Dokument-Nr. 18301
Müller, Otto an Pius XI.
Mönchengladbach, 01. August 1926

Abschrift
Heiligster Vater!
Wie Deiner Heiligkeit bekannt ist, sind in verschiedenen Ländern gemäss den Weisungen der berühmten Enzyklika "Rerum novarum" des Papstes Leos XIII. katholische Arbeitervereine gegründet worden. Die Anzahl ihrer Mitglieder wird auf ungefähr 900.000 anzugeben sein. Nun sind die katholischen Arbeitervereine Belgiens, <Deutschlands>1, Frankreichs, Hollands, Oesterreichs und der Schweiz in den letzten Jahren wiederholt zu internationalen Beratungen zusammengekommen, so besonders im Jahre 1923 zu Konstanz am Bodensee und im August 1924 zu Antwerpen. Sie erkannten, dass die grossen Zeitschäden, welche das gesamte Leben der Völker getroffen haben, nur durch eine entschlossene Rückkehr zu den Wahrheiten und Heilsmitteln des katholischen Christentums geheilt werden können. Sie erkannte ferner die hohe Bedeutung, welche im Dienste dieser Aufgabe gerade den katholischen Arbeitern schon deshalb zufällt, weil sie in fast allen Ländern einen <sehr>2 grossen Teil der katholischen Bevölkerung bilden. Die katholischen Arbeiter müssen nicht nur von dem unheilvollen Zeitgeist bewahrt, sondern auch befähigt werden, ihr persönliches Leben und das öffentliche Leben ihres Volkes mit jenen Lehren in Uebereinstimmung zu bringen, welche von Dir selbst, heiligster Vater, wie auch von Deinen hochseligen Vorgängern den Päpsten Benedikt XV., Pius X. und Leo XIII. so oft der Welt erteilt wurden. Zugleich vertieften die Beratungen die ueberzeugung [sic] von der Notwendigkeit, katholische Arbeitervereine, die Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika "Rerum novarum" eindringlich empfohlen hat, in allen Ländern zu gründen und auszubreiten.
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In dieser Erkenntnis wählte die vorerwähnte Konferenz in Antwerpen eine Kommission, welche eine abermalige Konferenz einberufen soll. Jedoch sollen nunmehr aus allen Ländern Vertreter der Arbeitervereine und sonstige mit den Arbeiterverhältnissen vertraute Männer eingeladen werden. Nach sorgsamer Beratung hat sich die Kommission unter Zustimmung des zuständigen Ordinarius, des hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Mecheln, entschlossen, in den Tagen vom 17.-18. September in Antwerpen den Kongress abzuhalten. Das Ziel der Beratung soll sein: in vielen und gut geleiteten Arbeitervereinen eine grosse und tatkräftige Schar von katholischen Männern heranzubilden, die in unwandelbarer Treue gegen ihre Kirche und mit opferfreudigem Mute alle Kräfte für die Rückkehr ihrer Völker zum Christentum einsetzt.
Dabei war sich die Konferenz bewusst, dass einer sehr wichtigen Frage, die die Arbeiter heute so sehr beunruhigt, besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, nämlich der Frage des Verhältnisses von Kapital und Arbeitskraft. Die Kommission erkennt, dass diese Frage nur zu lösen ist im Lichte der Lehre unserer hl. Kirche über die Rechte und Pflichten des Eigentums, über seinen Erwerb und seine Verwendung. Darum sollen die Beratungen des Kongresses über die christliche Eigentumslehre und ihre praktische Anwendung auf das Verhältnis von Kapital und Arbeit eine bevorzugte Stellung in den Verhandlungen einnehmen und mit ernstem Eifer und grösster Gewissenhaftigkeit geführt werden.
In ihren Bemühungen, die Konferenz der katholischen Arbeitervereine der Welt so vorzubereiten, dass aus den Beratungen reicher Segen für die katholischen Arbeiter fliesst, richtet die Kommission ihre Blicke zu Dir, Heiligster Vater, und bittet Deine Heiligkeit
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in tiefster Ehrfurcht und treuester Ergebenheit, die kommende Konferenz segnen zu wollen, auf dass die Gnade des Allmächtigen Gottes über allen Verhandlungen walte.
Deiner Heiligkeit gehorsamste Söhne:
Das Komitee zur Einberufung der III. internationalen katholischen Arbeiterkonferenz.
(sig.) Dr.  Otto Mueller
Geheimkämmerer seiner Heiligkeit,
Priester der Erzdiözese Köln,
Vorsitzender des Verbandes katholischer Arbeitervereine Westdeutschlands.
1Masch. eingefügt.
2Masch. eingefügt.
Empfohlene Zitierweise
Müller, Otto an PiusXI. vom 01. August 1926, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18301, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18301. Letzter Zugriff am: 24.11.2024.
Online seit 29.01.2018, letzte Änderung am 23.02.2017.