Dokument-Nr. 15951
Stihl, Ernst
an Pius XI.
Freilassing, 12. November 1923
Bittere Not ist eingekehrt in unsere deutsche Heimat. Tausende hungern und frieren in Städten und Märkten und selbst größeren Dörfern. Auch in unsere Pfarrgemeinde an der Salzach ist die Not gekommen, weil Handwerksmeister ihren Betrieb verkleinern und Fabriken aus Mangel an Aufträgen schließen mußten. Die Arbeitslosenunterstützung kann nur vor dem Hungertod bewahren, aber keineswegs den Familien ein erträgliches Dasein geben. Immer wieder kommt die Frage: Wann beginnt der Kirchenbau? Die Familienväter hoffen dabei Arbeit zu finden und für Ihre Angehörigen besser sorgen zu können.
Eure Heiligkeit haben Liebe und Erbarmen gegen das hungernde Deutschland durch die wiederholten groß herzigen Spenden bewiesen. Darum wagen auch wir Katholiken in Salzburghofen-Freilassing abermals die Bitte um eine Gabe für unseren Kirchenbau, obwohl wir bereits 12.000 Lire empfangen haben.
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Um den Bau im Jahre
1924 beginnen und so den Arbeitslosen Arbeit und Brot schaffen zu können, benötigen wir noch
das letzte Drittel der Baumaterialien, das wir ohne Hilfe von Wohltätern nicht beschaffen
können, weil viele Mittel, die sonst für den Kirchenbau Verwendung fänden, für die
Unterstützung der Armen verbraucht werden müssen. Im Namen der Eurer Heiligkeit treu
ergebenen Pfarrkinder von Salzburghofen-Freilassing, stelle ich die demütige Bitte um eine
Gabe zum Ankauf der noch fehlenden Baumaterialien, damit unseren hungernden Arbeitern
Verdienst und Brot beschafft werden kann. Wie für die bereits empfangenen Gaben werden wir
auch für die neue Hilfe innige Dankgebete zum Vater im Himmel emporsenden, daß er Eure
Heiligkeit bei der Regierung seiner Kirche schütze und segne. Zugleich bitte ich für unseren
Kirchenbau um den apostolischen Segen.Eurer Heiligkeit
demütigst gehorsamster Sohn
Ernst Stihl, Postmeister
Diözesansteuerausschußvertreter, Kirchenverwaltungsmitglied