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                            Dokument-Nr. 5273
                         
                        
                        Euere Exzellenz
gestatte ich mir ehrerbietigst zu ersuchen, meine dringliche demütige Bitte um Absehen von meiner Berufung unter Hinweis auf folgende Bedenken nach Rom gütigst leiten zu wollen:
1 1) Ich bin für die Seelsorge im einfachen Volke, am besten in meinem lieben Bayern geschaffen, nicht aber für den Verkehr in hohen Kreisen und diplomatische Dienste, die mit dieser Stelle verbunden wären. Der weite Kreis der Caritas ist mein Arbeitsfeld.
2 2) Meine Sprachkenntnisse sind sehr mangehaft und für diesen Posten
3 Die Sprachen, namentlich auch Schwedisch zu erlernen und gewandt zu sprechen, dürfte mir sehr schwer fallen, da leider mein Gedächtnis infolge jahrelanger stets
4 3) Auch gesundheitlich bestehen einige Bedenken, da ich zu Verkältungen und Rheumatismus neige und etwas nervöses Herzleiden habe.
Hätte die S. Congr. ein besseres Bild meiner Schwächen und Mängel gehabt, so wäre sicher ein anderer würdigerer, geeigneterer und vor allem sprachgewandter Priester von Anfang an gewählt worden.
Ich selbst bin von der Angelegenheit völlig überrascht. Hätte ich eine Ahnung gehabt oder wäre gefragt worden, hätte ich in demütig-
Ich bitte nun die S. Congr. ehrfurchtsvollst von meiner Person absehen zu wollen u. mich in meiner Stellung gnädig zu belassen.
5 Nur wenn die Päpstliche Kurie trotz dieser Bedenken, die sie würdigt, auf ihrem Vorhaben beharrt, könnte ich in meiner Berufung den Ruf Gottes erkennen, mich beruhigen und der Stimme meiner Kirche als ihr ergebener Sohn vertrauensvoll u. mit Hingabe folgen.
Genehmigen Exzellenz den Ausdruck meiner besonderen Verehrung, mit der in tiefster Ehrfurcht zeichnet
Euerer Exzellenz
ehrerbietigst gehorsamt
Msgr. Dr. Johann Ev. Müller
Canonicus 
                        
                             
                        
                             
                        Online seit 31.07.2013, letzte Änderung am 02.11.2015. 
                    
    Dokument-Nr. 5273
Müller, Johann Evangelist (Johannes Erik) an Pacelli, Eugenio
 an Pacelli, Eugenio
München, 29. Oktober 1922
                        gestatte ich mir ehrerbietigst zu ersuchen, meine dringliche demütige Bitte um Absehen von meiner Berufung unter Hinweis auf folgende Bedenken nach Rom gütigst leiten zu wollen:
1 1) Ich bin für die Seelsorge im einfachen Volke, am besten in meinem lieben Bayern geschaffen, nicht aber für den Verkehr in hohen Kreisen und diplomatische Dienste, die mit dieser Stelle verbunden wären. Der weite Kreis der Caritas ist mein Arbeitsfeld.
2 2) Meine Sprachkenntnisse sind sehr mangehaft und für diesen Posten
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ganz
                    ungenügend. Das Italienische spreche ich nur wenig; es fehlt mir die Übung in der
        Konversation. Ich habe es in Rom sehr wenig gesprochen u. seit 11 Jahren gar nicht mehr. Das
        Französische kann ich nicht besser sprechen als jeder nächstbeste Priester der Erzdiözese,
        wir haben es nur in der Jugend grammatikalisch erlernt, aber nie praktiziert und im Umgang
        geübt. Auch im Gebrauch des Latein fehlt mir Übung und Gewandtheit.3 Die Sprachen, namentlich auch Schwedisch zu erlernen und gewandt zu sprechen, dürfte mir sehr schwer fallen, da leider mein Gedächtnis infolge jahrelanger stets
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 unruhiger hartiger Arbeit nervös
        geschwächt ist und ich mir Wörter und Sachbezeichnungen nur sehr schwer merken
        kann.4 3) Auch gesundheitlich bestehen einige Bedenken, da ich zu Verkältungen und Rheumatismus neige und etwas nervöses Herzleiden habe.
Hätte die S. Congr. ein besseres Bild meiner Schwächen und Mängel gehabt, so wäre sicher ein anderer würdigerer, geeigneterer und vor allem sprachgewandter Priester von Anfang an gewählt worden.
Ich selbst bin von der Angelegenheit völlig überrascht. Hätte ich eine Ahnung gehabt oder wäre gefragt worden, hätte ich in demütig-
775v
ster Ehrfurcht aber mit aller
        Entschiedenheit mich sogleich dagegen ausgesprochen.Ich bitte nun die S. Congr. ehrfurchtsvollst von meiner Person absehen zu wollen u. mich in meiner Stellung gnädig zu belassen.
5 Nur wenn die Päpstliche Kurie trotz dieser Bedenken, die sie würdigt, auf ihrem Vorhaben beharrt, könnte ich in meiner Berufung den Ruf Gottes erkennen, mich beruhigen und der Stimme meiner Kirche als ihr ergebener Sohn vertrauensvoll u. mit Hingabe folgen.
Genehmigen Exzellenz den Ausdruck meiner besonderen Verehrung, mit der in tiefster Ehrfurcht zeichnet
Euerer Exzellenz
ehrerbietigst gehorsamt
Msgr. Dr. Johann Ev. Müller
Canonicus
1↑Am linken Rand hds. von unbekannter Hand, vermutlich vom
            Empfänger, notiert: "1) Si
            dice specialm. atto per la cura di anime del semplice popolo; non per la diplomazia come
            la comporta l'altro officio".
                            
                            2↑Am linken Rand hds. von unbekannter Hand, vermutlich vom
            Empfänger, notiert: "2) La conoscenza
            delle lingue è deficiente".
                            
                            3↑Am linken Rand hds. von unbekannter Hand, vermutlich vom
            Empfänger, notiert: "Imparare ancora lo svedese sarà molto difficile non avendo neppure molta
            memoria".
                            
                            4↑Am linken Rand hds. von unbekannter Hand, vermutlich vom
            Empfänger, notiert: "3) La salute non è tanto buona e prende facilmente
            raffreddori e reumatismi. Soffre anche di un pò di mal di cuore nervoso".
                            
                            5↑Am linken Rand hds. von unbekannter Hand, vermutlich vom
            Empfänger, notiert: "Se la S. Congr. non ostante insiste si
            sottometterà".
                            
                        