Dokument-Nr. 10268
Mausbach, Joseph an [Rundschreiben ohne Empfänger]
Münster, 01. Dezember 1919
Der "Ausschuß zur Verteidigung deutscher und katholischer Interessen im Weltkriege" ist bisher schon bemüht gewesen, auch für die Förderung katholischer Kultur auf deutschem Boden zu wirken. Nach mehrjährigen Erwägungen und im Einvernehmen mit dem hochwürdigsten Herrn Bischof von Limburg Dr. Augustin Kilian, gestattet er sich heute, als Übermittler eines dringenden und hochbedeutsamen Anliegens aufzutreten.
In Frankfurt a. Main ist bekanntlich vor einigen Jahren eine freie Universität gegründet worden, die lediglich aus städtischen und Stiftungsmitteln ohne staatlichen Zuschuß unterhalten wird und keine theologischen Fakultäten aufweist. Von protestantischer Seite wird nun bereits seit langem für den Gründungsfonds einer evangelisch-theologischen Fakultät gesammelt, auch ist schon ein protestantischer Pfarrer als Honorarprofessor für Religionsgeschichte angestellt worden. Für die Katholiken ergibt sich hieraus die doppelte Pflicht, die Begründung einer katholisch-theologischen Fakultät anzustreben. In Preußen bestehen solche Fakultäten nur an drei Universitäten, und von den fünf süddeutschen Fakultäten ist die Straßburger jüngst zerstört worden. Das katholische Interesse verlangt gebieterisch an anderer Stelle einen Ersatz. Nicht nur die theologische Wissenschaft, deren Heimatsrecht an der Universität von den Hochschulen selbst in letzter Zeit wiederholt anerkannt und durch die neue Verfassung bestätigt worden ist, bedarf eines weiteren Brennpunktes; auch die katholische Studentenschaft der weltlichen Fakultäten will sich durch die Fakultät in ihrer Glaubenüberzeugung fördern und anregen lassen. Gerade die Universität Frankfurt wird bei der Bedeutung der Stadt, ihrer zentralen Lage in Mitteldeutschland und der Freigebigkeit ihrer Bürger bald zu einer der angesehensten im deutschen Reiche werden und Studenten wie Studentinnen von überallher anziehen. Die theologischen Professoren werden nicht nur durch ihre literarischen Arbeiten das wissenschaftliche Leben im katholischen Deutschland fördern, es den gebildeten Andersgläubigen bekannt machen und damit den Einfluß unserer Weltanschauung mehren; sie werden auch durch Vorlesungen für weitere Kreise und sonstige Veranstaltungen katholisches Geistesleben pflegen und gegen glaubensfeindliche Einflüsse ein Gegengewicht schaffen. Das ganze katholische Deutschland, nicht bloß Frankfurt oder die Diözese Limburg, würde so eine Stärkung dieses Glaubenslebens erfahren, und der Katholizismus als deutscher Kulturfaktor käme auch dem Ausland gegenüber stärker zur Geltung.
Es sind schon Verhandlungen mit der Stadt Frankfurt, dem Ministerium und der Universität gepflogen worden. Dabei hat sich herausgestellt, dass die maßgebenden Kreise der Errichtung einer theologischen Fakultät wohlwollend gegenüberstehen. Der Oberhirt der Diözese würde die Gründung lebhaft begrüßen.
Schwierigkeit macht nur die Beschaffung der Geldmittel, da öffentliche Leistungen für die Frankfurter Universität nicht vorgesehen sind. Der hochwürdigste Herr Bischof macht sich anheischig, aus Diözesanmitteln für die Erbauung eines Priesterseminars in Frankfurt aufzukommen. Allein die Kosten für die Gehälter der Professoren und für die theologische Bibliothek, die insgesamt wohl ein Kapital mit dem Zinsertrag von 50-60.000 Mk. erfordern, kann die
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Diözese Limburg unmöglich allein tragen. Das ganze
katholische Deutschland, das seine Studenten und Studentinnen nach Frankfurt schickt,
insbesondere alle begüterten Katholiken, die das ideale Geistesleben und die
Bekenntnisfreudigkeit ihrer Glaubensgenossen zu fördern wünschen und den Einfluß des
religiösen Gedankens auf das sittliche Leben, und damit auf die Wiedergeburt unseres Volkes,
zu würdigen wissen, müssen durch freiwillige Spenden und Stiftungen mithelfen, damit der
Plan verwirklicht werde. Ein schöner Grundstock ist durch eine hochherzige Spende bereits
geschaffen; aber die Erreichung der notwendigen Summe ist nur möglich durch weitere
außergewöhnliche Opferwilligkeit. Die heutige Zeit mit ihrer Erschütterung aller Macht- und
Besitzverhältnisse ist, wie wir hoffen, solchen Taten eines hohen religiösen Idealismus
nicht ungünstig! Ueberdies werden nach dem Entwurf des Reichsnotopfer-Gesetzes Spenden zu
Universitätszwecken von der Abgabe freibleiben. Im Vertrauen auf Ihr weitblickendes und
opferfreudiges Interesse wagen wir es daher, an Euer Hochwohlgeboren mit der herzlichen und
inständigen Bitte heranzutreten, für die Begründung der Frankfurter Fakultät einen
möglichst namhaften Beitrag zu spenden. Die Überweisung wird freundlichst erbeten
auf das Konto des Bischöfl. Ordinariats zu Limburg Nr. 4702 beim Postscheckamt
Frankfurt (Main).Im Namen des Ausschusses:
Dr. Joseph Mausbach,
Dompropst und Universitätsprofessor
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