Dokument-Nr. 18576
Wienken, Johann Heinrich an Pacelli, Eugenio
Berlin, 01. Oktober 1928
Wir haben bei unserer zuständigen Caritasstelle in Nürnberg über Frau Molter und ebenso über Frau Valk, für die Frau Molter beim Heiligen Vater eine Unterstützung erbittet, Erkundigungen eingezogen und Folgendes in Erfahrung gebracht:
Die Briefschreiberin, Frau Molter, wohnt nicht mehr Schützenstrasse sondern Baldurstrasse 2. Die in dem Briefe als Geschädigte angeführte Frau Valk ist in der Dörrergasse 16 nicht mehr wohnhaft. Ihre [sic] jetziger Aufenthalt konnte auch nicht festgestellt werden.
Frau Valk hat seinerzeit in der Dörrergasse zwei Zimmer, die notdürftig eingerichtet waren, bewohnt. Im Juli dieses Jahres entstand in der Wohnung ein Zimmerbrand. Wie polizeilicherseits festgestellt wurde, sind die Zimmertüren und ein Kleiderschrank mit einigem Inhalt verbrannt. Der Schaden, der Frau Valk entstanden ist, dürfte etwa 150 bis 200. -M. betragen. Es wird vermutet, dass Frau V. den Brand selbst gelegt hat. Wegen Verdacht der Brandstiftung soll deshalb auch gegen sie Anzeige erstattet worden sein.
Frau Valk ist mit der Briefschreiberin Frau Molter befreundet und hat nach dem Brande einige Zeit bei ihr gewohnt.
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Das Gesuch an den
Heiligen Vater hat dann Frau Molter auf Veranlassung der Frau Valk gemacht. Frau V.
soll auch an andere Stellen derartige Gesuche gerichtet haben.Die Notlage, in der Frau V. sich nach dem Brande befinden könnte, ist keineswegs so schlimm, wie sie in dem Briefe geschildert worden ist. Frau Valk ist eine alleinstehende Person und Hausnäherin und könnte sich ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie soll auch in sittlicher Beziehung nicht gut beleumundet sein.
Man darf wohl sagen, dass das Gesuch zum grössten Teil unter Vorspielung unwahrer Tatsachen abgefasst worden ist. Die Gewährung einer Beihilfe für Frau Valk kann nicht befürwortet werden." [sic]
Unter diesen Umständen wäre nach unserer Meinung in Erwägung zu ziehen, ob es sich nicht empfiehlt, Frau Molter auf ihren Brief überhaupt nicht zu antworten. Die Gewährung einer Unterstützung für Frau Valk kommt schon aus dem Grunde nicht in Frage, da ihr zeitiger Aufenthalt unbekannt ist. Wir halten es für sehr bedenklich, evtl. an Frau Molter eine Unterstützung zur Weiterleitung an Frau Valk zu schicken.
Falls Ew. Excellenz wünschen, dass wir unsererseits in dieser Angelegenheit noch weiter etwas veranlassen, so bitten wir gehorsamst um entsprechende Weisung.
In tiefster Ehrfurcht
Wienken
Direktor