Dokument-Nr. 5026
Hartmann, Felix von an Pacelli, Eugenio
Köln, 08. Mai 1919
beehre ich mich ganz ergebenst folgendes zu unterbreiten:
In einem Teile der belgischen Besetzungszone meiner Diözese verhindern die Besatzungsbehörden die Abhaltung kirchlicher Prozessionen. So wurde nach mir vorliegenden Meldungen die Genehmigung der Marcus-Prozession und der Prozession zur Abholung der Erstkommunikanten verweigert in den Pfarreien Holt und Kleinenbroich, beide im Kreise M. Gladbach. Die ablehnende Antwort an die Pfarrer lautete in beiden Fällen: "Bei Verordnung des General-Commandant die 6. D. J. sind Prozessionen nur im Innern der Kirchen aber nicht auf den Straßen erlaubt." 24. April 1919.
Le Commandant du Cantonnement P. O. L'Officier délé-
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gué. Name unleserlich. Stempel: Armée Belge.
Bureau du Cantonnement Ville de M. Gladbach.Aus der Stadt Neuss erhalte ich die Mitteilung, dass dort die Genehmigung zur Abhaltung der Fronleichnamsprozession verweigert worden ist.
In der Pfarrei Gustorf, Kreis Grevenbroich, wurde die Genehmigung aller Prozessionen am Palmsonntage, am Feste des hl. Marcus, an den Sonntagen in der Osterzeit, an den Rogationstagen, am Fronleichnamsfeste mit einem kategorischen "Non" verweigert.
In anderen Teilen der belgischen Zone können alle Prozessionen völlig ungehindert stattfinden. Ich schließe daraus, dass die erlassenen Verbote lediglich von den betreffenden Divisions-Kommandanten ausgehen.
Da die durch Straßen und Felder sich bewegende Fronleichnamsprozession bei der Bevölkerung außerordentlicher Beliebtheit sich erfreut, so würde dort, wo dieselbe nicht stattfinden dürfte, eine große Unzufriedenheit, Erbitterung und Beunruhigung entstehen. Ich würde deshalb Euerer Exzellenz dankbar sein, wenn Sie die Güte hätten, Seine Eminenz den Herrn Kardinalstaatssekretär um seine Intervention
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bei der belgischen Regierung zu bitten. Mit
Rücksicht auf die kurze bis Fronleichnam noch zur Verfügung stehende Zeit gestatte ich mir,
Euere Exzellenz ergebenst zu bitten, die Angelegenheit telegrafisch nach Rom zu
übermitteln.Ich darf zum Schluss darauf hinweisen, dass der Generalgouverneur Freiherr von Bissing im Jahre 1915 auf meine Vorstellung hin die Fronleichnamsprozession für das ihm unterstehende Generalgouvernement ausdrücklich gestattet hat.
In der Hoffnung, das Euere Exzellenz die Schreckenstage in München ohne Schaden überstanden haben, bin ich in größter Hochschätzung
Euerer Exzellenz
ergebenster
F. Card. von Hartmann.