Dokument-Nr. 5323
Bludau, Augustinus an Pacelli, Eugenio
Frauenburg, 04. Mai 1920
erlaube ich mir wiederum auf beifolgende Zeitungsnotizen aus dem ostpreuß - und westpreußischen Abstimmungsgebiet aufmerksam zu machen. – Die polnische Zeitung in Allenstein brachte jüngst die Nachricht, dass Herrn [sic] Nuntius Ratti sich von Warschau zur Berichterstattung nach Rom begeben habe. Von seinem Bericht über Oberschlesien werde es abhängen, ob er auch die Jurisdiktion über das ermländische Abstimmungsgebiet erhalten werde. Immer aufs neue wird die Bevölkerung durch die aus Warschau eingewanderten Agitatoren im geistlichen Gewand durch diese und ähnliche Botschaften aufgeregt. Diese fremdländischen Priester bekümmern sich nicht im geringsten um den Bischof. Einer und der andere zieht mit einer polnischen Theatergesellschaft von Dorf zu Dorf und erklärt von der Bühne herab das "religiöse" Schauspiel "Schutz von Czenstochau", das der Bevölkerung Begeisterung für Polen einflößen soll. Ein anderer Priester aus Polen bekleidet das Amt eines Generalkonsuls von Polen in Allenstein, ein dritter leitet eine polnische Schule, wie mir berichtet wird. Wenn ich mich darüber missfällig äußern würde, so würde ich sofort der Parteinahme für die Deutschen beschuldigt werden. Ich wünschte sehr, dass es vom Apostolischen Stuhl verboten würde, dass polnische Priester aus anderen
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Dioecesen in das Abstimmungsgebiet gehen und in der Agitation tätig sich zeigen. Welch ein Geschrei würde sich erheben wollten die Deutschen gleichfalls Priester aus anderen Dioecesen herbeiholen, die im Interesse des Deutschtums wirken würden. Wenn sie es täten, würde die Verwirrung der Gläubigen noch größer werden. Der Ordinarius der Dioecese könnte diesen ihm fremd gegenüberstehenden Priestern die Agitation gleichfalls nicht verbieten. Der einheimische Klerus hält sich im allgemeinen in den ihm durch seine Stellung angemessenen Schranken und giebt mir wenig Anlass zu Klagen; gegenüber den fremdländischen Priestern, die zum Teil gar nicht zelebrieren, bin ich machtlos; nach einem Gerücht sollen sogar demnächst 20 fremde Priester im Abstimmungsgebiet erscheinen. Wenn die erregte Bevölkerung sich vergisst und trotz der geistlichen Würde sie insultiert, so haben sie es sich selbst zuzuschreiben. Man glaubt sogar, dass die deutsche Bevölkerung absichtlich zu Excessen provoziert wird von polnischen Hetzern, damit die Forderung, die Abstimmung auf ein Jahr hinauszuschieben, vor der Öffentlichkeit begründet erscheint. Um keinen Anlass zur Erregung zu geben, will ich selbst die Firm- und Visitationsreise in das Abstimmungsgebiet aufschieben, bis die Abstimmung die Gemüter beruhigt haben wird. Über den Ausfall der Abstimmung zu Gunsten des Deutschtums herrscht hier nicht der geringste Zweifel. – Ew. Gnaden wollen gütigst diese Ausführungen, mit denen ich vielleicht lästig falle, entschuldigen; ich glaube aber nicht unterlassen zu dürfen Ew. Exzellenz zu informieren. Genehmigen Ew. Exzellenz den Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung und Ergebenheit, in der ich verharre als
Ew. Exzellenz untertänigster
+ Augustinus Bludau.
Bischof von Ermland.