Dokument-Nr. 3664
Die Begnadigungen in Bayern, in: [Unbekannt], 19. Dezember 1923
Das Oberste Landesgericht hat die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 29. September gegen den Beschluß des Landgerichts München I, durch den Hitler und Kriebel Bewährungsfrist bewilligt worden ist, verworfen. Es erhalten also Hitler und Kriebel für den Rest der Strafen Bewährungsfrist. Dagegen wurde vom Obersten Landesgericht der Beschwerde des Staatssanwalts gegen die Bewilligung einer Bewährungsfrist für Dr. Weber stattgegeben. Das Oberste Landesgericht ist nach der Begründung des Beschlusses der Ansicht, dass über die Frage der Bewilligung einer Bewährungsfrist für Dr. Weber erst dann entschieden werden kann, wenn nach Abschluß der Voruntersuchung wegen Fortführung des Bundes Oberland das Landesgericht Beschluß darüber gefaßt, ob gegen Dr. Weber das Hauptverfahren zu eröffnen oder er außer Verfolgung zu setzen ist.
Vom Staatsministerium der Justiz wurde heute unter Minderung der Strafen die Strafverfolgung gegen Mühlam, Gauber, Karpf Bewährungsfrist bewilligt. Es sind die letzten Festungsgefangenen der Räterepublik, die seit 1919 sich ununterbrochen im Festungshaft befinden. Ferner ist Fechenbach, Gargas und Lembke Bewährungsfrist für den Rest ihrer gleichzeitig gemilderten Strafen bewilligt worden. Bei dieser Begnadigung ging das Justizministerium von dem Standpunkt aus, dass die Schuld der drei Verurteilten nach dem Gutachten des Obersten Landesgerichts einwandfrei feststeht, dass es aber angezeigt sei, die Strafen dem vom Reichsgericht in ähnlichen Fällen angewandten Strafmaß anzupassen.