Dokument-Nr. 19505
Klemenz, Bruno an Pius XI.
Liegnitz, 29. Januar 1928

Heiliger Vater!
Mit dem Ausdruck kindlicher Verehrung und Dank erfüllter Ehrfurcht wage ich, ein katholischer Rektor der Stadt Liegnitz, und seit einem Menschenalter katholischer Schriftsteller, getrieben von katholischer Liebe zum verehrungswürdigen Oberhaupte der katholischen Kirche sowie einer besonderen menschlichen Verehrung zu Seiner Heiligkeit, unserem Hochwürdigsten Heiligen Vater, wenn auch beschwert mit Sorgen - seit je haben sich die Beschwerstesten1 aller Menschenkinder nach Rom um Hilfe gewandt, und wohl selten erfolglos! - die beiden Schriften hochverehrungsvoll und ehrerbietigst für die Vatikanische Bibliothekt2 anzubieten, die hier beigefügt sind:
Geschichte der Domschule zu Breslau, -
Geschichte des schlesischen Bildungswesens im Mittelalter, -
damit lediglich meine Arbeitsrichtung zu legitimieren, welche seit einem halben Menschenalter in der Erforschung der schlesischen Zustände besteht, und der ich sowohl die allererste wie auch die letzte meiner Lebensarbeiten gewidmet habe: Der katholischen Kirche und ihrer Kulturarbeit in dem europäisch wichtigsten Gebiete, der schlesischen Grenzmark!
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Namentlich die letzte Arbeit, die Geschichte des schlesischen Bildungswesens, stellt das Ergebnis einer mehr als dreizigjährigen [sic] Kleinarbeit und Forschung dar, einen ersten Versuch schaffend, die ersten Spuren und Einrichtungen der Wirksamkeit von bildenden [sic] Arbeit der Kirche auf schlesischem Boden darzustellen. Ausserdem wird in heutiger, viel verneinenden Zeit, die in der Periode der Kämpfe und die Schule gerade für Deutschland von besonderer Wichtigkeit ist, die Nachweisung bewunderungswürdiger Erstarbeit auf dem Gebiete des Schulwesens auch von wirksamer moderner Beeinflussung sein, wie ich zu hoffen wage. Ohne irgend welchen Auftrag, ohne Aussicht auf Entgelt, ohne irgendwelche Honorierung habe ich diese Arbeiten als meine Lebensaufgabe angesehen, und daher darf ich mir auch als Kind der Katholischen Kirche erlauben, Eurer Heiligkeit diese Schriften aus rein kindlicher Verehrung anzubieten, was ich hiermit in aller Bescheidenheit, in der Einsicht der Unzulänglichkeit meiner Arbeiten und der Gewissheit, dass wir alle nur Steinchen zu dem grossen Bau menschlicher Besserung und Läuterung beitragen können, ganz gehorsamst tue!
Mit diesen Zeilen verbinde ich die untertägnigste3 Bitte, Eure Heiligkeit möge geruhen aufzugeben, dass einem mit irdischen Sorgen beschwerten Mitgliede der Katholischen Kirche geholfen werde, sich von den katastrophalen Fesseln zu befreien und seine Kräfte wieder dem Ruhme der Katholischen Kirche widmen zu können:
Durch schwere Schicksalsschläge, und zwar mehrere dicht aufeinander gefolgte Todesfälle und mehrere acherere [sic] Krankheitsfälle in der Familie, durch gänzliche Verarmung der hochbetagten Eltern und sonstige böse Ereignisse bin ich, das Familienoberhaupt einer zehnkönpfigen [sic] Familie, die stets der Verehrung der Katholischen Kirche gedient hat, so stark in finanzielle Abhängigkeit geraten, dass ich keine Möglichkeit
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sehe, mich durch Arbeit und Einschränkung, die sowieso Platz greifen mussten, dieser Fesseln einmal zu entledigen. Dem Herrn Reichskanzler des Deutschen Reiches, Excellenz Dr. Marx,4 habe ich meine Sorgen genau vorgetragen, und dieser gütige Herr hat in vollkommener Einsicht und Anerkennung meiner Arbeiten und schuldlosen Verschuldung mir in seiner gütigen Art durch eine Beihilfe einen, wenn auch nur kleinen Teil meiner Lasten abgenommen. Ich kann an ihm ein zweitesmal kein Ansinnen mehr stellen.
Ich kann nur diesen einen Schritt tun: Eure Heiligkeit als Katholik ganz gehorsamst bitten, mir gütigst zu helfen durch eine Unterstützung oder einen Kredit von sechstausend Mark, damit ich in die Lage komme, meinen schweren Verpflichtungen nachzukommen!5
Dass ich für die katholische Sache unentwegt tätig bin, das werden die kirchlichen Oberen gewiss bestätigen können. Auch seine Excellenz der Deutsche Reichskanzler Dr. Marx ist sicher gern bereit, das zu erhärten, denn dieser hohe Herr hat von meinen Arbeiten, meinem literarischen Schaffen Kenntnis genommen! Ich habe der Katholischen Schulorganisation, Sitz Düsseldorf, soeben den grossen Plan angetragen, unter derm [sic] Protektorat des Herrn Reichskanzlers ein Schullexikon vom katholischen Standpunkte für katholische Schulen zu schaffen, welchen Gedanken diese Organisation freudig aufgenommen hat. Dafür brauche in [sic] freie Kräfte, um schaffen zu können. Die forschenden literatischen [sic] Arbeiten haben mich natürlich auch Dransetzung aller Mittel gekostet. Ich bitte Eure Heiligkeit tief ehrfürchtig, mir auf die erbetene Weise hochgütigst helfen zu wollen, welchen Gedanken ich unter Gebet und Eingebung seit langem empfangen habe! Ich bin überzeugt, mich nicht getäuscht zu haben!
Einem Heiligen Vater in kindlicher Liebe ehrfurchtsvoll gehorsamer
Eine Besprechung aus dem
Litarar. [sic] Ratgeber erlaube ich
mir beizufügen.
Bruno Klemenz
Rektor
1Masch. gestrichen.
2Masch. gestrichen.
3Masch. gestrichen.
4Hds. vermutlich vom Empfänger in roter Farbe unterstrichen.
5"Ich kann [...] nachzukommen!" links entlang des Textkörpers hds. vermutlich vom Empfänger mit einer roten Linie hervorgehoben.
Empfohlene Zitierweise
Klemenz, Bruno an PiusXI. vom 29. Januar 1928, Anlage, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', Dokument Nr. 19505, URL: www.pacelli-edition.de/Dokument/19505. Letzter Zugriff am: 25.11.2024.
Online seit 20.01.2020.