Dokument-Nr. 16341
Middendorf, Arnold an Trendelenburg, Friedrich
Köln, 26. März 1924
das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 31. März 1879 hat das Rechtsverhältnis zwischen dem Domkapitel und dem Staat in Ansehung der auf Grund der Bulle "De salute animarum" vom Staat dem Domkapitel zur Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses der Domgeistlichkeit überwiesenen Häuser dahin definiert, dass dem Domkapitel weder das Eigentum noch ein sonstiges dingliches Recht an diesen Häusern zustehe, sondern der Staat lediglich verpflichtet sei, die dem Domkapitel überwiesenen Häuser fortwährend zu Wohnungen der Domgeistlichkeit zu prästieren und dieselben dauernd in einem diesem Zwecke entsprechenden baulichen Zustand zu erhalten.
Seit Erlass dieses Urteils sind ständig Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Domkapitel und dem Staat über die beiderseitigen Rechte an den in Frage stehenden Häusern entstanden, die insbesonders das Verfügungsrecht des Staates über diese Häuser einerseits und seine Instandhaltungspflicht in Ansehung derselben andererseits betrafen. Diese Meinungsverschiedenheiten haben ständig zu recht unerquicklichen Auseinandersetzungen zwischen dem Domkapitel und dem Staat Veranlassung gegeben, die ohne jemals endgiltig [sic] zum Austrag gekommen zu sein, einen latenten Unruhezustand zur Folge gehabt haben. Insbesonders verweist das Domkapitel in dieser Hinsicht auf die nunmehr bereits seit dem Jahr 1914 schwebenden Verhandlungen in Ansehung der beiden Domkurien Rechtschule 2 und 4, auf welche sich auch die besondere Eingabe des Domkapitels vom heutigen Tage bezieht.
Es kann füglich nicht verkannt werden, dass das eingangs erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Köln eine Rechtsunsicher-
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heit hat, "welche mit der auf der Bulle "De
salute animarum" beruhenden Verpflichtung des Staates, dem Domkapitel zur Befriedigung des
Wohnungsbedürfnisses seiner Mitglieder geeignete Häuser fest zu bestimmen und
anzuweisen, unvereinbar ist. Es erscheint daher geboten, die hier fraglichen
Rechtsverhältnisse einer Revision zu unterziehen und eine Neuregelung zu treffen, welche den
auf der Bulle "De salute animarum" beruhenden Ansprüchen des Domkapitels gerecht wird. Eine befriedigende Lösung kann aber nur in der Richtung gefunden werden, dass dem Domkapitel das Eigentum an dem ihm überwiesenen Häusern übertragen wird. Dass dies allein dem Willen der Bulle entspricht, kann ernstlich nicht in Zweifel gezogen werden. Die in den dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts geschehene Uebergabe der Häuser an das Domkapitel ist auch von diesem wenigstens nicht anders, denn als Uebergabe zu Eigentum aufgefasst worden.
Dem Staat dürfte eine dementsprechende Entschließung gegenwärtig um so leichter fallen, als abgesehen davon, dass, wie das [sic] oberlandesgerichtliche Erkenntnis vom 31. März 1879 ausführt, bei dem von ihm konstruierten Rechtsverhältnis die Häuser "wenig finanziellen Wert für ihn haben", die Gründe, aus denen seinerzeit der Staat an der Konstruktion seiner Verpflichtung aus dem fraglichen Rechtsverhältnisse als einer unter das Gesetz vom 22. April 1875 fallenden fortwährenden Leistung aus Staatsmitteln an das Domkapitel ein Interesse haben zu sollen geglaubt hat, heute als endgiltig weggefallen gelten dürfen.
Dazu kommt, dass das Domkapitel für den Fall einer Uebereignung der in Frage stehenden Häuser bereit sein würde, den Staat von seiner Verpflichtung, diese Häuser dauernd instand zu halten, vorbehaltlos und endgiltig zu entbinden, so dass also für die Zukunft der Staat insbesondere auch von der Zah-
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lung des regelmässigen
jährlichen Baukostenzuschusses befreit werden würde.Zu regeln blieben dann schließlich allerdings noch die auf der Bulle beruhende, bisher vom Staate ganz unbeachtet gelassene Verpflichtung, zur Beschaffung eines Geschäftshauses für das Domkapitel. Auch hier würde aber der Staat bei einem Eingehen auf die Vorschläge des Kapitels im übrigen auf dessen Entgegenkommen rechnen können.
Zwecks tunlichster Förderung der ganzen Angelegenheit, die wohl im allseitigen Interesse gelegen sein dürfte, wird der Unterzeichnete am Donnerstag, den 3. April, im Laufe des Vormittags zur persönlichen Verhandlung dort vorsprechen.
Das Metropolitankapitel in Köln.
gez. Dr. Middndorf,
Domprobst.