Dokument-Nr. 14150
Mausbach, Joseph an Pacelli, Eugenio
Münster, 06. Dezember 1924
bittet die ehrerbietig unterzeichnete Leitung des Deutschen Instituts für wissenschaftliche Pädagogik zu Münster i.W. für den zur Zeit dringend notwendig werdenden Ausbau des Instituts um Unterstützung. In dem Schreiben vom 14. August d. J. Nr. 989 an den Hochwürdigsten Deutschen Episkopat, das auch Ew. Exzellenz übersandt wurde, war in dem Schlussabsatz darauf hingewiesen, dass der Bau eines eigenen Hauses bereits beschlossen sei.
Das Institut verfolgt als katholische pädagogische Lehr- und Forschungsanstalt den Zweck, das Interesse für Erziehung und Pädagogik zu beleben und die katholischen Grundsätze für die Erziehungswissenschaft fruchtbar zu machen, um so das Erziehungswesen richtunggebend und zielsicher zu beeinflussen.
Deutschland, insbesondere Preussen, steht zur Zeit vor einer Umgestaltung des Lehrerbildungswesens. An die Stelle der bisherigen konfessionellen Lehrerseminare sollen schon bald pädagogische Akademien mit konfessionellem Charakter treten. Bei Betrachtung dieser Sachlage zeigt sich nun, dass auf katholischer Seite ein erschreckender Mangel an vollwertig vorgebildeten Dozenten für Pädagogik besteht. In klarer Erkenntnis dieser Tatsache hat das Institut bereits seit 1922 die Heranbil-
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dung von Dozenten für Pädagogik übernommen, doch
müssen unbedingt hinreichende Vorkehrungen getroffen werden, damit der erhöhte Bedarf an
Dozenten in den Jahren von 1930-40, wenn der zur Zeit bestehende Ueberschuss an Lehrern und
Lehrerinnen beseitigt ist und die beschleunigte Einrichtung pädagogischer Akademien
erforderlich wird, gedeckt werden kann. Bei den unsicheren inneren (parteipolitischen)
Verhältnissen in Deutschland ist es ferner eine zwingende Notwendigkeit, schon jetzt
Sicherungen für den etwaigen Fall zu treffen, dass eine spätere religions- oder
katholikenfeindliche Berliner Regierung die Beseitigung der konfessionellen und damit der
katholischen Volksschule und katholischen Lehrerbildung anstreben sollte. Ferner muss es
einer solchen Regierung schon jetzt unmöglich gemacht werden, aus dem Grunde laxe bezw.
liberale oder sozialistische Elemente in den Lehrkörper der katholischen pädagogischen
Akademien zu bringen, weil hin reichend qualifizierte überzeugungstreue Katholiken nicht zur
Verfügung stehen. Diese Sicherungen dürfte das Institut nach seinem Ausbau gewähren.Das Deutsche Institut für wissenschaftliche Pädagogik hat seinen zentralen Sitz in Münster in Westfalen und ist schon jetzt als ein grosses und unentbehrliches katholisches Kulturinstitut anzusehen. Es verfügt über Zweigstellen in Düsseldorf, Trier, München und Breslau. Weitere sind in Vorbereitung. Unerlässlich ist nun aber der Erwerb eines eigenen Hauses für seine münstersche Zentralstelle. Es ist deshalb ein eigener Bau geplant.
Der in Aussicht genommene Bau muss Raum bieten
1. für drei Hörsäle,
2. für ein pädagogisch-psychologisches Laboratorium,
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3. für ein
pädagogisches Archiv,4. für eine Bibliothek,
5. für ein Seminar für Heilpädagogik,
6. für einen Lese- und Arbeitsraum,
7. für ein pädagogisches Museum,
8. für ein Werkseminar,
9. für die Geschäftszimmer des Instituts,
10. für die Redaktion der Vierteljahrschrift für wissenschaftliche Pädagogik.
Dazu kommen ferner noch 6 Arbeitszimmer, die einzelnen Hörern, die sich besonderen Arbeiten widmen, zugewiesen werden können.
In Verbindung mit dem Caritasverband der Diözese Münster e. V. soll auch ein Internat für katholische Studenten an der Universität Münster gebaut werden das in baulichem Zusammenhang mit dem Institutsgebäude steht und etwa 120 Studierende aufnehmen kann. Das Internat kann in den Ferien als Exerzitienhaus dienen, sowie bei den ordentlichen und ausserordentlichen Kursusveranstaltungen des Instituts einer Anzahl der Teilnehmer Unterkunft bieten.
Vor dem Kriege gingen aus den katholischen Lehrerfamilien neben einer grossen Anzahl von Theologen vielfach Männer hervor, die im katholischen Leben Deutschlands zu führenden Stellungen gelangten. Die ungünstige wirtschaftliche Lage Deutschlands, vor allem aber die unzureichenden Besoldungsverhältnisse der Lehrer lassen befürchten, dass in Zukunft ein gleicher Nachwuchs aus dem bürgerlichen Mittelstand und den Lehrerfamilien nich gestellt werden kann, wenn nicht rechtzeitig besondere Massnahmen getroffen werden. Es ist zu befürchten, dass infolge der ausserordentlichen Schwä-
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chung, die der katholische
Mittelstand durch die Inflation und die gesamten Schäden der Nachkriegszeit erlitten hat,
dieser katholische Mittelstand nicht mehr hin reichende Kräfte entsenden kann, die
Führerstellungen im katholischen Leben einnehmen. Diesem drohenden Uebelstande will das
Internat zu seinem Teil abhelfen, indem es in erster Linie für die Unterbringung der
studierenden Söhne aus Lehrerfamilien bestimmt ist, daneben aber auch andere studierenden
Katholiken, besonders solchen, die sich auf die Universitätslaufbahn vorbereiten, billige
Wohnung gewährt. Es ist vor allem dem hiesigen Direktor des Caritasverbandes
Univ.-Prof. Dr. theol. et rer. pol. Weber zu danken, dass er sich mit
Tatkraft der Durchführung dieses Planes annimmt. Er hat sich bereit erklärt, den Bau des
Internats mit allen Mitteln zu fördern und nach Vollendung desselben die Verwaltung zu
übernehmen. Die Kosten für den Ausbau des Instituts und des Internates belaufen sich
schätzungsweise auf 1 Million Goldmark. Ein geeignetes Baugelände in Grösse von
5.000 qm ist in diesen Tagen zum Preise von 70.000 Goldmark bereits angekauft.Für die Aufbringung dieser hohen Summe liegen augenblicklich folgende Pläne vor:
1. Die Mitglieder des "Katholischen Lehrerverbandes des Deutschen Reiches" (20.000) und des "Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen e.V. (18.000) sollen in den vier Jahren 1925-1928 pro Mitglied 10.- Mk., also jedes Jahr 2,50 Mk. für den Bau aufbringen. Dadurch würde sich eine Einnahme ergeben von rund 350.000 Mk.
2. Vom "Verein zur Pflege wissenschaftlicher Pädagogik" dem juristischen Träger des Instituts, und vom Caritasverband für die Diözese Münster soll beim Wohlfahrtsminister in Berlin eine Lotterie beantragt werden, die einen
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Reingewinn ergeben soll von 100.000
Mk.3. Der Generalsekretär der Katholischen Schulorganisation zu Düsseldorf hat sich bereit erklärt, in Verbindung mit den Ortsvereinen der katholischen Lehrer und Lehrerinnen Deutschlands eine besondere Aktion in Orten mit hinreichend starker katholischer Bevölkerung zum Besten des Instituts einzuleiten. Bei dieser Gelegenheit sollen "Bausteine" zu 5 Mk. 10 Mk. 50 Mk, und 200 Mk., die vom Institut ausgegeben werden, verkauft werden. Es steht zu erwarten, dass bei hinreichender Propaganda mit einer Einnahme gerechnet werden kann von 150.000 Mk.
4. Der Hochwürdigste Deutsche Episkopat, der die Gründung des Instituts sehr gegrüsst hat, soll gebeten werden, in den Jahren 1925/26 oder 1926/27 also zweimal eine Kollekte in allen Diözesen zur Förderung des Erziehungswesens zu veranstalten. Die Genehmigung dieser Kollekte vorausgesetzt, dürfte mit einer Einnahme von etwa 160.000 Mk. gerechnet werden.
5. Der Heilige Vater, der bereits 1923 dem Institut 10.000 Lire zur Verfügung stellte und dadurch dem Institut die Möglichkeit gab, die schwere Zeit der Inflation zu bestehen, soll erneut um eine Unterstützung gebeten werden.
6. Es soll versucht werden, ein Darlehen aus katholischen Kreisen Amerikas auf Goldbasis aufzunehmen und durch eine Bank in Münster sicherzustellen. Erwünscht wäre es, wenn dieses Darlehen zu einem mässigen Zinssatz etwa 2-3% pro anno, gewährt würde, so dass der erhöhte Zinsertrag in Deutschland zur Deckung der Zinsen in Amerika und zur Amortisation des Kapitals dienen könnte. Der sich ergebende Ueberschuss könnte dann wieder den Baukosten zu-
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gute kommen, und das Institut selbst hätte nach seiner
Vollendung einen Fonds, der die gedeihliche Arbeit für die Zukunft sicherte.7. Die im Kuratorium des Instituts vertretenen katholischen Organisationen Deutschlands: 1. Die Görresgesellschaft, 2. der Volksverein für das katholische Deutschland, 3. der katholische Frauenbund, 4. der Verband katholischer deutscher Philologinnen, 5. der deutsche Caritasverband e.V. sollen um Mitarbeit, für die Aufbringung der Finanzen (siehe oben Ziffer 3) gebeten werden.
Um die Finanzierung des Instituts nach Vollendung des Baues unter allen Umständen sicher zu stellen, sind bereits Massnahmen getroffen. Ab 1928 kann mit einem regelmässigen jählichen Etat gerechnet werden, der mit etwa 100.000 Mk. bis 120.000 Mk. in Einnahmen und Ausgaben balanciert.
Bis dahin dürfte das Institut auch in der Lage sein, einen wissenschaftlichen Leiter und weitere Dozenten hauptamtlich einzustellen.
Um nun die Arbeit für die Durchführung des Institutsbaues baldigst in Angriff nehmen zum können, erlaubt sich die Institutsleitung, Ew. Exzellenz nachstehende Bitten vortragen zu dürfen:
1. Die katholischen Lehrer und Lehrerinnen Deutschlands sind, abgesehen von etwa 10.000 – 12.000 katholischen Lehrern Bayerns, die dem liberalen deutschen Lehrerverein angehören, fast ausnahmslos organisiert in dem "Katholischen Lehrerverband des Deutschen Reiches" und in dem "Verein katholischer deutscher Lehrerinnen e.V." Beide Organisationen haben sich in dem "Verein zur Pflege wissenschaftlicher Pädagogik e.V." zusammen geschlos-
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sen
und durch Bereitstellung einmaliger und laufender Mittel im engsten Einvernehmen mit dem
Hochwürdigsten Deutschen Episkopat den Grund für diese pädagogische Lehr- und
Forschungsanstalt gelegt. Damit nun die katholischen Lehrer und Lehrerinnen in ihrem Eifer
für den Ausbau des Instituts nicht erlahmen, bittet die Institutsleitung, Ew. Exzellenz
möge den Heiligen Vater bewegen, dass Se. Heiligkeit das von den katholischen Lehrern
und Lehrerinnen Deutschlands gegründete Werk huldvollst gutheisse und sie zur Weiterarbeit
an dem Ausbau gütig ermuntere.2. Bei den schweren wirtschaftlichen Nöten Deutschlands muss damit gerechnet werden, dass bei der Aufbringung der in obigem Plane aufgeführten Gelder unter Umständen Stockungen eintreten. Um in einem solchen Falle die Fortführung des Baues zu sichern, bittet die Institutsleitung um eine finanzielle Beihilfe durch Se. Heiligkeit im Jubiläumsjahr. Diese Beihilfe soll jedoch für die Bestreitung der Baukosten nur bei sich ergebenden Schwierigkeiten herangezogen werden, sonst aber dazu dienen, die wissenschaftlichen Arbeiten des Instituts sicher zu stellen.1
3. Dem gleichen Zwecke soll das oben unter Ziffer 6 angegebene Darlehen aus Amerika dienen.
Im Hinblick auf die hohe Aufgabe des Instituts, das als einzige spezifische Anstalt für wissenschaftliche Pädagogik in der katholischen Welt das Ziel hat, planmässig den Ausbau einer katholischen Pädagogik zu fördern, legen wir Ew. Exzellenz herzlich nahe, den Heiligen Vater gütigst bitten zu wollen, Se. Heiligkeit möge
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dem Institut eine Empfehlung zukommen lassen, die zur
Erlangung eines Darlehens dienen soll.Indem die unterzeichnete Leitung des Instituts Ew. Exzellenz für die bisherige Unterstützung wärmsten Dank ausspricht zeichnen
mit ehrfurchtsvoller Ergebenheit
Für das Kuratorium: Dr. Mausbach Dompropst, Univ.-Prof.
Für die wissenschaftliche Leitung: Dr. Ettei[4 Buchstaben unlesbar] Universitätsprofessor.
Für den Verein zur Pflege wissenschaftlicher Pädagogik: Wilhelm Kratz Geschäftsführer des Instituts.
1↑Von "Diese
Beihilfe" bis "sicher zu stellen" hds. mit blauer Farbe markiert.
2↑Von "Die Richtigkeit" bis "+ Johannes" hds. von Bischof Johannes
Poggenburg eingefügt.