S.RR.SS., AA.EE.SS., Germania, 1923-1928, pos. 525, fasc. 37, fol. 93r.
Abschrift . TelegrammGestern hat die wild gewordene Soldateska von Trier eine 24 Stunden zuvor
ausgesprochene Drohung wahr gemacht, indem sie mit ihren farbigen Afrikanern 106 Familien
der Eisenbahnerkolonie zu Trier-West auf die Strasse setzte, weil die Männer dem Reiche den
Treueid nicht brechen wollen. Erst als die Spahis die Möbel aus den Fenstern auf die Strasse
warfen, griffen hilfreiche Hände mit zu, um nicht alles in Stücke gehen zu lassen. Jetzt
sind diese Ärmsten mit Weib und Kind und ihrem Hausrat obdachlos. Flüchtlingsfürsorge zu
Trier versucht die Not zu lindern. Hilfsaktion nötig. Bitte Kommissare neutraler Mächte
entsenden. Erbitte ferner mir für diese Familien zunächst reichliches Schmerzensgeld aus den
Hilfsfonds zur Verfügung zu stellen. Einer andern 98 Familien starken Kolonie der
Eisenbaugenossenschaft St. Paulin zu Trier und einer 500 Familien starken Kolonie in Ehrang
steht für die nächsten Tage das gleiche Schicksal bevor. Diese irrsinnige Roheit kann nicht
laut genug vor aller Welt gebrandmarkt werden. Passiver Widerstand wächst. Gleiches erhalten
Reichspräsident, Reichskanzler, Reichsverkehrsminister Berlin, Oberpräsident Fuchs Wetzlar,
Erzbischof Köln. Reichsbahndirektionspräsident Lohse.
Empfohlene Zitierweise
Lohse, Friedrich Rudolf an Hartmann, Felix von vom 08. April 1923, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 6388, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/6388. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.Online seit 24.10.2013.