Dokument-Nr. 2925
Matt, Franz an Pacelli, Eugenio
München, 25. Juli 1923
Euere Exzellenz!
Bei unserem gestrigen Zusammentreffen haben Euere Exzellenz mich darauf aufmerksam gemacht, dass in der jüngsten Erklärung, die ich unterm 21. ds. Mts. Euerer Exzellenz zu übermitteln die Ehre hatte, die in Euerer Exzellenz Schreiben vom 26. Mai ds. Js. zu Art. XIII § 1 lit. b. des Konkordatsentwurfes gestellte Anfrage nur zum Teil beantwortet sei, nämlich die Frage, ob die Ablegung der Reifeprüfung auf Grund privater Vorbereitung nur an den Staatsgymnasien oder an irgend einer gleichwertigen Anstalt zulässig sei. Unter "gleichwertigen Anstalten" haben Euere Exzellenz anscheinend von Ordensleuten geleitete Gymnasien, wie die Benediktinergymnasien Ettal, Metten, St. Stephan-Augsburg im Auge. Zur Ergänzung der unterm 21. ds. Mts. übermittelten Erklärung beehre ich mich Euerer Exzellenz noch folgendes mitzuteilen: Nach der Praxis des Ministeriums für Unterricht und Kultus haben Privatstudierende, die die Reifeprüfung an einer höheren Lehranstalt ablegen wollen, um die Zulassung zu dieser Prüfung beim Staatsministerium nachzusuchen. Dieses weist die nachsuchenden Kandidaten einer bestimmten Anstalt zur Ablegung der Prüfung zu. Die Kandidaten können sich die Anstalt, an der sie die Prüfung ablegen wollen, nicht selbst auswählen, wohl aber können sie Wünsche hinsichtlich der Zuweisung an eine bestimmte Anstalt äussern. Derartige Wünsche werden, wenn nicht
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triftige Gründe entgegenstehen, regelmässig berücksichtigt. Die Zuweisung kann sowohl an eigentliche Staatsgymnasien, das sind solche, die vom Staate unterhalten werden, wie an staatlich anerkannten Gymnasien, das sind solche, die zwar nicht vom Staate unterhalten werden, aber hinsichtlich ihrer Rechte den staatlichen Gymnasien gleichgestellt sind, erfolgen. Zu den letzteren Gymnasien zählen die der Benediktiner in Ettal, Metten und St. Stephan-Augsburg. An sie ist die Zuweisung von Studierenden zur Ablegung der Reifeprüfung in gleicher Weise zulässig, wie an eigentliche Staatsgymnasien. Tatsächlich sind solche Zuweisungen an die genannten klösterlichen Gymnasien auch bisher schon erfolgt. Auch für die Zukunft wird nichts im Wege stehen, Privatstudierende, die an ihnen die Reifeprüfung ablegen wollen, den genannten Gymnasien zuzuweisen. Die staatlich anerkannten Gymnasien werden demnach von der Staatsregierung den eigentlichen Staatsgymnasien auch in dieser Hinsicht als durchaus gleichstehend anerkannt.Genehmigen Euere Exzellenz die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochschätzung, mit der ich verharre als
Euer Exzellenz
verehrungsvollst ergebener
(gez.) Dr. Matt.