Dokument-Nr. 3185
Dunkmann, Karl: Zur Geschichte und Tendenz der "Deutschen Monatshefte für christliche Politik und Kultur" vom Herausgeber Prof. D. Karl Dunkmann. Berlin, 17. September 1920
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gegenseitige Achtung und Ehrerbietung sollte geweckt, gegenseitiges Einfühlen versucht werden, wobei die Unterscheidungen nur um so klarer hervortraten. Die Glaubensspaltung sollte dabei auf ihr eigentliches Gebiet eingeschränkt werden und jenseits dieses Gebiets eine weite Vorhalle sich auftun, in welcher die Gläubigen beider Bekenntnisse sich zusammenfinden mussten, da sie einem gemeinsamen Gegner, der modernen atheistischen Weltanschauung, sowohl bürgerlicher, als proletarischer Observanz gegenüberstanden.Der Erfolg entsprach den Erwartungen einerseits, andererseits freilich blieb er hinter diesen zurück. Eine stattliche Schar von Mitarbeitern war bald aus beiden Lagern vereinigt, wobei sich die merkwürdige Tatsache ergab, dass katholischerseits mehr theologische und religiös interessierte Mitarbeiter sich bereit fanden, während die protestantischen Theologen abseits standen und dafür Philosophen, Kulturhistoriker und Historiker wie Politiker sich in Menge einfanden. Die ablehnende Haltung der prot. Theologen und kirchlich interessierten Laien ist auf die politische Spannung gegenüber dem Zentrum und besonders auf die intensive Polemik des "Evangelischen Bundes" zurückzuführen. Die Mentalität des deutschen Protestantismus der Gegenwart ist noch zu stark von der Reichsgründung her durch den Kulturkampf bestimmt. Und gerade der Zusammenbruch des alten Staatsgefüges, des "protestantischen Kaisertums" verursachte eine nervöse Gereiztheit dem "siegreichen" Katholizismus gegenüber. Daher war der Gesamterfolg auf Seite des Protestantismus immerhin gering, doch fasste die Zeitschrift auch hier infolge ihres gediegenen und unanfechtbaren Inhaltes mehr und mehr Boden. Selbstverständlich durfte in ihr das religiöse Gebiet nirgends direkt berührt werden, sondern die Belehrung und Unterhaltung bewegte sich immer nur auf dem, was gemeinsam war an kulturellen Gütern und politischen Interessen. Die Geschichte vor allem diente zur Belehrung, um die großen Gestalten der ferneren und jüngsten Vergangenheit aufleben zu lassen, die
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durch ihre konfessionelle Weitherzigkeit und Toleranz sich auszeichneten. Lagarde, Wagner, Bischof von Ketteler, Leibnitz und andere wurden in Erinnerung gebracht und dabei der modernen interkonfessionellen Arbeiterbewegung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Aus Wissenschaft, Politik und Kunst brachte die jedesmalige "Umschau" eine reichhaltige Übersicht und immer waren die Mitarbeiter gleichmässig aus beiden Konfessionen hergenommen. Deutlich war an dem Verkehr der Mitarbeiter untereinander und an der Leserwelt zu beobachten, dass eine gegenseitige Stimmung aufrichtigen Vertrauens sich anbahnte, die der alten Feindschaft und mindestens absoluten Gleichgültigkeit die Spitze brach. Leider nur war doch der Leserkreis lange nicht gross genug, um das kostspielige Unternehmen auf die Länge zu tragen. Ein Abonnentenkreis von ca. 600 Personen erwies sich als viel zu schwach angesichts der enormen Produktionskosten.In dieser Notlage sind der Verleger und Herausgeber nunmehr eine bedeutsamen Schritt weiter gegangen, um der Zeitschrift ein solideres Fundament zu geben und auch ihren Leserkreis zu vergrössern. Sie haben sich, angeregt von verschiedensten Seiten, entschlossen, die Zeitschrift zum Organ eines neu gegründeten oder besser noch zu gründenden "konfessionellen Friedensbundes" zu erheben, der in allen grösseren Städten des Reichs Wurzeln schlagen und, wills Gott, zur nationalen Bewegung werden soll. Die Zeitschrift hat den Boden vorbereitet und geebnet, dass sicher auf gute Aufnahme des neuen Projektes zu hoffen ist. Entwurf der Satzungen und Organisation des Friedensbundes liegen bei. Sie bewegen sich ganz im Rahmen der Tendenz der Zeitschrift, nur suchen sie die feste Unterlage einer Organisation.
Wir würden einen gewaltigen Schritt vorwärts tun können, wenn wir hierzu die Billigung und den Segen des Hl. Vaters erlangen könn-
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ten. Was uns Deutschen jetzt Not tut, ist in erhöhtem Grade das, was den Völkern untereinander Not tut und was der Hl. Vater in erhabenen Worten kürzlich ausgesprochen hat, nämlich, die Bereitschaft zum Frieden und zur Versöhnung. Wir unsererseits möchten weiter nichts, als dass die auf kirchlich-religiösem Gebiet bestehende Kluft nicht unnötig vergrößert werde, dass vielmehr Brücken bestehen bleiben, auf denen man sich finden und begegnen kann. Diese "Brücken" sind unserer tiefen Überzeugung nach gegeben sowohl im "Naturrecht", das alle Menschen verbindet, wie im Glauben an den Herrn Jesus Christus, den auch die Protestanten anrufen und auf den auch sie getauft sind, wie endlich im starken physischen Band der Völkergemeinschaft.Die Wege der Vorsehung kennen wir nicht. Darum wissen wir es nicht, aber wir glauben es doch, dass einmal wieder ein Hirt und eine Herde sein wird. Vorgreifen wollen wir dem Plan der himmlischen Vorsehung wahrlich nicht, aber ihm dienen nach unserem besten Gewissen und nach "der Hoffnung, die in uns ist."
Dunkmann