Dokument-Nr. 1678
Fink, Conrad Warmund Christian Maria an Gasparri, Pietro
München, 08. August 1920
Der in tiefster Demut ehrfurchtsvollst Unterzeichnete gestattet sich, an Ew. Heiligkeit mit der Bitte heranzutreten, seinen, in diesem Schriftstück dargelegten Ausführungen ein geneigtes Ohr zu leihen!
Schreckliche Zeiten sind über die Menschheit hereingebrochen, Europa erzittert in seinem Grundfesten unter dem Ansturm und den Schlägen feindlicher Gewalten, die es von allen Seiten bedrohen und bald wird der Kontinent ein einziger Schauplatz ungezählter Schrecken, ein weites, ödes Trümmerfeld, sein, wenn es nicht gelingt, die im Wahnsinn und in gottloser Verblendung befangene Menschheit noch in letzter Stunde auf den Weg göttlichen Rechtes und heiliger Gerechtigkeit zurückzuführen. Menschliche Mittel können hier nichts Erfolgreiches mehr leisten und unsere einzige Hoffnung muß auf den Weltenlenker gerichtet sein, dem wir uns in kindlichem Vertrauen anempfehlen wollen, im Geiste echten und wahren Christentums. Heute ist es nicht mehr abgetan mit einem persönlichen Katholizismus, der Sache des
126v
Gefühls und des Herzens ist, nein, heute brauchen wir einen kraftvollen, allgemeinen Katholizismus der Tat! Die katholische Welt muß dem vereinigten Freimaurer- und Atheistentum entgegentreten können in geschlossenen Reihen, mutig und entschlossen, bereit zu kämpfen mit den Waffen des Geistes und des Rechtes für Christus und sein Reich. Nicht zaghaft dürfen wir an die große Aufgabe herantreten, nein, jeder einzelne muß sich freudigst der großen Sache, die nicht einmal so große Opfer erfordert, wenn man die idealen Ziele ins Auge faßt, zur Verfügung stellen! Alle katholischen Männer und Frauen vom vollendeten 18. Lebensjahre an, alle katholischen Vereine und Bruderschaften sollen sich unter dem Banner des Kreuzes zusammenschließen in einer großen, allumfassenden Organisation, in einer"Weltordensliga vom heiligen Kreuz."
Seit längerer Zeit hege ich schon den Plan, eine solche Liga ins Leben zu rufen, jetzt soll er verwirklicht werden.
Doch bevor ich Ew. Heiligkeit den Organisationsplan zu entwickeln mich unterfange, bitte ich im Namen unseres göttlichen Welterlösers im Geiste demütigst um den allerhöchsten Segen Ew. Heiligkeit. +.
Die geplante "Weltordensliga vom heiligen Kreuz" soll eine internationale Vereinigung der Katholiken aller Staaten und Länder sein, die sich auf Schärfste gegen die christentums- und kulturfeindlichen Bestrebungen des modernen Freimaurer- und Atheistentums wendet; diesen Organisationen muß einmal eine mindestens gleichwertige und gleichmächtige Organisation entgegengestellt werden können. Die hauptsächlichsten und besonderen Ziele und Programmpunkte der Liga sollen
127r
sein:1.) Zusammenschluss der Katholiken aller Länder zu einer mächtigen Organisation zum Zwecke der folgenden Punkte:
2.) Energische Verteidigung der Rechte des heiligen Stuhles, insbesondere betreffend die Rückerstattung des Kirchenstaates und die Anerkennung der vollen Souveranität des Papstes auch als weltlicher Herrscher.
3.) Tatkräftige Unterstützung des Jesuitenordens.
4.) Apologetische Schulung des Volkes durch Vorträge und Schriften.
5.) Kräftige Unterstützung der Heidenmissionen, denen jährlich ein bestimmter Betrag zugewendet werden soll.
Das Hauptgewicht wird aber auf Punkt 2 und was sonst mit kirchenpolitischen Zielen in Zusammenhang steht, gelegt werden müssen.
Die Organisation einer solchen, weltumfassenden Vereinigung muß selbstverständlich aufs Großzügigste und Eingehendste geschaffen werden. Alle Fäden müssen in einem Zentralpunkt zusammenlaufen von dem aus und durch den alles direkt oder indirekt geleitet wird. Der Sitz der Hauptvorstandschaft ist in Bayerns Hauptstadt, in München. An der Spitze der Liga steht der "Erzkomtur", ihm zur Seite der "Generalsekretär", dem ein "Generalkonsult" von 10 Mitgliedern unterstellt ist unter die die verschiedenen Ämter verteilt werden. Außerdem sind noch einige Schriftführer zu nennen. Von den 10 Generalkonsultoren müssen 5 Geistliche sein. Jeder Staat bildet eine Provinz, z. B. deutsche Provinz, italienische
127v
Provinz, französische Provinz u. s. w. An der Spitze jeder Provinz steht ein "Provinzialkomtur" mit einem "Provinzialsekretär" und entsprechendem "Provinzialkonsult". Am Sitze jeder Provinzialvorstandschaft wird von der Hauptvorstandschaft ein "Konsul" ernannt; desgleichen hat jede Provinz einen "Konsul" in München. Die Konsuln werden natürlich schon Angehörige der betreffenden Staaten sein in deren Provinz sie ihr Amt ausüben um die Kosten nicht unnötig zu verteuern. Sie haben die Verbindung der Hauptvorstandschaft mit den Vorstandschaften der Provinzen und auch dieser untereinander zu leiten. In ihren Arbeiten werden sie von "Konsulatssekretären" unterstützt. Sobald an einem Orte mehr als 20 Mitglieder sind, bilden diese eine Ortsgruppe an deren Spitze ein "Präfekt" mit einem Konsult von 4-7 Mitgliedern steht.Die Mitglieder verpflichten sich treu und unentwegt, soweit es ihre Kräfte und ihr Beruf gestatten mitzuarbeiten an den großen Zielen der "Weltordensliga vom Heiligen Kreuz" sooft als möglich die hl. Sakramente zu empfangen und die hl. Messe anzuhören, sowie täglich entweder eine geistliche Lesung vorzunehmen unter Hinzufügung eines "Vater unser" und "Ave Maria" in der Meinung "für Kirche und Papst" oder wenn sie des Lateinischen soweit kundig sind, das Brevier des Tages zu beten unter Hinzufügung eines "Pater noster" und "Ave Maria" in der Meinung "pro Ecclesia et Pontifice." Die Wahl dieser beiden Gebetsarten ist jedem freigestellt, auch können sie abwechselnd vorgenommen werden.
128r
Priester sind in Anbetracht ihres täglichen Breviergebetes nur zum Beten des "Pater Noster" und "Ave Maria" in der Meinung pro Ecclesia et Pontifice" anzuhalten. Ein jährlicher Beitrag von 6 Mark, 6 Lire, 6 Francs u. s. w. soll den Kostenaufwand, der uns sicher erwachsen wird bestreiten helfen. Auch freiwillige Spenden vermögender Mitglieder sollen unserer guten Sache dienen. Noch manche Opfer wird es kosten, noch mannigfache Schwierigkeiten werden überwunden werden müssen, bis wir unsere heiligen Ziele verwirklicht sehen können. Alles aber wollen wir gerne und freudig auf uns nehmen im Hinblicke darauf, für unsere heilige Kirche zu arbeiten und für sie zu tun, was immer in unseren Kräften steht. Der Segen Gottes wird unsere Arbeit sicherlich begleiten und wenn unsere Aufgabe auch für den Augenblick noch schwer erscheint: wir wollen sie auf uns nehmen, vertrauend auf die göttliche Vorsehung, die keinen Sperling ohne ihren Willen und Ratschluß vom Dache und kein Haupt [sic] von unserem Haupte fallen läßt. Omnia ad maiorem Dei gloriam! Indem ich nocheinmal um den Segen Ew. Heiligkeit bitte,zeichne ich im Namen Jesu Christi als Ew. Heiligkeit ehrfurchtsvollst ergebenster
Conrad Warmud-Fink.