Dokument-Nr. 18665
Kessler, Josef Alois an Pacelli, Eugenio
Berlin, 16. März 1927

Ew. Exzellenz!
Die Notlage, in der ich mich befinde, nötigt mich auch für dieses Jahr um eine Geldunterstützung beim Hl. Stuhl anzuklopfen.
Nur der liebe Gott weiss, wie schwer mir dieses fällt. - Zwar sind die Einnahmen von meinem Hause jetzt auf der normalen Höhe, d. h. wie vor dem Kriege, aber die Steuern, die der Staat jenen Häusern auferlegt hat, die zur Zeit der Inflation gekauft wurden, die Zinsen der Bank- und Privathypotheken, die Betriebskosten und notwendigsten Reparaturen des Hauses verschlingen sämtliche Einnahmen, so dass ich bisher nicht einen Pfennig Gewinn3 aus dem Hause für meinen Unterhalt gezogen habe. Es bleibt mir nur die Hoffnung, dass nach Aufhebung der Zwangswirtschaft in Deutschland ich wenigstens meine 4 Zimmerwohnung, die ich in dem Hause habe, frei haben werde. Das ist einer der Haptgründe, warum ich das Haus noch nicht verkauft habe. Wenn ich es unter gegenwärtigen Verhältnissen verkaufte, würde mir nach Abzug aller Schulden, die auf ihm lasten und der staatlichen Wertzuwachssteuer heute so viel übrig bleiben, dass ich höchstens4 zwei Jahre davon leben könnte.
In Erwägung dieser Umstände bitte ich Ew. Exzellenz ergebenst, mein Bittgesuch an den Hl. Vater weiter leiten und befürworten zu wollen.
Eurer Exzellenz
herzlich ergebener
+ Joseph Kessler
Bischof Tiraspol
1Protokollnummer des Staatssekretariats.
2Protokollnummer der Kommission Pro Russia.
3"Nicht einen Pfennig Gewinn" hds. vom Empfänger unterstrichen.
4hds. vermutlich vom Verfasser unterstrichen.
Empfohlene Zitierweise
Kessler, Josef Alois an Pacelli, Eugenio vom 16. März 1927, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 18665, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/18665. Letzter Zugriff am: 27.12.2024.
Online seit 25.02.2019.