würde. Daher habe ich es begrüsst, dass der schwebende Prozess allmählich einzuschlafen
schien. Nun aber bringen die Zeitungen die Nachricht, dass das Verfahren doch wieder
aufgenommen werden soll und es ist nicht recht klar, ob dies von Seite des evangelischen
Bundes oder von Seite des Herrn von Lama mehr betrieben wird. In letzterem Falle wäre es
vielleicht doch möglich, demselben etwa durch das Ordinariat Augsburg einen Wink zu geben,
dass er die Sache ruhen lassen soll.Ich möchte mich in die Angelegenheit in keiner Weise einmischen,
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glaubte aber Euer Excellenz meine
Auffassung über dieselbe zur Kenntnis bringen zu dürfen.Genehmigen Euer Excellenz den Audruck [sic] meiner hohen Verehrung, mit der ich die Ehre habe zu bestehen
Euer Excellenz
in Liebe & Treue
ehrerbietig ergebener
+ Michael,
Bischof von Regensburg
1↑Hds. vermutlich
vom Verfasser eingefügt.