Dokument-Nr. 13022
Stammler, Jakobus an Erzbischöfliches Ordinariat München-Freising
Solothurn, 04. November 1911

Kopie
Was Sie mir ueber Priester Joh. Bapt. Falk mitgeteilt haben, hat mich mit Bedauern erfuellt, aber nicht in Verwunderung gesetzt. Falk ist seit Jahren eines der Kreuze des Bischofs von Basel. Gebuertig von Ottersweier in Baden wurde er seiner Zeit von dem hochseligen Bischof Eugenius Lachat aus Ruecksicht auf den Herrn Weihbischof Lothar v. Kuebel in Freiburg i. B., dessen Verwandte Beziehungen zu der Familie Falks hatten, ins Bistum Basel aufgenommen. Falk wurde in der Folge auf verschiedenen Stellen verwendet, machte sich aber ueberall durch leichtfertiges Geldausgeben u. Schuldenmachen, freches Benehmen, Unvertraeglichkeit u. Luegenhaftigkeit unmoeglich. Da im hiesigen Bistum fast alle geistlichen Stellen von den Gemeinden vergeben werden, Falk aber ueberall unvorteilhaft bekannt geworden ist, konnte er im Bistum nirgends mehr untergebracht werden.
Durch die Guete des hochwuerdigsten Herrn Erzbischofs von Freiburg erhielt dann Falk an einigen Orten der dortigen Erzdioezese Anstellung, aber mit gleichem Erfolge, wie im Bistum Basel. Der hochwuerdigste Herr Erzbischof nannte ihn in einem Briefe an meinen seligen Vorgaenger einen
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beispiellos leichtsinnigen u. unverbesserlichen Schuldenmacher, u. bemerkte, dass er ihm, wenn er seinem Dioezesanklerus angehoerte, selbst den Tischtitel entziehen u. ihn seinem Schicksale ueberlassen muesste.
Der Bischof von Basel hat dann Herrn Falk auf seine Kosten in der Priesteranstalt Weiterdingen (Baden) u. in der Pension "Himmelspforte" zu Wyhlen (Baden) untergebracht, derselbe machte sich aber immer wieder durch seinen Charakter unmoeglich.
Weggeschickt, uebersiedelte Falk nach Freiburg i. B. unter dem Vorgeben, daselbst Privatunterricht erteilen zu wollen. Der Bischof von Basel versah ihn mit Messtipendien u. einer monatlichen Unterstuetzung, wovon Falk haette leben koennen. Dieser aber verlegte sich dennoch auf das Sammeln von Messtipendien, ohne die Messen zu lesen; seinen Bischof hat er schmaehlich belogen u. betrogen; es entstand auch Verdacht wegen seines Umganges mit Knaben. Endlich wurde ihm vom erzbischoeflichen Ordinariat die licentia celebrandi entzogen.
Der Bischof von Basel machte darauf noch einen letzten Versuch mit Falk, indem er die Kosten der Pension in dem Priesterhause zu Zizers bei Chur auf sich nahm. Falk wurde aber bald entlassen, u. der Bischof sah sich veranlasst, seine Hand von demselben zurueckzuziehen u. ihn seinem Schicksal zu ueberlassen.
So kam Falk vor einem Jahre nach Muenchen, wo er schon frueher einmal stellenlos sich aufgehalten hatte.
Nachdem Falk schon einmal an einem Orte in Baden an das Kirchenvermoegen handgelegt u., wie oben bemerkt, die Stipendien
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fuer viele hundert Messen hinterschlagen, auch den Bischof betrogen hat, wunderte man sich hier ueber die von Falk in Muenchen ausgeuebte Gewissenlosigkeit nicht mehr. Das hochwuerdigste erzbischoefliche Ordinariat wird es aber begreiflich finden, dass der Bischof von Basel nach all dem sich mit dem Herrn Falk in keiner Weise mehr befassen will.
Mit dem Ausdrucke vorzueglicher Hochschaetzung
(gez). Jacobus,
Bischof von Basel u. Lugano
Anlage zu Dokument Nr. 15732
1Seitenzählung von den Editoren eingefügt.
Empfohlene Zitierweise
Stammler, Jakobus an Erzbischöfliches Ordinariat München-Freising vom 04. November 1911, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 13022, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/13022. Letzter Zugriff am: 28.12.2024.
Online seit 14.05.2013, letzte Änderung am 10.09.2018.